Nichtichige Dinge
Elisabeth Reichart (Bild: Golser)
„Dass eine Romanschriftstellerin plötzlich Gedichte schreibt, überrascht, umso mehr, als durch die Gedichte der poetische Werkzusammenhang auch in den Romanen auf einmal besser sichtbar wird. Dreißig Jahre lang schrieb Reichart vor allem Romane, die von der Literaturkritik als feministische oder geschichtsbewusste engagierte Literatur registriert wurden, und plötzlich zeigen ihre Gedichte, dass es doch bereits in der Romanprosa auch um die Schönheit und mystische Selbstständigkeit der Dinge ging.
Ich finde mich nicht
Diese Intention bedeutet nicht Geschichtslosigkeit, sondern sie zielt auf die Grundfrage der Ästhetik des 20. Jahrhunderts: wie den Dingen, die durch den Warencharakter fremd und durch die Shoah verfinstert wurden, im Kunstwerk wieder ihre Aura zurückerstattet werden kann. Denn entfremdet und feindlich, wie die Dingwelt den Menschen heute gegenübertritt, trägt sie zum Selbstverlust bei: "Ich finde mich nicht, so allein mit den Dingen, die in Blut waten. [...] Bedrohlich wirken sie in ihrer Übermacht, und sie wissen es", sagt die Malerin im Roman Das vergessene Lächeln der Amaterasu, der jetzt im Otto-Müller-Verlag neu aufgelegt wird. Die "Dinge brauchen uns nicht, [...] sie löschen uns aus mit ihrem Klirren und Quietschen"; man wird vom "böse[n] Blick" der Dinge "angestarrt" und geht sich selber in diesem Blick verloren.“ Hans Höller gestern im Standard.
Elisabeth Reichart liest aus Ihrem Lyrikdebüt "In der Mondsichel und anderen Herzgegenden", Lyrikabend gemeinsam mit Ursula Krechel, Michael Krüger, Klaus Merz und Fiston Mwanza - Moderation: Jochen Jung | Mi, 29. Jänner 2014, 19.00 Uhr | Literaturhaus Graz
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