Glanz&Elend

Literatur und Zeitkritik

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Die menschliche Komödie als work in progress

Ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben.

 

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Volk ohne Traum


Ein Statement
von Uve Schmidt

Unter weißen Sternen

Alle Jahre wieder findet auch Ostern statt, dass Oktoberfest und mein Geburtstag, ein Datum, dessen man nach meinem Ableben noch gedenkt, u.a. im Hause Windsor, auch dann, wenn ich Prinz Charles überlebte. Ob Jesus von Nazareth je gelebt hat als Gottessohn und Religionsstifter, ist nach der Beweislage strittig; die sehr viel jüngeren Till Eulenspiegel und Baron Frankenstein haben nicht gelebt im Rahmen ihres legendären Wirkens, das explizit der Verbesserung der menschlichen Gesellschaft diente, schelmisch belehrend oder schöpferisch belebend, doch weil es gesetzeswidrig war, ehrte man die Kerle nicht, wohl aber weiterhin den gekreuzigten jüdischen Staatsfeind nach einem langen apostolischen Marsch durch die römischen Garnisonen. Womit wir nun nicht bei der künftigen Vizekanzlerin Katrin Göring-Eckhardt wären, aber bei der zimmerbrandheißen Sinnfrage: Geht es in diesen Wochen wirklich noch um Christi Krippenfest (immerhin Stichtag unserer abendländischen Zeitrechnung) oder um eine Art Waffenruhe im Nahen Osten, ums Ex oriente pax? Zweifellos ist Weihnachten immer noch die Megaparty der Christenheit, doch in dem Maße, wie die spätabendliche Feierstunde aus den Unterkünften von Volk & Vieh in die Kaufhauspaläste der Gegenwart verlagert wurde, veränderte sich der Glaubensgehalt, verlor er sich bis zur Unkenntlichkeit. Gleichwohl ist die Adventszeit in vielfacher Hinsicht die Hauptgeschäftszeit der christlichen Kirchen, deren jährliches Spendenaufkommen wächst, während die Volksfrömmigkeit verkümmert, und obwohl sich zwischen Oderbruch und Oberammergau ein neuheidnischer Abgrund auftut, wirbt unsere Wirtschaft weiterhin mit dem Weihnachtsmärchen Deutschland in aller Welt. Doch weil wir ein säkularer Staat sind, ist Weihnachten vor allem eine ungeschützte Geldquelle auch für Roma, Sinti und verschuldete deutsche ICH-Existenzen. Soweit, so gewohnt, wäre da nicht die offenbar fixe Idee vom Weltfrieden, der zwischen Erstem Advent und Sylvester partout eingehalten werden müsste. Weshalb sollten ausgerechnet Juden und Muslime an den Weihnachtsmann Westerwelle glauben, um ggf. vor einem homosexuellen Ehepaar (und ihrem Leihkind) an Heiliger Stätte niederzuknien? Sollten die Bemühungen des AA vor Ort fruchten, werden es die Freidemokraten ihrem Guido danken, doch wie viele weiße Tauben machen einen langen Sommer?

Es hat auch niemand an die Weltuntergangsanzeige des Mayakalenders geglaubt, wohl aber eine nicht geringe Mehrheit an Obamas knappen Sieg, was ja kein Erfolg gemeinschaftlichen konzentrierten Wunschdenkens war, sondern ein Sieg der Vernünftigen, welche, soweit wahlberechtigt, sich nicht um den Weltfrieden sorgten, sondern eher um feste Arbeitsplätze, auch beim Militär und in der Rüstungsindustrie. Es kann also weitergehen wie gehabt. Dass die Israelis mit einem Zwei- Fronten - Krieg kein militärisches Problem hätten, sollte den Wehrbauernstaat nicht verlocken, es darauf anzulegen, falls man noch daran denkt, den islamistischen Erzfeind im atomaren Kindbett zu zerschmettern. Andererseits ist die UNO dankbar, wenn sie derzeit nicht mit Friedenstruppen in die Levante muss angesichts der Kriegswirren im Kongo und in Westafrika, der Kraftproben im Südchinesischen Meer, im Goldenen Dreieck und an den türkisch-kurdischen Stammesgrenzen. Wo immer die Blauhelme eingesetzt wurden, zeichneten sie sich weisungsgemäß durch Schusswaffengebrauchsverweigerung aus, zum tödlichen Nachteil ihrer Schutzbefohlenen und zum politisch-strategischen Vorteil diverser Aggressoren und/oder illegitimer Machthaber. Ja, die UNO ist weiterhin wichtig, aber von Mal zu Mal wertloser als Truppe. Im Prinzip langte eine Instanz wie das Altenburger Skatgericht als anzurufendes Schiedsgremium, welches zwar nicht das Mogeln verhindern kann, aber die Verwilderung der Spielregeln. Als Brasilien, Mexiko, Japan und Deutschland zwischen 1928 und 1933 aus dem Völkerbund austraten, handelten sie gemäß ihrer politischen Zielsetzungen konsequent, und als die Nazipresse zugleich den „Plutokratenclub“ als „Pazifistenkränzchen“ verhöhnte, stellte sie freilich auch die Ohnmacht und die Parteilichkeit der Friedensstifter fest. Tonangebend waren die westlichen Großmächte, welche seinerzeit nicht nur die kaiserlichen Kolonien annektiert hatten, sondern  vermittels Völkerbund auch Danzig und das Saarland verwalteten. Heute steht der Sitz der UNO selbstredend in New York, der Stadt der Wallstreet und der Globalisierung, in welcher ganz offiziell das MERRY CHRISTMAS vom MERRY SEASON abgelöst wurde, wegen des interreligiösen Dialoges auf Anraten der Geschäftswelt. Ich weiß nicht, wie die katholischen Iren, Italiener, Polen und Hispanos, die evangelikalen Schwarzen und weißen Anglikaner darüber denken – Muslimen, Juden und anderen Asiaten dürfte das streng genommen  wurscht sein. Wie aber fühlen sich Chinesen, Inder, Araber und Latinos, falls die Radios in ihren Heimatländern statt des gewohnten Gedudels permanent Oktoberfestmusik sendeten?! Und wo waren die deutschen Männergesangsvereine und Schlagerbarden, die Sternsinger, Kammersänger und Tenöre, die stimmgewaltigen Klangkörper aller Stämme, Stände und Städte, als die weltberühmten deutschen Knabenchöre aus unseren  Einkaufsmeilen, Fahrstühlen, Hotellobbys, Wandelgängen, Warenhäusern, Speiselokalen, Kuranstalten und Andachtssorten vertrieben wurden zugunsten nordamerikanischer Plattenmillionäre, denen wir widerstandslos die Rundfunks und Beschallungszentren überließen und nunmehr die komplette Weihnachtszeit?!

