»Ich weiß, es ist nicht deine
Veranda, Schatz, aber es ist nicht weit davon entfernt, oder?« Dabei lächelte
sie in einem ausgeklügelten System. Willi hätte Ilene am liebsten eine
runtergehauen, eine wie Beethoven, die Bläser doppelt. Unter
mondscheinbehangenen Trauben hatte er ihr erzählt, was ihm diese Veranda bedeutet,
da waren sie noch nicht verheiratet gewesen, noch jedes Wort schön, klingt wie
Geigen. Die Insekten symphonieren waffenstillständisch, erst später wird
gestochen, gekrabbelt, gesummt, belästigt, ins Bier kamikaziert. Draperie des
Mondenscheins, Wasser nicht still, bewegt vom Schunkeln der Erde, angestampfter
Baggersand, Moon am Schlafen, eine Kulisse, wie um die Grotte von Vaucluse.
Bildungen des Zufalls sind Bilder der Schönheit, Erdspalten und Grotten ein
Synonym für das Weibliche. Das wußte auch Petrarca, der hier in die Quelle der
Sorgue blickte und seine Laura besang (Anselm Feuerbach hat‘s dann gemalt). Die
Erde ist voller Löcher, wie ein vom Furzen durchsiebter Käse. Warum sollte
nicht ein vergessene Rasse, deren Stammvater ein Talpa ist, da unten leben,
Ölkerzenalleen anlegen, der Mittelpunktsonne huldigen, angepaßt mit
Schaufelrädern an den Flanken, tellergroße Membrane an den Wangen, das Gehirn
eines Pottwals, trockene Ursuppe, Bruder Ozean, der See hier vielleicht eine
Toilette, denk’ mal dran, wer alles unter Wasser defäkiert und dann erinnere
dich an das Paradies, das kannst du, es ist alles in unseren Zellen
gespeichert, wir sind fleischfressende Mikrochips. Das Hirn, die
Fleischmaschine. Das Leben existenzlos, auch die Welt: existenzlos.
Es hatte nicht lange gedauert,
da war ihm aufgegangen, daß Ilene nicht die geringste Ahnung davon genoß, was
er ihr in dieser flimmernden Nacht hier am Strand eines Baggersees hatte nahe
bringen wollen, sondern daß sie, während sein Mund artiku- und tremolierte,
immer nur an diesen Dichter dachte.
Sie lebte damals noch bei ihren Eltern, Willi bei den seinen. Im Grunde aber ist die Familie hin, der Mensch stockert, kaum aus dem Mutterkuchen gewühlt, alleine herum. Da draußen ist die Welt und sie ist garstig. Beim Selberwaschen verfärbt man seine Kleider, beim Selberkochen verdirbt man sich den Magen, kurz, man überlebt das alles nicht, wenn man zu früh sein Bündel schnürt. Ilene hatte nichts gegen die Hausarbeit einzuwenden, die sie in Ermangelung ihrer Selbständigkeit der Familie hinwarf, fand es sogar aufregend, auf dem Stragula herumzukriechen, den Besenstil fest in die Handfläche geschweißt, verlorene Utensilien im ewigen Kampf gegen das Chaos (der Verlorenheit) nachzuspüren, Teller von Speiseresten zu befreien, daß nur jeder bei Tisch auf seine Bewirtung warten konnte, politische und gesellschaftliche Ereignisse diskutierend, Linsen zählen, eins, zwei, vierhundertdreiundsechzig. Sie muß von Staub zu Staub flattern, das zivilisierte Haus (mit den Räumen zur Essenszubereitung, Essen, Sich-Lieben, Schlafen, Sich-Waschen, Sich-Entleeren, Miteinander sprechen, Eltern und Kinder, Sohn und Tochter, Mann und Frau) in frischem Rosenduft erblühen lassen. Sauberkeit ist fern dem Verfall, wagst Du es, mit deiner Zunge von der Haustüre zum Eßtisch, um die Stühle herum zum Bad, über die Klobrille zu fahren, sind wir für ein paar Stunden erlöst.
Sie lebt in einer umgebauten Garage, liegt in den rostigen Träumen der Blechglieder, der Auspuff-Ejakulationen. Sie robbt, ist als Kind schon auf den Knien herumgewienert, durfte auf einem Stuhl stehen, abtrocknen, Taschentücher bügeln, mit dem Schaum der Kochwäsche spielen, der aus dem Kopflader wallt, Zipfelknoten in die Bettlaken machen an Prokrustes‘ Bett (in das, nimmt man die Axt zu Hilfe, ein jedes Menschenetwas paßt).
