AutorInnen: Nika
Bertram Beitrag: Antworten
von: Nika
Bertram Was
ist die Spezifik deines Beitrags als ein Beispiel
für digitale Literatur? Mit dem "Kahuna
Mode Fiction Game" habe ich versucht, den Stoff
meines Debüt-Romans ("Der Kahuna Modus",
Eichborn, 2001) noch einmal für ein neues
Medium komplett neu zu bearbeiten, orientiert an
den Erzähltechniken der Interactive Fiction
Games. Ich wollte dadurch diesem Genre ein wenig zu
einem Revival verhelfen, und die Möglichkeiten
aufzeigen, die diese erzählerischen Strukturen
für die Gestaltung eines digitalen
"Storyspaces" bieten. Die Entscheidung
für eine wesentlich text-orientierte Struktur
und das "retro-hafte" Kommandozeilen-Interface
trafen wir ganz bewußt, um "back to the
roots" zu gehen und durch die Programmierung einer
eigenen "Writing Engine" eine Grundlage zu
schaffen, die einen Eindruck dieser spielerischen
Umgangsformen mit digitaler Literatur vermitteln
kann und relativ leicht zugänglich und
beliebig erweiterbar ist, zB auch mit mehr
Multimedia-Elementen, je nach Bedarf und
Budget. Wie
kamst du zum Schreiben digitaler Literatur?
Und wie verhalten sich für dich dabei
dessen verschiedene Sprachen - Wort,
Programmierung, Bild - zueinander? Seit meinen ersten
Internet-Erfahrungen beschäftigt mich die
Frage, wie sich dieses neue Medium
erzählerisch nutzen liesse. Es geht ja
letztlich immer um die Frage, wie sich durch
Zeichen imaginierte Welten repräsentieren
lassen, und dazu eignen sich Wörter ebenso gut
wie Bilder, Sounds oder die bestimmten
Verhaltensmuster eines Programmcodes. Ich sehe mich
in diesem Bereich auch noch eher als Suchende,
experimentiere mit den verschiedensten vorhandenen
Formen, versuche jedoch, immer noch nah an der
sprachlichen Repräsentation zu bleiben - denn
sonst wäre ich ja Musikerin oder Bildende
Künstlerin. Ich bin schon auch
ein sehr musikalisch und visuell beeinflußter
Mensch. Was mich an der ersten Begegnung mit den
"neuen" digitalen Medien künstlerisch so
fasziniert hat, war deshalb vor allem die
Vorstellung, diese lang gehegten Träume der
Verschmelzung verschiedenster Kunstformen mit ihnen
realisieren zu können. Allerdings denke ich,
dass es hierbei natürliche Grenzen gibt und
man aufpassen sollte, sich nicht zu verzetteln,
indem man selbst auf zuvielen Hochzeiten zu tanzen
versucht anstatt "notfalls" mit anderen zu
kooperieren. Welche
Erfahrungen hast du bei der Produktion digitaler
Literatur gemacht? Wo siehst du die
entscheidenden Herausforderungen? Wo lauern
die Gefahren? Gleichwertige
Doppelbegabungen und Kompetenzen im Bereich
Programmierung und literarisches Können sind,
glaube ich, sehr selten, da beide Künste eine
sehr intensive Beschäftigung mit dem Metier
verlangen. Noch schwieriger wird es, wenn Sound und
Grafiken hinzu kommen. Ich denke, was ein
Multimedia-Autor vor allem entwickeln sollte, sind
Fähigkeiten eines Multimedia-Konzepters, der
zwar nicht alles selbst machen kann, jedoch
weiß, was prinzipiell möglich wäre,
und in welchem Rahmen. Die Zusammenarbeit
zwischen Dichter und Programmierer sollte dabei
sehr eng sein. Es ist gut, Brainstorming zu machen
und sich erstmal viel vorzunehmen, man sollte aber
auch von liebgewonnenen Ideen Abstand nehmen
können, wenn sie den Programmierer zur
Verzweiflung treiben. Ich persönlich habe die
