AutorInnen: Martin
Auer Beitrag: Messages
from the Past Antworten
von: Was
ist die Spezifik deines Beitrags als ein Beispiel
für digitale Literatur? "Messages from the
Past" ist ein digitales Archiv von Botschaften aus
der Vergangenheit, oder deren Überresten, die
ursprünglich gedruckt, gekritzelt oder
geschmiert, jedenfalls in körperlicher Form an
konkreten Orten (Hauswänden in Jaffa) sich an
eine eng umrissene Öffentlichkeit gewandt
haben. User aus späterer Zeit und aus anderen
Kulturen stehen vor der Aufgabe, diese Botschaften
zu entziffern, wie Linguisten die von
Archäologen abgezeichneten, fotografierten
oder abgeriebenen Botschaften aus der Vergangenheit
zu entziffern versuchen. Wie
kamst du zum Schreiben digitaler
Literatur? Mich haben das WWW
und seine Vorläufer (BBS, Compuserve)
zunächst als Verbreitungsmedium interessiert.
Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem
Schreiben von Büchern, die im Druck
erscheinen. Aber da die Verlage nicht alles
gewinnbringend verwerten können, interessierte
mich die Möglichkeit, auch weniger
verkaufsträchtige Arbeiten unter die Leute zu
bringen. Die technischen Möglichkeiten -
Hypertext, Grafik, Sound, Video,
CGI-Programmierung, Flash und so weiter - sind ja
erst später dazugekommen. Und wie
verhalten sich für dich dabei dessen
verschiedene Sprachen - Wort, Programmierung, Bild
- zueinander? Meine
Programmierfähigkeiten sind begrenzt. Trotzdem
hat sich mir gezeigt, dass sich im Programm die
Struktur, die Dramaturgie des digitalen Kunstwerks
niederschlägt. Das Programm bestimmt den
Rhythmus, so wie der Schnitt den Rhythmus des Films
bestimmt. Aber einen Sinn für elegant
programmierte Digitalkunstwerke, die
Fähigkeit, in der Programmstruktur die
zugrundeliegende Philosophie der Autoren zu
erspüren, müssen wir erst entwickeln, so
wie wir erst einmal einen Sinn für die
Filmsprache entwickeln mussten, um nur ein Beispiel
aus jüngerer Zeit anzuführen. Welche
Erfahrungen hast du bei der Produktion digitaler
Literatur gemacht? Mein derzeit
wichtigstes Web-Projekt ist formal ein
stinknormales Textprojekt:
http://www.peaceculture.net. Es ist eine Sammlung
von Texten für Kinder und Jugendliche, die den
Ursprüngen des Kriegs auf die Spur zu kommen
sucht. Das Ungewöhnliche daran ist, dass es
ein kollaboratives Projekt geworden ist durch die
Mitarbeit von derzeit 20 freiwilligen
ÜbersetzerInnen, durch die Mitarbeit von
Storytellern, PriesterInnen, SozialarbeiterInnen,
Peaceworkern, LehrerInnen, die alle mit den Texten
arbeiten und sie weiterverbreiten. Teil des Projektes
sind Diskussionen zwischen dem Autor und den jungen
LeserInnen über die Inhalte der Texte, die
Teils per Email, teils per Webforum geführt
werden. Teil des Projekts ist aber auch der
Erfahrungsaustausch zwischen den VermittlerInnen
der Texte im Diskussionsforum. Und das alles wird
eben durch das Internet vermittelt, per WWW und
Email. Bei diesem Projekt bin ich als Autor in ein
digitales Netzwerk von VermittlerInnen und
LeserInnen eingebunden. Obwohl sich nichts dreht
und nichts bewegt, keine Animationen und keine
Hypertexte verwendet werden, ist es das
"digitalste" meiner Projekte. Und obwohl das
digitale Netz hier so bedeutend ist, stehen an den
äußeren Punkten des Netzwerks lebendige
VermittlerInnen, die die Texte wieder in lebendige
Sprache umsetzen, in Erzählung, Predigt,
Diskussion, Drama und so weiter. Wo siehst du die
entscheidenden Herausforderungen? Im notwendigen
Teamwork von GestalterInnen und TechnikerInnen:
Text, Grafik, Foto, Video, Sprache, Musik,
Geräusche und Programmierung müssen
zueinander finden, brauchen eine gemeinsame Regie
und Dramaturgie. Filmmusik z.B. unterliegt eigenen
Gesetzen. Bis jetzt hat sich, glaube ich, noch
niemand ernsthafte Gedanken gemacht, wie man Musik
- die wir ja ebenso wie Text bislang nur als einen
linearen Ablauf in der Zeit kennengelernt ahben -
mit den einersets verzweigten und andererseits
repetitiven Abläufen in Digitalkunstwerken in
Einklang bringt. Wo lauern die
Gefahren? In der Disharmonie
von Gestaltung und Technik. Zuwenig technisches
Können ist genauso gefährlich wie
Technikverliebtheit. Wie
siehst du die Zukunft der digitalen Literatur und
wie siehst du sie für dich
speziell? Die Zukunft
digitaler Kunst sehe ich nicht so sehr bei uns
Webliteraten. Eher bei Adventure Games und
Wirtschaftssimulationen. Ich glaube, dass die Kunst
der Zukunft sich mit komplexen gesellschaftlichen
Vorgängen befassen wird. Jedenfalls meine ich,
dass sie das sollte. Ich wünsche mir zum
Beispiel eine spannende, unterhaltsame
Wirtschaftssimulation, die sich mit den durch die
Globalisierung aufgeworfenen Fragen
auseinandersetzt. Derartiges kann ein einzelner
Digitalliterat mit dem bisschen Hypertext und
Flash, das unsereins so beherscht, natürlich
nicht leisten. Solche Projekte brauchen Teamarbeit
und Produktionskapital ähnlich wie Filme. Martin
Auer cN+ Messages from
the Past Nils
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