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Mittwoch, 25. Mai 2016

Santa Claus und Rentierauflauf


Crowd-Tag-3 (von Rovaniemi nach Enontekiö)

Man könnte sich darüber wundern, dass mexikanische Restaurants hier so verbreitet sind, Espressobars hingegen nicht. Man könnte staunend zur Kenntnis nehmen, dass kaum ein Haus hier älter als 80-90 Jahre ist, eines davon aber das Korundi-Museum zeitgenössischer Kunst mit phantastischem Konzertsaal beherbergt. Man kann sich durch Rezitieren eines Gedichts immerhin einen Korundi-Kugelschreiber verdienen. Man kann nachfragen und sich an die Politik der verbrannten Erde erinnern. Ja, die Nazis haben Rovaniemi komplett abgefackelt.
Pappmasche heißt flaxpaperpulp heißt Pellavakuitupaperimassa. Die Keramiknippesparade und die psychodelische Begockelung im Frisörsalon Hahnenkamm gefällt. Angenehm wenig Plumpblödeleien und auf der Lapplandpizza sind Ananas. Meine heißt Dillinger und hat mehrere Fleischauflagen: von Bolognesesoße über Salami bis Rentierschnitzelchen. Im Hintergrund laufen Saxophonversionen von 80er Pophits mit Schnulzenfokus.
Die Dröhnung sorgt nach wie vor für angenehmes Gedämpft- aber Aufnahmefreudigsein. Nach dem Museum geh ich essen. Noch sind beide Gruppen zusammen, bald wird der Bus von Team 2 übernommen. Jetzt gilt es Busproviant zu besorgen. Aufgrund der jeweiligen Verhaltensweisen lässt sich schon sehr viel über Crowd-Team-2 mutmaßen.
Mutmaßen macht Spaß, bestätigt werden auch und widerlegen lass ich mich jederzeit gern. Widersagst du dem Vorschnellen Urteil? Ich widersage vorerst nicht. Widersagst du dem Nachmittagsbier? Ich widersage definitiv nicht. Widersagst du der Wiederholung. Ich widersage wiederholt nicht. Ich beziehe einen Sitzplatz in der Busmitte gegenüber von Schweden. Tschechien macht sich in der letzten Reihe breit. Dann Serbien/Österreich und Belgien und vor Schweden und Österreich, Frankreich/Deutschland, Zypern und der finnische Block (2 Führerinnen, 1 Poet, 1 Busfahrer). Keine Sorge, Namen werden folgen. Es folgt vorerst: Das Betreten des Polarkreises.

Ein aus dem Boden gestampftes Touristenressort: Santa Claus Postamt, Rentiertitsch, putzige Holzhütten und diverse Bodenmarkierungen. Da wurde nichts ausgelassen. Aber hei, ich will das jetzt gar nicht zu kritisch beäugen. Die Sonne scheint. Ich am Polarkreis. Santa Claus auch da. Die Vorabendimprägnierung hält noch an. Da kann man schon auch mal einfach unreflektiert glücklich sein. Jetzt ist es aber Zeit, Kilometer zu machen. Rein in den Bus und Landschaftsfilm ab.

Ich sitze im Crowd-Bus und lasse finnische Landschaft an mir vorüberziehen. Ich sehe: Bäume, Himmel, Wasser. Bäume im Wasser, Rentiere, rostbraune und senfgelbe Hütten. Bäume. Birken, Tannen, Fichten. Birken im Wasser, Tannen im Wasser, Holz vor den Hütten. Schneereste, Schmelzwasser, Flaggen im Wind. Weiß-blaue Flaggen. Flaggen ohne Bäume. Immerhin.

Fünf Stunden Fahrt zeigen Birkung. Doch dann – Zivilisation: eine Hütte, mehrere Hütten, eine Kirche, zwei Burger-Buden und unser Hotel in Enontekiö.

Polarkreis und Circledance bzw. Tanzbär- und Wodkapremiere

Crowd-Tag-2 (Rovaniemi)
Rovaniemi ist die offizielle Heimstadt von Santa Claus. Rovaniemi liegt fast schon am Polarkreis und in Lappland. Rovaniemi hat Rockhouse und Karaokebar, Rentierkebapstände und Burger-Burger-Burger-Buden. Rovaniemi hat einen Hipsterladen mit trinkbarem Espresso. „Fischköpfe und Rentierschienbeine waren die Lieblingsgerichte von Kalle und Matti“ steht auf einem gefalteten Frühstückstischkärtchen, nicht im Hipsterladen.
Jaja, tyttö heiß Mädchen und puu Baum. Aber hier ist kein Platz für Fremdwörterwitzchen du pöllöpää (Uhukopf). Für Wortspiele muss immer Platz sein. Rovaniemi ist die Stadt der ersten Staffelübergabe.
Eine wodkagrundierte Crowd-Crew erreicht die Stadt etwas später als das Team 2. Im Stadtbild sollten beide Crowds eindeutig als nicht ins Stadtbild passend identifiziert werden. Die Fusionierung findet im Keller des Hipsterladens statt und sollte, da entsprechende Schmiermittel vorhanden, harmonisch verlaufen.
Zwar ist Gruppe 1 bereits unbeeindruckt von der Tatsache, dass man sich vorwiegend selbst vorliest und begießt dies konsequent, was Gruppe 2 sich so noch nicht ganz traut, aber auch Gruppe 2 sollte schnell lernen. Der bosnische Poet sollte von der finnischen Österreicherin und der Zypriotin heimgetragen werden, der Däne schläft kurz mal im Ohrensessel, um sodann fröhlich ab- und weiter zu zappeln und am nächsten Tag sehr froh zu sein, dass es der letzte Tag ist.
Karaokebar Hulibumba
Ich selbst versuchte mit allen mindestens einmal anzustoßen und ließ es mir im Anschluss nicht nehmen, sowohl das Rockhaus als auch die Karaokebar Hulibumba zu besuchen.
Und was sollte ich erleben? Im Rockhaus bestätigte sich jedes Metal-, in der Karaokebar jedes Karaokebar-Klischee (Tequila Bitches dort falsch singende Familienverbände dort und der Türsteher hatte keinen Hals).
Auf Klischees ist Verlass, auf eine solide 10 Bier Dröhnung auch.
Die Nacht war intensiv, die Dunkelheit und der Schlaf kurz, der Erlebnisfaktor hoch und das Frühstück hab ich dennoch nicht verschlafen. Was ich da allerdings mit den Mutigen, die sich zu mir setzten sprach, lässt sich in keinster Weise wiedergeben. Für Wiederholungen sollte Zeit genug bleiben.

Da steht schon mal ein Ratrack vor den rostbraun-weiß gerahmten Holzhäuschen. Hotel heißt dankenswerterweise Hotelli. Auf der Lappland-Pizza sind Ananas.

Minä tulen juusto. Heißt in etwa "ich komme von Käse" ob ich dabei den richtigen der 15 Fälle erwischt habe, weiß ich natürlich nicht. Das Finnische Alphabet hingegen hat nur 21 Buchstaben. Anteeksi (Entschuldigung) aber das ist kaunis (schön). Betont wird übrigens immer der erste Vokal.

Wer gern lüftet, hat es schwer. Fenster sind hier kaum zu öffnen, zumal Mosquitos bald eine Plage (Kiitos Mosquitos!).