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Sonntag, 3. Mai 2015

Präriefeeling und Rallyesonderprüfung

Osch-Naryn: TAG 5
Schlaglichter einer Reise (7Uhr30 bis 17Uhr)
* Und der, der am grimmigsten ausschaut, ist in Camouflage-Montur, trägt stolz ein Funkgerät und schwere Stiefel und ist am Rollfeld dafür zuständig, dass niemand ein Foto macht. Osch-Airport spionagegefährdet?
* Die Pegasus-Stewardessen-Uniformen sind elegant-retro-fesch. Alle schauen aus wie Schmuckschatullen mit dezenten Goldschnörkeln.
* Der Bus-, Taxibahnhof in Bischkek wartet mit einer Bezahltoilette auf, die viele Menschen meines Bekanntenkreises einen Nervenzusammenbruch bescherte.
* Wir kaufen uns eine PKW-3er-Bank zu zweit und warten auf einen weiteren Fahrgast für vorne.
* Los geht’s gleich mit einer ziemlichen Puckelpiste samt Gegenverkehr. Eine schöne Einstimmung auf fünf Stunden Rallye.
* Unser Fahrer holt alles aus seinem fünfundzwanzig Jahre alten Toyota raus. Polizeikontrollstellen passiert er mit am Schaltknüppel eingehängtem Gurt. Ja nicht richtig anschnallen!
* Autowerkstätten sind hier noch richtiges Handwerk.
* Großes Hexenbesenangebot am Straßenrand.
* Jetzt grünt ja grad alles und blüht. Werbesprüche werden mit weißen Steinen in den Hang gelegt. Eine dezent-sympathische Methode, die der Landschaft entgegen kommt und dann steht wieder irgendwo ein Denkmal.
* Ja, Erwin Einzinger hat recht: „Ein kirgisischer Western“. Die Kulisse passt: Präriefeeling. Eine verlassene Bahnstrecke aus dem Anno Schnee, windschiefe, hölzerne Strommasten, Steppengrasbüschel, rötliches Gestein, Felsen, frei galoppierende Pferdeherden, Kühe mit Hörnern (gerne bunt eingefärbt), nur die Cowboys schauen anders aus mit ihren weißen Filzspitzhütchen und ihren vollen roten Backen.
* Esel stehen unbeeindruckt auf der Schnellstraße und störrischen vor sich hin.
* Raststättentoiletten legen in Punkto Grindfaktor noch eins drauf: drei dreieckige Löcher im Boden, dazwischen kniehohe Anstandsmäuerchen: 5 Som.
* Ja, hier leben mehr Schafe als Menschen und am stärksten sind Schlaglöcher vertreten.
* Schlaglochslalom-Downhill-Race! Grenzenloses Vertrauen in Stoßdämpfer und Bremsscheiben.
* Ein richtiger Pass kennt keinen Asphalt!

Osch: TAG 4
Ist dann doch immer wieder überraschend, wenn man beim Frühstück in ein süß aussehendes Brötchen beißt und es mit Zwiebeln und Fleisch gefüllt ist. Da kommt Freude auf und Gestern hoch. Denn gestern war natürlich auch Zwiebel. Der Frühstückskoch sitzt gebannt vor dem Fernseher. Es wird geboxt, da bleiben die Pfannen kalt. Für einen – noch dazu mich – steht er nicht auf. Na dann halt Löslichkaffee und Omelette mit Wasweißich. Ach, wär's nicht halb acht und bräucht ich nicht Kraft, schliefe ich noch, Herr Koch. Aber es warten Poetry-Slam-hungrige Studentinnen auf mich!

Mittwoch, 29. April 2015

Osch-Kartoschka

Bischkek - Osch: TAG 3
Unter uns die FERGANA Bergkette - schneebedeckt und beeindruckend und über 4000 Meter hoch. Wir fliegen mit der kirgisischen Fluggesellschaft. Keine kirgisische Airline darf auf EU-Flughäfen landen (aus Sicherheitsgründen). Wir landen tadellos und ich freue mich über das nach frischem Gummi riechende Kofferförderband. Das ist ganz neu und von "Van Der Lande". Neben dem Flughafen ein Fliegerfriedhof. Fettschwanzschafe weiden (sicher irgendwo), Menschen bearbeiten mit Harken ihr Land - wie fremd das anmutet, wenn das ohne Maschinen gemacht wird, auch die Relativität von Mode sticht ins Auge.
Osch ist gleich wieder ein Eck fremder, der höhere Usbeken-Anteil ist evident, das Straßenbild und die Kleider bunt, auch blitzen wieder mehr Goldzähne, wuseln Kinderscharen rum und außerdem auffällig: big-fat-mamas  bieten am Markt gigantische Kartoffeln an. Ob die eigens gecastet wurden? Diese Erdäpfelmatronen wären 1000-Gulden-Fotos. Wahrscheinlich müsste man sie nur fragen, ob man sie knipsen darf. Aber da fehlt mir leider die Sprachkompetenz und so muss ich die Kartoschkaglucken halt beschreiben, wie sie da sitzen, ihr wallendes Kleid ausgebreitet, rund herum offene Säcke mit Kartoffeln unterschiedlichster Größen und Sorten. Das sind Kartoffelaufläufe besonderer Güte, Gesamtkunstwerke. Ach, hätt' ich nicht grad gegessen, ich würde rohe Grundbirnen kaufen, nur um zu sehen, wie sich so eine Fleischkartoffelsymbiose in Bewegung setzt. Ich bin verzückt! Der Bazar ist ohnehin ein konzeptionelles Containerchaos und ein ausgeklügeltes Wellblechwunderwerk.
Im schnuckeligen Vergnügungspark stirbt eine ausrangierte Aeroflot-Maschine vor sich hin, vom Riesenrädchen aus kann man schon ganz schön auf die weit ausgedehnte Stadt blicken, besser noch vom Hausberg, der heilig ist und Sulajman Too heißt. Oben dann Panoramablick total und viele Attraktionen z. B. die Kinderwunschrinne (aber nicht nur). Wandern macht lustig und hungrig: Drum, wo's raucht, da lass dich nieder. Steht wo ein Blechtrog und es qualmt, ist Schaschlick nicht weit. Sei nicht scheu und trau dich ran, die stellen dir dann einen Lagman auf den Tisch, der dich wieder aufpäppelt und auch wenn dir das geheimnisvolle Kojenkonzept nicht ganz klar ist, ist's doch gemütlich hinter den Grillfleischschwaden mit Blick auf den Hausberg.
Voll Osch, ey!
Dass ihr gelb-roter Mercedes-Benz-Bus auf seine alten Tage als Marschrutka Dienst in Osch versehen würde, hätte sich der „Verein für spastische, gelähmte und andere Körperbehinderte“ sicher nicht gedacht. Schön auch, dass der gerade gefolgt wird von „Chuck Norris Enterprise“, später dann rollt noch der „Werkzeugwagen Rohrbereinigung“ an mir vorbei und ich frage mich, ob die Lenker wissen, welchem Zweck ihre Kutschen einst gewidmet waren.

Das ist übrigens Mischa der Bär. Mischa war Maskottchen bei den olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau. Da war Kirgisien ja noch Teil der Sowjetunion. Mischa woht bei mir ums Eck. Ich wohn im Hotel Sunrise und Sonne hatte ich heut auch genug.
Und genug ist allemal ein gutes Schlusswort. Ein Bier noch bitte!