Gärwert oder Wasser sprecht?
Tzveta Sofronieva - Quelle: Robert Bosch Stiftung
Tzveta Sofronieva ist in vielen Welten zu Hause: In ihrer Heimat Bulgarien, wo sie in Sofia geboren wurde, und in Berlin, wo die gelernte Physikerin lebt, in den USA und in Asien; sie kennt sich aus in der Welt der Naturwissenschaften und der Philosophie; sie interessiert sich für Sprachen und dafür, wie die Bedeutungen der Wörter sich ändern, wenn sie ihren kulturellen Kontext verlassen; sie schreibt selbst auf Deutsch, Bulgarisch und Englisch; sie liebt die Mythologie und versucht, deren Muster in die Gegenwart zu retten. Mit einem Wort: Tzveta Sofronieva ist eine jener modernen Dichterinnen in Europa, die sich ihr Leben und ihre Lyrik nicht mehr von Grenzen einengen lassen.
Als Dichterin hat sie den Ehrgeiz, in mehreren Sprachen zu schreiben und zu publizieren. “Die Sprache ist wie Wasser. / Beim Halten verliert man sie, / im Fließen hat sie Bestand…” Die “Diskussionen über Form und Inhalt” interessieren sie weniger als die fließenden Prozesse, “die das eine mit dem anderen verbinden”. schrieb Herbert Wiesner am Samstag in der WELT.
Und weiter: „Dort aber, wo Sofronieva die interkulturellen Netzwerke in ihrer Mehrsprachigkeit über den Touchscreen flimmern lässt, im Gedicht Touch me zum Beispiel, kommt es nicht zum "Notenspielen".
Hier bleibt es beim klanglosen "Notenschreiben", und die kyrillischen Schrifteinsprengsel sind stumme Zeichen für den, der sie nicht lesen kann. Das Gedicht endet mit den Zeilen "mobile phone flat screen Laptop / Klavier", doch nicht alles, was über eine Tastatur verfügt, ist spielbar wie ein Klavier. Ein anderes Gedicht beginnt mit der erregenden Wortfolge "sperrig fahrig sphärig mehlig selig alltagsfähig" und spielt mit den Kürzeln "dlapp" und "tmhhh". Leider ist das Spiel gleich an sein Ende gekommen, wenn man die triviale soziologische Begrifflichkeit erfährt, für die jene Buchstaben stehen sollen: "deutsche-lebens-abschnitts-partners-partnerin mit / einer teil-migrations-hintergrund-habenden-heranwachsenden".
"Ich mag den Unsinn ins Groteske übertreiben", verspricht Tzveta Sofronieva an anderer Stelle. Dem gäbe man sich nur zu gerne hin, nicht aber den Reißbrettspielen trostloser Buchstabenfolgen und klangloser Polyglotterie. Die Dichterin liebt offenbar solche modernistischen Techniken, zieht aber aus ihnen keinen wirklichen poetischen Mehrwert.“
Was nachzulesen wäre.
Tzveta Sofronieva: Landschaften, Ufer. Edition Lyrik Kabinett
Neuen Kommentar schreiben