Verschwinden der Rituale
Bei Antoine de Saint-Exuperys Stadt in der Wüste heißt es : "Und die Riten sind in der Zeit, was das Heim im Raume ist. Denn es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht und zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. Es ist gut, wenn die Zeit ein Bauwerk ist. So schreite ich von Fest zu Fest, von Jahrestag zu Jahrestag, von Weinlese zu Weinlese."
Auf die Suche nach Stabilität begibt sich Byung-Chul Han in seinem neuen Buch „Vom Verschwinden der Rituale: Eine Topologie der Gegenwart.“ Und versucht deutlich zu machen, wie verloren der Einzelne in einer Gesellschaft zunehmender Individualisierung ist und warum wir uns auf die Suche nach neuen Lebensformen machen sollten. Die Ritualie markieren im vorliegenden Essay keinen Sehnsuchtsort. Sie dienen vielmerh als eine Kontrastfolie, vor der sich unsere gegenwart schärfer konturiert. Ohne Nostalgie wird eine Genealogie ihres Verschwindens skizziert, die jedoch nicht als Emanzipationsgeschichte interpretiert wird. An ihr entlang zeichnen sichdie Pathologien der Gegenwart ab, vor allen Dingen die Erosion der Gemeinschaft.
Byung-Chul Han: Vom Verschwinden der Rituale: Eine Topologie der Gegenwart. Ullstein, 2019.
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