Robsie Richter, Hrsg.
Die Alptraumfabrik. Unheimliche Kinogeschichten
Hanau: Verlag Robert Richter 2003 137 S. 12,80
Horrorfilme einmal anders; der Horror kommt in diesen Geschichten von der Leinwand, aus dunklen Kinosälen oder vom Filmen selbst, und meist ziemlich blutig. Manchmal haben die Autoren originelle Einfälle, etwa Boris Koch in Sneak Preview: ein Schifferlversenken zwischen den Besuchern von besonderen Kinosälen, bei dem die Treffer gleich in ihren Sitzen zermalmt werden, aber auch der Sieger als einziger verbliebener Zeuge beseitigt wird. Ebenso schlecht geht es dem übergewichtigen Protagonisten von Markus Kastenholz
und Action, der als Darsteller von perversen Sexfilmen ausgewählt wird; die Misshandlung und Vergewaltigung eines schönen Mädchens gefällt ihm ja noch, aber im nächsten Film darf er das Opfer zweier Frauen abgeben. Die Fernreisenden von Malte S. Sembten kommen aus der Galaxis, das Kino spielt in dieser Geschichte nur eine marginale Rolle, als Kommunikationsversuch mit einer geheimen militärischen Freiluftveranstaltung. Die Scheußlichkeiten, die der Protagonist von Cliff Paines, Augen die den Tod sehen, der einzigen übersetzten Geschichte des Bandes, als Reporter filmt, sind von ihm selbst inszeniert. Weniger originell und stilistisch overwritten ist Christopher Müllers Cinema Strange, in dem die Protagonistin aus dem Kino heraus von einem Alptraum-Mann verfolgt und eingeholt wird. In Andreas Grubers Hier ist dein Geschenk! wiederum lässt ein Mann seiner Tochter ein perverses Geschenk anfertigen; ein Frankensteinsches Ungeheuer als Teletubby. Gar nicht pervers hingegen geht es in Jaromir Konecnys Liebesgrüße aus der Gruft zu; gewiss, einige Mädchen verkleiden sich richtig ghoulisch, aber man endet beim Ansehen von Briefmarkenalben. Dass ein Offizier in einem Kino einer verfolgten fremden Frau gestattet, sich ihm an den Hals zu werfen und ein Liebespaar zu spielen, rettet sie nur kurze Zeit, denn sie wird vor dem Kino verhaftet, und er wird wegen des belastenden Materials erschossen, das sie ihm heimlich zugesteckt hat. Dass ein Mann im Pornokino einen Herzschlag erleidet, ist ja nichts besonders Ungewöhnliches (Christian von Aster, Tod im Pornokino), ungewöhnlicher schon, dass die Geschichte vom Tod erzählt wird, der, vom Film abgelenkt, seine Sense etwas später schwingt und in Verzug kommt. Eddie M. An gerhubers Das Produkt der Nacht ist eine seltsame Manifestation im Film, eine Lichterscheinung, die die Heldin ins alltägliche Leben verfolgt, die in einer Begegnung eine Gestalt aus dem Film erkennt. Marcus Gebeleins Geraubte Kinder oder: von der Zensur ist eine düstere, etwas dunkle Parabel über Einwanderung und Abschottung gegen das Fremde. Ziemlich grobschlächtig kommt Henry Altmanns Die Geister, die ich rief daher: in dieser Geschichte rächt sich ein rücksichtsloser Irrer, für den Gespensterspuk, mit dem ihm eine Frau zugesetzt hat, die er brutal hinausgeworfen hat. In Romy Kluges Die lange Horrornacht und Markus K. Korbs Die Heimsuchung spukt es im Kino, während es in Michael Tillmanns Ein seltsamer Film über einen seltsamen Wald, gesehen in einem seltsamen Kino aus einem Zuseher, der sich eine Kunstfilm ansieht, den er als Perversität hält, zu einem Mitwirkenden wird einem Opfer. Uwe Vöhls, Am Tag, als Peter Cushing verschwand verliert sich im Phantasmagorischen.
Es sind bizarre, düstere Geschichten voll dunkler Phantasien, manche recht gut geschrieben und einfallsreich, andere nur mit Special Effects in einer vordergründig Sprache, die nichts der Phantasie überlässt, sondern den Leser mit Grauen förmlich überfällt.
26. Feb. 2007 -