Abgesehen davon, dass auch das deutsche Vereinswesen unter fortschreitendem Nachwuchsmangel und demgemäß an erschlaffender Motivation leidet, genügt ein Blick auf den Bildschirm, wenn TV-Formate wie THE VOICE OF GERMANY ausgestrahlt werden als Filialunternehmen der Voice of Uganda, Alabama & Großmalta unter Mitwirkung von Juroren, die wie Western Store-Inhaber ausschauen, denen die Schwarzwälder Trachtenhüte abhanden kamen. Wer hoffte, mit dem weitgehenden Abzug der US-Army aus dem wiedervereinigten Deutschland würde sich auch die kulturelle Dämonie des AFN verdünnisieren, wurde arg getäuscht: Die deutschen Quislinge übernahmen nicht nur die vakanten Wellen, sie hielten allweil die Sternenbanner höher und dominanter denn je hierzulande. Waren die Wildwest - Clubs und Riverboatreeder noch unterm Südstaatenkreuz gesellig und die Patchworkladies bei ihren  Truthähnen geblieben, schlugen jetzt die amerikanischen Subunternehmer los, überwiegend Demokraten rheinsten  Hudsonwassers. Es schlug die Stunde des raubtierkapitalistischen Goldrausches, Uncle Sam mit dem multikulturellen Antlitz und dem Coffee to go- Becher, geleert weiterzureichen an den schnorrenden Junkie und Mr. Peachums Bettlerbanden. Nein, der Kalte Krieg hat nie aufgehört und das ist keine Dezembermetapher der Heizölspekulanten, sondern die unübersehbare Weltlage, karikiert von schmelzenden Gletschern, einbrechenden Eisbären und heißen Reibeisen uralten Hasses. Dabei ging und geht es immer nur um Märkte, Militärstützpunkte und Marionetten, deren Regime erhalten werden müssen, um den militärischen Schutz der Märkte zu gewährleisten. Meine Vorstellung, dass der Weltuntergang eine rein amerikanische Angelegenheit bleibt und sich auf New York und Washington D.C. beschränken könnte, fände gewiss weltweiten Beifall, sogar in den USA, aber die Endlösung der menschlichen Tragödie wäre es leider nicht. Gott sei Dank? Frohe Feste!
 

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Abendlanddämmerung

Gedichte mit
Röntgenbildern des Autors

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Abendlanddämmerung klingt nach Titelschutzobjekt, ist aber keines, sondern die Alte Welt im Spätlicht ihrer Zivilisationsgeschichte, wahrgenommen von der Warte eines Kulturpessimisten. In der Tat verhelfen auch optimale Observationstechniken nur zu Bildern, welche richtiggedeutet werden ollen, im Zweifelsfalle zugunsten der jeweiligen Feindbildvorlage. Allerdings bedarf es keiner Satellitenfotos, um die Mondsichel über Kölln und Kreuzberg zu erkennen, das Kraushaar im europäischen Milchsee und den großen Graben zwischen Schlesien und Schwaben, Alt (Franz) und Jung (Claudia), Pontefix und Cybersex, zwischen Ideal und Kapital: Um die Eingeweide unserer hirnrissigen Gesellschaft auszuleuchten, langt die photopoetische Sonde des Uve Schmidt.

 


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