Neue Lyrikkritik
Unermüdlich in Sachen Lyrikkritik unterwegs und schon seit Jahren eine Institution: Hendrik Jackson hat lyrikkritik.de neu aufgesetzt und es finden sich aktuell unbedingt zu lesende Beiträge, von denen ich bislang nur im Reversbär unterwegs war, wo Christian Metz statistische Befunde zur Lyrikkritik der letzten beiden Jahrzehnte („Zum Stand der LYrikkritik“) und Yevgeniy Breyger eine „Fasciale Dynamik“ entwickelt . Hängengeblieben bin ich zuerst bei Michael Braun und seinen „Mutmaßungen zur Lyrikkritik“ und insbesondere seinem Zitat aus einem sehr persönlichen Rückblicks eines Krikikerlebens:
„…Man müsste ein literaturkritischer Fließbandarbeiter unter enormen Beschleunigungsbedingungen sein, um angesichts der schrumpfenden Budgets in den alten Printmedien eine annehmbare Rendite für das eigene Tun einzustreichen. Man darf es noch nüchterner formulieren: Je älter der freie Literaturkritiker wird, desto markanter sinkt sein Kurswert, denn Jüngere rücken nach, die bereit sind zur bedingungslosen Selbstausbeutung und zur schnellen Lieferung von „Content“, ein Wort, das die journalistischen Betriebswirtschafter von heute so gerne verwenden. Ein Blick auf den zu erwartenden Rentenbescheid genügt, um Schwindelanfälle auszulösen. Kurz und schlecht: Nur durch glückliche Fügungen kann der freie Literaturkritiker überleben.“
Das ist aus meiner Sicht eine wichtige Dimension, gerade wenn man über Lyrikkritik spricht: Lyrik allein ernährt niemanden und man ist als Kritiker hier im gleichen Prekariat unterwegs wie ein Autor. Ich persönlich habe noch nie einen Cent für irgendeine Lyrikkritik gesehen (habe allerdings auch noch nie versucht ins bezahlte Gewerbe zu wechseln), während ich als Autor immerhin Geld für Lesungen bekomme(n kann) und Stipendien anfragen oder Preise einstreichen kann (wenn ich das bekümmern würde). Vergleichbares gibt es für Lyrikkritiker nicht. Ein bißchen Jury hier, eine Eröffnungsrede da. Mehr geht nicht. Und alles ist zu wenig. Hier wie dort.
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Zurück zur lyrikkritik.de:
Hendrik schreibt: „aus Anlass der Co-Operation mit dem Haus für Poesie, mit dem wir (ReferentInnen, TeilnehmerInnen, lyrikkritik) zusammen die Akademie zur Lyrikkritik interim für mindestens zwei Jahre im Haus für Poesie, Berlin, installieren, wurde die Seite für die Kunst des Unterscheidens (krinein) dem Trickkyrill der Kompjuterkunst unterzogen. (Dank an Michael Ebert-Hanke). ihr findet nach wie vor einige der alten Rubriken wie den Reversbär (Redaktion: Hendrik Jackson), die nun Loseblattsammlung genannte Rubrik von Marcus Roloff und die Inzestbude, auf der nun auf Essays, Rezensionen etc. des Umfelds von lyrikkritik verwiesen wird, aber auch auf besonders interessante Texte aus dem deutschen Feuilleton.“
Es lohnt sich mehr denn je!
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