Montag, 7. April 2014
Der Jäger Gracchus (Franz Kafka)
Das, was sich fortwährend auf dem Weg befindet, auf Reisen ist, wirkt lebendig - man sieht es ihm an, da will einer am Universum teilhaben, koste es, was es wolle; ein unruhiges Flackern nur, aber ohne still zu stehen, wird er nicht das Ziel des Gewöhnlichen werden.
Einer der vollendetsten Schriftsteller ist deshalb mit Recht vollendet zu nennen, weil sein Werk in ständiger Bewegung blieb. Es handelt sich um Franz Kafka.
Sein Jäger Gracchus ist ein Paradebeispiel, einmal für das absurde Dasein, zweitens für das nutzlose Wandern, das aber durch die stete Unruhe dennoch einen geheimen Sinn zugesprochen bekommt. Der Mensch in seiner Isolation ist fähig, sich selbst zu reflektieren, er macht sich eines Tages auf, sich selbst zu finden, und es ist keineswegs eine Ironie, daß er sich auch tatsächlich auf den Weg machen muß, daß er also nicht zuhause sitzen bleibt und sagt: „Hier sitze ich und ich kann mich im Spiegel sehen, außerdem fühle ich mich hier und muß es folglich auch sein.“
So ein Mensch wird sich aber niemals begegnen und im Angesicht des Todes mag es wahrscheinlich sein, daß er zu sich kommt und traurig ist, weil er sich nicht gesucht hat. Alles weitere wäre spiritistische Spekulation, etwa zu behaupten, man müsse das Leben wiederholen wie man eine Klasse in der Schule wiederholen mußte, wenn man mit dem Papier nichts weiter anzufangen wußte, als die Starfette der Papierflieger um einige meisterlichen Origamikreationen zu erweitern, möglicherweise sogar mit gefalteten Bomben unter den Flügeln.
Der Jäger Gracchus ist ein erschreckend gutes Fragment, und abgesehen von der Sinnfigur des unendlichen Wanderers, wird es gerade dadurch, daß es sich um ein Fragment handelt, zum umfassenden Symbol dessen, was ich ein Werk in Bewegung zu nennen pflege.
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