Erfahrungsseelenkunde
Freitag, 4. März, 20 Uhr / Großer Saal im Literaturhaus Berlin.
William Wordsworth: Gedicht, noch ohne Titel, für S. T. Coleridge (Matthes & Seitz). Der Übersetzer Wolfgang Schlüter liest aus seiner Übersetzung des Poems und spricht mit Joachim Kalka.
So, wie ein Landmann, ging ich meine Straße
unter der Abendsonne hin und wünschte nie
den Sabbath dieser Zeit je wieder unter ein
serviles Joch zu beugen. Wozu viele Worte?
Der angenehme Weg bracht mich zu meiner
Einsiedelei nach zweien Tagen lässigen Dahingehns.William Wordsworth
Wordsworths Hauptwerk, eines der großen Blankvers-Essays der Weltliteratur, beschreibt die geistige Entwicklung des Dichters und erhielt daher posthum den Titel »The Prelude, or Growth of a Poet’s mind«. Vergleichbar mit Rousseaus »Confessions« oder Moritz’ »Anton Reiser« breitet Wordsworth darin eine autobiografische Erfahrungsseelenkunde aus, die sich in knapp 10.000 Versen mit poetologischen und philosophischen Raisonnements sowie mit einem Epochenportrait der Zeit von 1770 bis 1805 verschränkt. Die hier übersetzte Version aus dem Jahr 1805 unterscheidet sich fundamental von der 45 Jahre lang revidierten und umgeschriebenen Fassung von 1850. Hinreißend schwärmerisch, dem Himmel und den Künsten zugewandt, erweist sich der junge Wordsworth als einer der ganz großen Sehnenden der Weltliteratur.
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