Glanz&Elend

Literatur und Zeitkritik

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Volk ohne Traum


Ein Statement
von Uve Schmidt

Europa, eine verkaufte Braut

Wer die Ehe als kleinste soziale Einheit menschlicher Existenz bezeichnet, meint Monogamie in realiter, also keine amtlich lizenzierte Schwindelfirma. Bon, aber wie steht es mit jenen souveränen Staaten, welche sich mehr oder weniger aufgeklärt und mehr oder weniger selbstverantwortungsbewusst in eine Arbeits- und Wirkungsgemeinschaft begeben haben, überwiegend freiwillig und freudig, über deren weiteres bündnispolitisches Schicksal indes nicht 1 Mann und 1 Frau sich verständigen, sondern hoch bezahlte Politiker und Bürokraten im Auftrag des Souveräns, auch wenn dieser den Europawahlsonntag wie gewohnt verschlief. Doch auch mit einer 99%igen Wahlbeteiligung wären in Brüssel Beschlüsse gefasst und gesetzeskräftig geworden, wie man am nachhaltigsten und kostenintensivsten das Kind mit dem Bade ausschüttet. Tatsächlich kommt so was sogar in den besten Familien vor, aber solch eine Körperschaft ist die EU völkerrechtlich nicht. Oder irgendwie doch? Wir sind das Volk und verstehen das nicht und deshalb müssen wir uns das à la Tegtmeyer (Jürgen von Manger) erklären lassen, die Europakiste.
Inzwischen ist aber auch die Ehe erklärungsbedürftig geworden, nicht nur, weil die Scheidungen ebenso zunehmen wie die ehelosen Lebensgemeinschaften (mit oder ohne Kinder), sondern auch die gleichgeschlechtlichen Verbindungen und das sexuelle Sektierertum und nicht zuletzt die politischen, kulturellen und juristischen Hinterlande und Nebenschauplätze fremden Rechts und exotischer Sitten. Letztere gehören nur peripher (Zigeuner, Eskimos, Muselmanen)  zur EU, wir könnten sie draußen vor lassen und uns ganz auf die Anfänge einlassen, als die paradiesischen Prototypen noch die unterste Entwicklungsstufe der Menschheit bildeten und der letzte Harem des letzten Sultans des Osmanischen Reiches zumindest in den Augen der Damen des Diplomatischen Corps die kultivierteste Keimzelle eines Herrscherhauses war. Insofern wurde seither gern vergessen, dass Europa sich mythologisch einer Entführung und Vergewaltigung verdankt, und deshalb fällt einem zu Brüssel ein Doppelbett mit permanent belegter Besucherritze ein und nicht das getrennte Nachtlager wegen Schnarchens etc., und infolgedessen musste die Chose scheitern, auch wenn die Ehe und die EU auf einer ganz organischen Grundlage beruhen und somit auch Anziehungskräften unterliegen, wechselseitig und keineswegs aus ideellen Motiven, sondern primär in Verfolg schnöder Begehrlichkeiten. Natürlich wird  aus denselben Gründen geflirtet und geworben, sich verlobt und geheiratet, und obwohl die Kandidaten um ihrer selbst willen ein Ja-Wort erwarten, weiß alle Welt, wer von beiden die bessere Partie gemacht hat, vergleichbar einer Schweizer Staatsbürgerschaft, dem moderaten Mittelmeerklima und den skandinavischen Sozialsystemen aus der Perspektive deutscher Fürsorgeempfänger, balkanischer Bärenführer und griechischer Gastronomen. Andere Europäer sehen es anders, neuerdings negativ bis rabenschwarz und erweisen sich wie Eheleute im verflixten Siebten Jahr (o.s.ä.): Sie bestätigen zwar ihre Ehekrise als solche, die überwiegende Schuld teilen sie jedoch ihrem Gegenüber zu, dem Arbeitsmarkt und den unbarmherzigen Schwiegereltern. Es ist absehbar, dass Deutschland als mehrköpfiges Monstrum die schlimmstmögliche Schwiegermutter, den treulosen Gatten und den verantwortungslosen Kindsvater auf Dauer verkörpern wird im Volksglauben der Versager,  denn dafür sorgen bereits alle, die es de facto besser wissen: Die notorischen Gewinnler.

