Datenpoesie
Günter Vallaster bespricht für das Buchjournal des Literaturhaus Wien den 300 Seiten Band mit Datenpoesie von Jörg Piringer:
„Mit "datenpoesie" legt Jörg Piringer einen für Mensch und Maschine spannend zu lesenden und poetisch anregenden Band vor, der als ein Grundlagenwerk zur digitalen Poesie betrachtet werden kann, in dem Verfahrensweisen der modernen, besonders experimentellen Literatur weitere Richtungen gegeben und auf ein neues Level gehievt werden, Dada 2.0 sozusagen. Wobei experimentell durchaus im naturwissenschaftlich-technischen Sinne verstanden werden kann, oder wie Jörg Piringer in seinen Anmerkungen zur Arbeitsmethodik ausführt: "bei mehrmaligen wiederholungen aufgrund von gewünschten verbesserungen kamen dadurch für einen kurzen text mehrtägige rechen- und somit wartezeiten, bis das fertige resultat vorlag, zustande. eine solche arbeitsweise ähnelte stellenweise mehr dem züchten von pflanzen als dem verfassen von literatur: aussäen. warten. überraschende ergebnisse. erneute aussaat. warten. staunen ..." (S. 272 f.). Hier werden experimentelle Schreibzugänge, wie sie von Dada, Oulipo oder der konkreten und konzeptuellen Poesie entwickelt wurden, auf High-Tech-Niveau weitergedacht. Mit Dada verbindet der Zufall als ästhetischer Plan, mit Oulipo das Aufstellen und Hinterfragen von Regelwerken, mit der konkreten und konzeptuellen Poesie die Betrachtung der Sprache als Material, die Auslotung von mentalen Konzepten, also Begriffen sowie der Aspekt der seriellen Anordnung von Wortmaterial. Datendada vom Feinsten!“
jahreszeiten
(eine generative grammatik erzeugt 4 kurzgedichte)die strassenbahn
quietscht im regen
an diesem herbstabend
der fernseher
zirpt in der sonne
vor kälte
die stopptafel
rauscht faul
an diesem wintertag
das fahrrad
rasselt im nebel
was immer ich auch tue(S. 63)
Jörg Piringer: datenpoesie. Klagenfurt: Ritter Verlag, 2018.
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