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Eine Dorflegende: Das Gasthaus 'Zum Egertal' |
Im ‘Egertal’ stank es damals, gleich wenn man durch die Tür strauchelte, nach pissegtränktem Klostein. Nirgendwo auf der Welt habe ich je diesen nierigen Geruch erfasst, der jetzt freilich verschwunden ist.
“Der Wirt hieß Konrad und als er starb, hieß die Wirtin Erna. Sie war die Wiedergeburt eines Perlhuhns aus dem 18ten Jahrhundert”, habe ich in meinem ersten Roman Seelen am Ufer des Acheron geschrieben. Tatsächlich ist das die erste Notiz, die je zum Acheron gemacht wurde. Ich war 15 Jahre alt und ich schrieb sie hier.
Das verblüffende Bild, als ich von der Hohenmühle nach Schwarzenhammer fuhr: die Kulisse steht, aber die Menschen sind verschwunden. Das Dorf ein verlassener Jahrmarkt, die Requisiten vergessen.
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Die Kulisse steht |
Sicher, man hat das Schloss neu angepinselt, aber das hat man von jeher getan. Eine Imkerei ist eingezogen – eine homogene Veränderung. Es gibt gegenüber in der alten Schule einen Tanzsaal. Doch das sind keine abenteuerlichen Neuerungen innert 30 Jahren. Fast fürchte ich, mir zu begegnen, mich aber nicht zu erkennen. Denn wer ich bin und wer ich war – das sind mir zwei ungelöste Rätsel. Eines ist mir gewiss: man kehrt niemals zurück. Heute bin ich Beobachter, nicht darin enthalten in dem, was ich sehe. Ich sehe ja nichts Fremdes. Ich sehe mein Eigentum, mein erinnertes Eigentum. Ich sehe das Egertal, das für all meine Kneipen herhalten muss, und ich rieche das Gewaber aus dem Pissoir, obwohl es gar nicht da ist. Die Kneipe ist zu, die Tür aber auf. Natürlich gehe ich rein – in die Leere, in das unveränderte Gemäuer. Ich wäre beruhigter, wenn ich hätte sagen können: Früher war hier … Gut. Früher war hier – eine Lebendigkeit, die abgestorben ist.
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Im Gespräch mit dem jetzigen Besitzer |
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