Selbstverständlich rede ich nicht von der Europäischen Union als verzankten Eltern (d.h. den jeweiligen Politikern) und ihren verunsicherten Kindern (dem jeweiligen Wahlvolk), sondern von einer polygamen Gemeinschaft, wie sie unter christlichen Weißen zuletzt in Utah (USA) bestand und heute noch in Ozeanien, im animistischen Afrika, im muslimischen Zentralasien und im buddhistischen Hochland vorkommt. In Europa wurde Polygamie kleinstaatstragend  nie praktiziert, indes ist die Einehe ein typisches Produkt  monotheistischer, speziell jüdisch-christlicher Verkündigung. Allerdings führten die führenden Geschlechter des Abendlandes bis in die 50iger Jahre des 20. Jahrhunderts vor, wie sich royalistische Nationen wertsteigernd kreuzen lassen, und man/frau vermittels Vermählung auch Kriege verhindern könnte, doch so fruchtbar die dynastische Heiratspolitik an den Höfen sich auswirkte, so wenig fruchteten die verwandtschaftlichen Beziehungen in den kontinentalen Krisen, ja, die persönlichen Animositäten zwischen einzelnen Herrschern (zumeist Vettern) verstärkten die Konflikte noch, und so war alles für die Katz, irenisch gesehen. Allein angesichts dieses Aspektes der Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs hätten die Paten des neuropäischen Homunkulus deutlich zögern müssen, uns bis in die Währungsunion zu treiben, denn beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Und in jeder stinknormalen Ehe verflüchtigt sich der Hausfriede, wenn die erwerbstätigen Arbeitskräfte erlahmen, bzw. glücklos scheitern und überhaupt. Die Tatsache, dass wir noch nicht ins Elsass einmarschiert sind und die Österreicher nicht in Südtirol, kann sich die EU ebensowenig als Verdienst anrechnen wie ein desolates Ehepaar sich rühmen sollte, dass „zwischen uns noch nie ein böses Wort gefallen“ sei. Wer die Selbstrühmungen zum Friedensnobelpreis vernahm und nachlas, musste ehrlicherweise schamrot werden, vor allem deshalb, wie wenig selbstkritischer Einspruch erhoben wurde in den eigenen Reihen, denn weder hat sich die EU als Friedensstifterin profiliert, noch kann geleugnet werden, dass ihre völlig verfehlte Völkerwanderungspolitik den sozialen Frieden unter den autochthonen und assimilierten Europäern gründlich gestört und fortdauernd gefährdet hat. In Friedrich Smetanas tschechischer Nationaloper  Die verkaufte Braut überlistet ein netter Bauernbursche einen schlitzohrigen Heiratsvermittler, indem er seine familiale Herkunft verschleiert, was  auch seine heimliche Liebste, die besagte Braut, nicht weiß, bis alles bei böhmischen Buttercremetorten und Bier  ausklingt, sogar der behinderte Dorftrottel findet sein Glück. Nationaloper wurde das Werk dank seines künstlerischen Formates, dem patriotischen Genius des Komponisten und dem darauf angelegten Libretto: Es treten fast alle Völkerschaften  der späteren Tschechoslowakei auf als Figuren und Kostüme. Für die realen Tschechen gab es ein Happy End erst, als die Slowakei sich erneut und endgültig von Prag löste und Tschechien der EU beitrat, die tschechische Krone aber behielt. Zufrieden sind sie nicht, die Zeitläufte sind weder musikalisch bedeutend, noch gesellschaftlich beglückend. Europa, ein ausverkauftes Haus. Was lehrt uns das? Ambitionierte nationale Minderheiten bereichern das Vaterland nicht, sie bedrohen oder belasten es; Multikulturalität funktioniert nur im Wanderzirkus. Also bleibet im Lande, nähret Euch redlich und fürchtet die Finanzhölle. Warum, beim Donnergott, sollten wir mit den Erfahrungen von gestern und heute nicht ganz von vorn anfangen? Zurück auf Start 1989, auf ein europäisches Altneuland!
 

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Abendlanddämmerung

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Abendlanddämmerung klingt nach Titelschutzobjekt, ist aber keines, sondern die Alte Welt im Spätlicht ihrer Zivilisationsgeschichte, wahrgenommen von der Warte eines Kulturpessimisten. In der Tat verhelfen auch optimale Observationstechniken nur zu Bildern, welche richtiggedeutet werden ollen, im Zweifelsfalle zugunsten der jeweiligen Feindbildvorlage. Allerdings bedarf es keiner Satellitenfotos, um die Mondsichel über Kölln und Kreuzberg zu erkennen, das Kraushaar im europäischen Milchsee und den großen Graben zwischen Schlesien und Schwaben, Alt (Franz) und Jung (Claudia), Pontefix und Cybersex, zwischen Ideal und Kapital: Um die Eingeweide unserer hirnrissigen Gesellschaft auszuleuchten, langt die photopoetische Sonde des Uve Schmidt.

 


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