Nackt und verlassen
David Vogel (Quelle: wikipedia)
Zu pikant, um gedruckt zu werden – das war »Eine Wiener Romanze«, bis der Roman 100 Jahre nach seiner Niederschrift auf den Rückseiten eines unverfänglichen Manuskripts entdeckt wurde. Er erzählt die Geschichte des Michael Rost, der im Wien vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein Glück sucht. Der junge Müßiggänger verkehrt mit Anarchisten, Aristokraten und leichten Mädchen. Er liebt den Duft der Kastanien und seine Zimmerwirtin. Als er eine Affäre mit ihrer 16-jährigen Tochter beginnt, gerät er an den Rand des Untergangs.
„Vogel ist als Dichter ein Aquarellmaler. Der Farbauftrag seiner im Original hebräischen Prosa ist flüchtig und durchscheinend. Eine Wiener Romanze wurde vor nicht allzu langer Zeit in einem Archiv in Tel Aviv entdeckt. Dort "schlummerte" das Buch auf 15 eng beschriebenen Papierbögen. Die Erzählung vom Zustand des kostbaren Manuskripts lässt an Robert Walsers Bleistiftkryptogramme denken.
Umso verblüffender ist der Grad an Abgeschlossenheit, die Vogel seinem - irgendwann weggelegten - Romanprojekt angedeihen ließ. Wien liegt "nackt und verlassen" vor dem Leser. Kalenderweisheiten bettet der Autor nur ausnahmsweise in den ruhig strömenden Erzählfluss. Dann heißt es: "Wer auf Vergnügen aus ist, zahlt dafür." bespricht Ronald Pohl gestern das Buch von David Vogel : Eine Wiener Romanze, erschienen im Aufbau Verlag, im Standard: „Das süße Nihilistenleben in Wien nach 1900.“
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