Anflug der Aphorismen
Wozu ist ein Hindernis da? Es zu umtanzen (für Friedrich Nietzsche)
Peter Handke
Alexander Peer bespricht für das Literaturhaus Wien den Band „Vor der Baumschattenwand nachts.“ von Peter Handke:
„Die Dekonstruktion des Aphorismus gelingt, wenn neben dem Tiefsinnigen das Banale steht. Solche Kontraste birgt auch dieser Platz vor der Baumschattenwand. Nachts sind die Bilder wirr, die Gedanken wüst, die Ideen überbordend … die Einsicht ins Leben mitunter matt. Diese Lektüre der Einschübe ist auch eine Beobachtung des Lesers Peter Handke: Von Ibn 'Arabi über Goethe, Balzac, Thoreau bis zu Mayröcker sowie unzähligen Autorinnen und Autoren mehr zeugen die Zitate und Anmerkungen. Wie schon in den frühen Romanen gewissermaßen als Subroman präsent (beispielsweise Karl-Philipp Moritz' „Anton Reiser“ in „Der kurze Brief zum langen Abschied“) zeigt auch die etwas intimere Einsicht durch solch ein Kompendium wie die 'Baumschattenwand' Handkes mäanderndes, ungebrochen vitales Lesen. Ein sozusagen chronisches Nomadentum in sich zu tragen bedeutet demnach auch, lebenslang ein suchend Lesender zu bleiben. Gerade dieses Zitieren, das manchmal bloß einer flüchtigen Berührung verpflichtet ist, wird deshalb persönlich, weil es ohne lästiges wissenschaftliches Quellenstudium und ohne Anspruch auf Zusammenhang im Ursprungstext auskommt. Ein solches Zitieren verleitet zu einem Lesen der Aneignung. Aneignung im Sinn eines gesegneten Spinnens. Literatur als Weiterspinnen von Literatur.“
Peter Handke: Vor der Baumschattenwand nachts. Zeichen und Anflüge von der Peripherie, 2007-2015. Jung und Jung.
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