Sie lebte damals noch bei ihren Eltern, Willi bei den seinen. Im Grunde aber ist die Familie hin, der Mensch stockert, kaum aus dem Mutterkuchen gewühlt, alleine herum. Da draußen ist die Welt und sie ist garstig. Beim Selberwaschen verfärbt man seine Kleider, beim Selberkochen verdirbt man sich den Magen, kurz, man überlebt das alles nicht, wenn man zu früh sein Bündel schnürt. Ilene hatte nichts gegen die Hausarbeit einzuwenden, die sie in Ermangelung ihrer Selbständigkeit der Familie hinwarf, fand es sogar aufregend, auf dem Stragula herumzukriechen, den Besenstil fest in die Handfläche geschweißt, verlorene Utensilien im ewigen Kampf gegen das Chaos (der Verlorenheit) nachzuspüren, Teller von Speiseresten zu befreien, daß nur jeder bei Tisch auf seine Bewirtung warten konnte, politische und gesellschaftliche Ereignisse diskutierend, Linsen zählen, eins, zwei, vierhundertdreiundsechzig. Sie muß von Staub zu Staub flattern, das zivilisierte Haus (mit den Räumen zur Essenszubereitung, Essen, Sich-Lieben, Schlafen, Sich-Waschen, Sich-Entleeren, Miteinander sprechen, Eltern und Kinder, Sohn und Tochter, Mann und Frau) in frischem Rosenduft erblühen lassen. Sauberkeit ist fern dem Verfall, wagst Du es, mit deiner Zunge von der Haustüre zum Eßtisch, um die Stühle herum zum Bad, über die Klobrille zu fahren, sind wir für ein paar Stunden erlöst.
Sie lebt in einer umgebauten Garage, liegt in den rostigen Träumen der Blechglieder, der Auspuff-Ejakulationen. Sie robbt, ist als Kind schon auf den Knien herumgewienert, durfte auf einem Stuhl stehen, abtrocknen, Taschentücher bügeln, mit dem Schaum der Kochwäsche spielen, der aus dem Kopflader wallt, Zipfelknoten in die Bettlaken machen an Prokrustes‘ Bett (in das, nimmt man die Axt zu Hilfe, ein jedes Menschenetwas paßt).
Ilene ist gut situiert, ihren Eltern gehört ein Schrottplatz, die Leute müssen ja alle wohin mit ihrem Alteisen, das geht nicht so einfach in den Hausmüll. Was sie an Willi findet, wollt ihr wissen, aber das ist nur zu erraten. Vielleicht besorgt er es ihr auf eine ungewöhnliche Weise, gibt ihr schon mal hinten eine druff, daß es schallt und den Schinken einfärbt … so richtig festzurren läßt sie sich allerdings nicht (er hat durchaus öfter versucht, sie mit ihren Nylonstrümpfen an einen Stuhl zu binden). Einmal gelang es ihm, das wäre fast ihr Aus gewesen. Ihre drohenden, dann bettelnden, dann kreischenden Argumente hatte er zunächst für diese klitzekleine Nuance gehalten, die den Unterschied ausmacht, für ihren Part in diesem Stück (außer Stillhalten natürlich, zumindest bis er fertig war), verstand den Spaß jedoch nicht, brachte nur sonnenverwöhnte Gebärden zustande, deren Gegenteil er oft in den Hinterhöfen der Porzellanstadt Selb bewundert hat. Das ist ein ganz anderes Leben da, Himmel und Hölle auf den Parkplätzen, die Sprache ist archaisch, die der Räuber und Sammler, in gewisser Abwägung der Risiken, und erfüllt dafür ihren vollkommenen Zweck. Deshalb ist sie auch nicht geeignet, in irrationalen Gefilden zu denken und solche Mitteilungen zu machen.
Ilene schaukelt mit dem Stuhl und quiekt, soweit sie das mit ihrem Knebel eben kann, aber dann bekommt sie eine Hand frei und faltet sie zur Faust. Ihn interessiert, was sie da in ihr Halstuch grunzt und nimmt es ihr aus den Zähnen, sie
»...wirst mich sofort losbinden!«
sieht phantastisch aus, zermümmelt von der Wut, die Augen wie Dampfdruckkessel, Nüstern prall Luft einholend, sagenhaft, wirklich...
»...oder...!«
Auf dieses ‹oder› will er sich nicht einlassen, seine Gier verstummt, purzelt schwerkraftgeläutert wieder gen Küchenboden, dem frischen, sauberen Parkett.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen