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Dienstag, 31. Mai 2016

Verzweiflung schweißt zusammen

Crowd-Tag-6 (von Mo i Rana nach Trondheim und weiter nach Oppdal).

Bitte lass uns nicht über Trondheim reden.
Wir lesen im Coffee Annan. Witziger wird's nicht mehr. Wir kommen nach acht Stunden Fahrt eine Stunde zu spät an. Das Coffee Anan hat bereits geschlossen. Wir raus aus dem Bus und rauf auf die Bühne. Schöne Bühne, schön wäre auch die Stadt, wir sollten sie nicht sehen. Es streiken nämlich die Hotels in Trondheim (eigentlich in ganz Norwegen, aber in Trondheim erwischt es uns hart, wir müssen nach dem Auftritt knapp drei weitere Stunden in den Busknast, um in einem Wintersportressort namens Oppdal Unterkunft zu finden).
Das Coffee Anan schenkt leider keinen Alkohol aus. Die Lesungen? Schön, spröde, öde. Nein, das war ein Ö-Schmäh. 
Die serbische Österreicherin beginnt und macht aus ihrem Unwillen keinen Hehl. Ich scheiß mich nichts und akronyme chinesisch. Schweden lässt sich nichts anmerken. Belgien macht französisches Pathos mulitmedial und -lingual – das dauert natürlich. 
Im Kulturhaus Oppdal haben wir nicht gelesen, aber im nahegelegenen Hotel geschlafen
Unser Zypriot liest auf griechisch, es werden schwedische Übersetzungen gezeigt, wir sind in Norwegen, ein Viertel des Publikums muss aufs Klo. Danach emigriere ich geistig und wünschte, ich hätte den Alko-Laden-Einkaufstipp beherzigt. Ein Frydenlund hülfe auch. Aber nein. Unser tschechischer Schlussmann schenkt uns doppelt so viel Poesie wie vorgesehen ein. Danach findet er ein kaputtes Fahrrad und verstaut es glücklich im Bus. Wir steuern eine Tankstelle an und verbringen dort 45 Minuten – immerhin mit Blick auf Trondheim. Und als wir Tronheim endlich Richtung Oppdal verlassen, wird gemeinsam im Bus alles getrunken, was mehr als 40 Prozent Alkohol hat. Danke finnische Schwester und tschechischer Bruder.

Freitag, 27. Mai 2016

Eh schön, aber

Crowd-Tag-5 (von Tromsø nach Mo i Rana).

Man könnte zu den Lofoten abbiegen. Man kann Fagernes, Ramfjord, Laksvatn, Nordkjosbotn, Heia, Setermoen, Bjerkvik, Narvik, Ballangen, Skatberget sowie jede Menge Brücken, Berge, Meer sehen und dann erst einmal anstehen und auf die Fähre nach Bognes warten.
Die Überfahrt ist eine willkommene Abwechslung und bläst einen ordentlich durch. Man wird registrieren, dass man grad im Knut-Hamsun-Gebiet ist, man kann sich gegenseitig darüber in Kenntnis setzen, dass einem die Bedeutung von Hamsun klar ist, dass man aber nicht einmal "Hunger" gelesen hat. Man hat freilich Hunger, weil man ja seit Stunden im Bus sitzt und noch immer finnische Brötchen und Bananen ist, die zwar nach wie vor für tadellose Dichtung sorgen, aber schon längst mehr als auf die Nerven gehen. Man hat aber vorerst nicht Zeit, einen längeren Stopp einzulegen, da die Strecke gnadenlos lang und kurvenreich ist. Sie ist freilich auch unvergleichlich schön – zwei Stunden lang.
Üppig bewachsene Dächer, Berge spiegelnde Seen, Wasserfälle und Zeltlagerplatzromantik. Die Umgebung lässt mich viel an meine Kindheit und Ausflüge denken. Im glasklaren, eiskalten Bachwasser stehen und Dämme bauen. Steine suchen, die zum Pfitschen geeignet sind. Erdäpfel in Staniolpapier wickeln und ins Lagerfeuer legen, geplatze Frankfurterwürstel und Singlerafting mit dem Lkw-Schlauch vom Onkel Walter. Helgeland präsentiert sich als unendlicher Romantik-Camping-Platz. Wir können leider nur zum Pinkeln stehen bleiben. Die schönsten Plätze sehen wir so nicht. Aber wir haben ja Vorstellungskraft und Sitzfleisch.

Wir erreichen das Hotel mit Blick auf eine Baustelle nach 15 Stunden Fahrt gegen Mitternacht. Busfahrer Matti stehen nun gesetzlich mindestens 12 Stunden Pause zu. Für Mo i Rana hätten weniger gereicht, nicht so für Trondheim.