Neu-Jerusalem
kookbooks-Cover auseinandergefaltet (Artwork: Andreas Töpfer)
Michael Braun bespricht den neuen Gedichtband von Ulf Stolterfoht in der Badischen Zeitung:
„Wenn Stolterfoht vom großen Aufbruch der Erweckten ins neue Utopia berichtet, dann mobilisiert er die für ihn typische Sprachkomik, die er aus der Erforschung der regionalen Wurzeln der frommen Pilger ableitet. Hier zeigt er seine sprachakrobatische Meisterschaft: "sie alle waren damals gleichfalls auf der strasse...speckschweizer erweckte; ... / laupheimer mucker; ledige mütter; sodomiten; böhme-versöhnte; / radikale marien und freie susannen (zum teil mit gliedpfannen); / versprengte gerenkte; die gelinden bringer von singen; klempe-/ rer; schweinfurter künder der durft..."
Es gehört indes zu den großen Reizen dieses Buches, dass es auch so manche Prämisse der experimentellen Lyrik ins Wanken bringt. Bislang galt als ausgemacht, dass sich der Lyriker Stolterfoht vorwiegend für die instabilen Verhältnisse zwischen den Wörtern und ihren Bedeutungen interessiert und beharrlich an einer "Entsemantisierung der Kunst" arbeitet. Solche Überlegungen passen aber nicht so recht zu "neu-jerusalem". Denn hier entfaltet der Autor seine Geschichte pietistischer Renitenz in weiten erzählerischen Bögen, ohne diese narrativen Elemente sprachkritisch zu relativieren.“
Ulf Stolterfoht: neu-jerusalem. Gedicht. Kookbooks Verlag. Berlin 2015.
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