Fix Zone

Otto zur Linde

Redaktion: 

Ausgabe des Charons von 1908 unter der Herausgabe von Otto zur Linde

Ein heute fast vergessener Dichter aus Essen steht im Mittelpunkt am Donnerstag 9. Juni, 20 Uhr, in der Stadtbibliothek Essen, Otto zur Linde.

Die Zentralbibliothek liegt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes (Ausgang Stadtmitte) zwischen dem Haus der Technik und dem Gildehofhochhaus – unverwechselbar mit ihrem farbigen Eingangspavillon und ihrer durch eine Glaskuppel überspannten Galeriefläche.

 

Ich warne euch vor allem Schwelgen
Und allem Geschwafel, daß »Gefühl«
Das Tiefste sei. Gewiß ersauft ihr drin.
Aber wie ein Floh in einer Kaffeetasse.

Aus: Otto zur Linde: Gesammelte Gedichte 1925

Rolf Stolz liest satirische Gedichte, Kriegs-, Großstadt- und Liebesgedichte und Auszüge aus der Kurzprosa.
Leonhard Beck (früher Professor für Gitarre an der Folkwang-Hochschule) und Norbert Klein spielen Gitarrenmusik aus dem ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts.

Otto zur Linde, 1873 in Essen geboren, 1938 in Berlin gestorben, ist ein großer und großartiger Dichter, der zu Unrecht jahrzehntelang völlig vergessen war. Seine an Heine und Busch geschulten satirischen Verse, seine erschütternden Kriegsgedichte, seine Beschwörungen der Großstadtwirklichkeit zeigen Klangfülle und realistische Wahrhaftigkeit. Über dreißig Jahre lang erschien keine einzige Auswahl seiner Texte, ehe 2016 das „Lesebuch Otto zur Linde“ im Bielefelder Aisthesis-Verlag herauskam (zusammengestellt und mit einem Nachwort von Rolf Stolz).

Der Vater des Dichters – Lehrer, Soldat, Dreher, später Buchhalter bei Krupp, ehe er in Gelsenkirchen einen Lebensmittelladen mit einem Restaurant eröffnete – war aus dem Nordhessischen nach Essen gekommen, die Mutter starb früh. Nach einem Studium in Berlin, Halle und Freiburg lebte Otto zur Linde einige Jahre als freier Schriftsteller in London, ehe er 1902 mit seiner Frau Verena nach Berlin zurückkehrte. 1904 gründete er dort mit Rudolf Pannwitz den Charon-Kreis und die Zeitschrift „Charon“, die bis 1914 und 1920-1922 erschien. Im Alter erblindete er und versank in Depressionen.  

Otto zur Linde ging es um eine radikale Erneuerung der Form, anfangs in Auseinandersetzung mit dem Naturalismus, wenig später in Vorwegnahme von vielem, was den literarischen Expressionismus und Surrealismus ausmachte.

„In Otto zur Linde besitzt die deutsche Dichtung einen rhapsodischen Sänger seltener Art. … Sein Humor flackert in gefährlicher Weißglut. An den Wurzeln des Raums gelagert, ist er lauschendes Ohr kreisender Zeit. Kein Bringer heiterer Welt-Freude in einem verherrlichten Kosmos – aber gewiß ein Fackelträger Jenen, die mit Pascal ,unter Seufzen suchen‘ “. Alfred Mombert (1872-1942, Dichter, 1933 aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen, 1940-1941 deportiert)

Walter Gödden (Hg.): Otto zur Linde Lesebuch. Zusammengestellt von Rolf Stolz. Aisthesis Verlag.

Gesammelte Gedichte.

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