Erfahrung gemacht, dass ich mich beim Romane
schreiben da doch sehr viel freier fühle, da
ich mich dabei nicht mit programmtechnischen
Grenzen, Bugs und Lizenzen herum schlagen
muß. Wie
siehst du die Zukunft der digitalen Literatur und
wie siehst du sie für dich
speziell? Ich sehe diesen
Punkt leider nicht sehr optimistisch, habe eher die
Erfahrung gemacht, dass es immer noch einen
großen Graben zwischen den "traditionellen
Literaturvermittlern" und NetzliteratInnen gibt -
was ich aber auch auf mangelnde Leseerfahrung und
eine gewisse Selbstverständlichkeit im Umgang
mit digitalen Literaturformen zurück
führen würde. Oder anders gesagt: solange
beim Lesen immer noch der Gebührenzähler
mittickt und sich die Bytes durch
Modem-Verbindungen quetschen müssen, werden
der ästhetische Genuß, die Neugier und
Spielfreude im Umgang mit digitalen Kunstwerke sehr
beeinträchtigt. Nichtsdestotrotz
gebe ich da die Hoffnung nicht auf und werde
sicherlich weiter sowohl "traditionell" als auch
digital schreiben. Ich bringe mir gerade selbst
Python bei (Perl und mySQL stehen auch noch auf der
Liste), experimentiere mit digitaler
Sound-Produktion, und bin sehr gespannt darauf,
inwiefern diese Sachen meine weiteren Werke
beeinflussen werden. Die Zukunft der
digitalen Literatur allgemein sehe ich eher in der
Nähe des digitalen, "interaktiven" Kinos oder
bei Games oder Simulationen, auch wenn es mir
widerstrebt, so etwas zuzugeben, da sich diese
Formen von der Literatur doch sehr entfernen, und
außerdem Produktionsbudgets erfordern, von
denen gemeine LiteratInnen nur träumen
können. Vielleicht lassen sich diese Tendenzen
subversiv unterwandern, entgegensteuern, mit
Netzliteratur, so wie Romane ja auch parallel zu
Kinofilmen existieren können. Noch, zumindest.
Multimedia ist eine
feine Sache. Wir sollten nur vorsichtig sein, dass
uns trotz allem Klicki-Bunti nicht die
Fähigkeit, auch längere, kompliziertere
Texte rezipieren zu können, abhanden kommt.
Vielleicht sind Bücher doch noch das
mächtigste, subversivste Medium. Wenn es nur
den Verlagen und AutorInnen nicht wirtschaftlich so
schlecht gehen würde ... Ich glaube, dass
sich die magische Wirkung eines richtig guten
Buches auch auf ein neues Medium übertragen
liesse, man müßte nur den richtigen Weg
finden. Es sind ja doch immer Erzählungen, auf
die es uns ankommt. Beim Übergang der
mündlichen zur schriftlichen Erzählkultur
hat es auch genug Ängste vom Untergang der
Kultur gegeben, ebenso bei der Einführung des
Kinos, Rundfunks oder Fernsehens. So etwas ist
immer Blödsinn. Vom ersten Filmchen bis zu
"Citizen Kane" hat's auch ein paar Jahre gebraucht,
und die Werke Shakespeares und Kafkas haben alle
Medienwechsel bisher gut überstanden. Martin
Auer cN+ Messages from
the Past Nils
Ehlert Jetzt Odile
Endres Gleitzeit {Color:
blue} Wolfgang
Flür Neben
mir Carola
Gueldner Billard in
Amsterdam Dorit
Linke Der
Apfel Stefan
Maskiewicz Quadrego Jochen
Metzger Cocktailstories Heiko
Paulheim Die
Galerie Julius
Raabe Knittelverse Andreas Louis
Seyerlein Die Callas
Box Melanie Schön
Chile-Projekt Michael
Kaiser btong Nika Bertram
Der Kahuna
Modus Ursula
Menzer ER/SIE Romana
Brunnauer 2 Tote
Wettbewerb
Literatur.digital 2001
Autoren und
Beiträge
- top
-
Die
AutorInnen/Beiträge
home