Sonntag, 25. März 2012

Sonntag, 25. März 2012, Brachgasse

Arno stürzte als erster vom Balkon, das tat er gestern Abend mit rechtem Getöse, riß dabei ein künstliches Licht vom unteren Nachbarbalkon mit sich – und war einstweilen verschwunden. Erst eine Stunde später, als ich mit der Laterne immer wieder den Landeplatz aufsuchte, konnte ich ihn wieder einfangen, Jupiterseidank unverletzt und auch sonst gar nicht groß irritiert.

Mehr Aufregung fällt ab, wenn ich an den Ulk “Sommerzeit” denke. Das fällt besonders ins Gewicht, weil ich die Uhren ja eben nicht stelle, sondern in der “Echtzeit” bleibe. Überhaupt: … die Uhren werden eine Stunde vorgestellt …” Werden sie natürlich nicht. Die Irritation – nichts anderes bewirkt dieser Quatsch – ist gewaltig und paßt von dem her hervorragend zu unserer grundsätzliche Zerstörungswut.

Jetzt zum Sonntagsdienst – Leolina ablösen. Nach sechs Stunden dann – löst sie mich wieder ab.

Als erster vom Balkon gefallen: Arno
"Katzen schweben wie Federn, wenn man ihren Magen gegen einen
heliumgefüllten Luftballon Luftballon austauscht."

Freitag, 23. März 2012

Arbeitsatmosphäre am 23. März

Keine neuen Meldungen aus dem Arbeitszimmer, ich verteile die Arbeit über die ganze Wohnung,
lasse etwas Sonne die Seiten bearbeiten (kringeln sich dann so schön).
Maschine – Hand – Maschine ist gegenwärtig die Arbeitsweise, jeder Absatz auf dem Prüfstand.
Damit werde ich auch heute den Tag zubringen. Das ist intensiv, weil kaum Meter gemacht
werden, der Roman also wuchert und wuchert weiter. 17°.

Mittwoch, 7. März 2012

Arno Schmidts Schreibmaschine

Die abgedeckte Adler Universal 200 in Bargfeld

Als Autor, der liebend gerne Typoskripte im Faksimile liest, hat mich schon immer interessiert, mit welchem Instrument andere Schriftsteller aufwarten und welchen Bezug sie dazu haben. John Irving zum Beispiel schreibt seine Manuskripte mit der Hand, und geht dann direkt zum Computer über, wo er die Schriftgröße 16 u. 18 verwendet, was tatsächlich sehr groß ist. Der Zeilenabstand ist doppelt. Das Skript erinnert leicht an das eines Radiomoderators. Der handschriftliche Entwurf, bzw. die handschriftliche Szene ist für mich gar nicht wegzudenken, denn in einem ersten Schreibrausch vertippe ich mich maßlos. Tatsächlich hält mich die Schreibmaschine davon ab, Kinkerlitzchen zu veranstalten und nötigt mich zur Konzentration, damit ich aus dem Notiz-Sirup das machen kann, was meine eigentliche Prosaform ist. Das ist der zweite Schritt. Die meisten Autoren haben einen ganz speziellen Bezug zu ihrer Maschine. Günther Grass hat sich nicht ohne Panik mehrere Modelle der olivetti lettera 22 zugelegt, bevor sie nicht mehr erhältlich war. Ich habe selbst zwei Modelle dieser Marke, die als DAS Modell der Dichter gilt, aber ich schreibe sie nicht, sie hängen bei mir an der Wand. Bis vor kurzem benutzte ich die olympia monika, die auf den ersten Arbeitsatmosphären zu sehen ist. Doch seit ich in Bargfeld auf Arnos Schreibtisch die adler universal 200 stehen sehen habe, war mir klar, welches Modell ich unbedingt schreiben wollte. Es wäre durchaus unbefriedigend, sie nur als Devotionalie zu besitzen, wobei mir das nicht unähnlich gesehen hätte. Seit Jahren bin ich also hinter diesem Stück her, ohne es in funktionsfähigem Zustand aufzufinden. Heute kam sie mit der Post. Aber sie ist für mich leider für die Arbeit nicht zu gebrauchen. So werde ich also erst einmal bei der Olympia hängen bleiben.

Das Original in Bargfeld (Foto 2011)

Die (jetzt eben doch) Devotionalie in der Brachgasse

Montag, 7. Mai 2012, Brachgasse

Kein-Steak-Day

Arno und ich – wir hauen uns heute ein paar Omelette mit Zimt-Apfel rein. Nicht jeden Tag gibts Steak zum Frühstück, also immer dann nicht, wenn wir nach 8 aufstehen. Heute war’s knapp, aber Regeln müssen eingehalten werden. Danach denken wir mal über unseren Obdachlosen nach, der zwei Leichen finden wird. Ob ich in dieser ruhigen Gegend, der ich mich widme, nicht ein etwas übertriebenes Massacker anrichte? Arno ists egal (und ich habe ihn wirklich ein paarmal auf textuelle Unwägbarkeiten aufmerksam gemacht), also machen wir’s. Der Mensch an sich ist eine widerwärtige, gewalttätige und mörderische Sau. Das darf man dann auch darstellen, will man ihn zeichnen.

Eat Kill Fuck!