Posted On April 20, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Bücher, Litmag
Wie Hass entsteht Simon Michailovic, geboren im bosnischen Foce, lebt seit 1969 in Berlin. Dort hat er auf einer der vielen Demonstrationen jener Jahre seine Frau Barbara kennen- und lieben gelernt. Zusammen haben sie einen Sohn Sascha, der Anfang der neunziger Jahre das Haus verlässt. Simon und seine Barbara sind sich mit den Jahren fremd geworden, vor allem auch deshalb, weil sich, wie Barbara sagt zwischen ihnen „immer mehr diese verdammte Stadt Foca geschoben hat“. Sie ermuntert ihren, unter den Nachrichten aus Bosnien leidenden Mann doch einmal wieder in seine
Read More Der smarte Henry ist wieder da „Henry der Held“ – im Original durchaus mehrdeutiger „A Star called Henry“ betitelt – von Roddy Doyle gilt zweifellos als einer der bedeutendsten Romane irischer Gegenwartsliteratur. Mit „Jazztime“ ist nun die Fortsetzung erschienen, die fast am Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheitert. In „Henry der Held“ schildert Doyle in einer sinnlich-ausufernden Sprache die Jugend von Henry Smart, der als ein rosiger Prachtkerl inmitten von Hunger, Elend, Ratten und Dreck im Dublin des beginnenden 20. Jahrhunderts zur Welt kommt und im Alter von vierzehn Jahren am
Read More Posted On April 11, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Litmag
Ein Kommentar zur Wahl in Italien von Carl Wilhelm Macke Wenigstens eines war schon kurze Zeit nach Schließung der Wahllokale in Italien sicher: linke deutsche Politiker und Intellektuelle können weiterhin beruhigt in die Toskana reisen. Diese mittelitalienische Genuss-Region ist seit Jahrzehnten fest in Hand der ‚Roten’ – was immer das heute nach dem Zusammenbruch der diversen linken Weltbilder und Projekte auch heißen mag. Auch nach Bologna, der Heimatstadt von Romano Prodi, kann man beruhigt fahren. Die Anti-Berlusconi-Stimmung ist dort stark und auch überall spürbar. Aber sonst…? „Wenn der wieder die
Read More Posted On April 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag
Sibirischer Selbsterfahrungstrip Die ehemalige ZEIT-Redakteurin Merle Hilbk hat in Sibirien die „russische Seele“ gesucht. Gefunden hat sie vor allem ihre eigene urdeutsche „protestantische“. Ihr erstes Buch „Sibirski Punk“ ist das schriftliche Zeugnis dieses Selbstfindungsprozesses. „In Sibirien zu leben, ist eine einzige Freude: Von hier gibt es keine weitere Verbannung, das war’s, man ist angekommen, und daraus entsteht die Freiheit der Straflosigkeit, eine besondere, wilde Moral,“ resümierte Viktor Jerofejew 2001 in seinem Sibirien-Porträt für die ZEIT. Die Journalistin Merle Hilbk würde dem Moskauer Schriftstellers wohl nicht uneingeschränkt zustimmen können. Als sie
Read More Zugegeben: John Irvings elfter Roman, „Bis ich dich finde“, ist lang – mit 1140 Seiten in der deutschen Ausgabe sogar sehr lang. Und er hat – gerade im ersten Teil, der die Odyssee der Hauptfigur Jack Burns als kleiner Junge an der Hand seiner Mutter durch Europa schildert – durchaus seine Längen. Doch die Leser, die bereit sind, John Irving durch die Lebensgeschichte seiner Hauptfigur zu folgen, werden belohnt werden: Mit einer prallen, psychologisch dichten Geschichte über Liebe und Verlust, über Hoffnung und Betrug, über Wahrheit und Lüge. Von Petra
Read More „Ich glaube nicht an Zufälle!“ Man muss sich John Irving als einen glücklichen Menschen vorstellen. Entspannt und aufgeräumt sitzt er im Salon des Wiener Edel-Hotels „Imperial“, um über seinen neuesten Roman „Bis ich dich finde“ zu sprechen. Der Schriftsteller John Irving im Gespräch mit Petra Vesper. Kein Wunder: Die Stadt an der Donau liegt dem US-Autor zu Füßen. Gerade sind anlässlich der Aktion „Eine Stadt, ein Buch“ 100.000 Exemplare seines Erstlings „Lasst die Bären los“ gratis verteilt worden. Die Freiexemplare seines Debüts, das in weiten Teilen in Wien spielt, waren
Read More Posted On März 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag
Grenzgänger Denk ich an den wilden Osten, denk ich an Wodka und Kalaschnikows. So das gängige Klischee im Westen, wenn von Russland und seinen ehemaligen Satellitenstaaten die Rede ist. Die Autoren des Erzählungsbandes „Wodka Kalaschnikow“ versuchen, gegen diese Vergröberungen anzuschreiben und ihre postsowjetischen Erfahrungen in Worte zu fassen. Wahrscheinlich wissen die Amerikaner nach dem Untergang des Sowjetimperiums über Osteuropa genauso wenig wie zuvor. Das von Ronald Reagan einst an die Wand gemalte „Reich des Bösen“ hat bei den meisten US-Bürgern einen festen Platz in der Galerie der Vorurteile. Abenteuerliche Vorstellungen
Read More Posted On März 6, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Litmag
Warum eigentlich kommt nur eine Filmregisseurin wie Lina Werthmüller auf diese Idee? Sie suchte für einen ihrer Filme einige junge Darstellerinnen. Gut zweihundert Mädchen meldeten sich, um so vielleicht einmal eine Karriere als Schauspielerin zu beginnen. Die Werthmüller ließ sie sich vorstellen. Die Mädchen mußten zwei, drei Sätze sagen, einige gestische Bewegungen vorführen. Vielen gelang es gut und die entsprechenden Mädchen glaubten dann schon, vor den strengen Augen der Wertmüller bestanden zu haben. Doch dann ließ die Regisseurin den jungen Möchtegern-Sophia-Lorens etwas machen, auf das keines der Mädchen vorbereitet war.
Read More Posted On Februar 27, 2006By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Aus Zeit und Raum gefallen Leonid Zypkin hat zu Lebzeiten keine einzige Zeile seiner zahlreichen Gedichte, Novellen oder Prosastücke veröffentlicht gesehen. Mit Inbrunst schrieb der 1926 als Kind russisch-jüdischer Eltern geborene Mediziner unter einem repressiven Regime unverdrossen für die Schublade. Jetzt ist sein Roman „Ein Sommer in Baden Baden“, den Susan Sontag zu den „schönsten, anregendsten und originellsten Werken des vergangenen Jahrhunderts“ zählt, erstmals ins Deutsche übersetzt worden. „Ein Sommer in Baden Baden“ erzählt die Geschichte des 1867 mit seiner Frau Anna Grigorjewna nach Deutschland reisenden Fjodor Dostojewski und auch
Read More Posted On Februar 26, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Litmag
Journalistische Arbeit hat auch etwas mit Berufsehre zu tun, die man aber nicht durch die Lektüre eines ‚Medienkodex’ erwirbt. Auch daran könnte man ja heute hin und wieder in der journalistischen Ausbildung erinnern. Eigentlich kann man dagegen nichts einwenden. Da hat ein Kreis sehr erfahrener und seriöser Journalisten einen Kodex erstellt, an dem man sich als Journalist bei seiner Arbeit halten soll. In dem „Netzwerk Recherche“ sind vornehmlich investigative Journalisten aus verschiedenen Medien organisiert, die sich regelmäßig, oft auch vorbildlich selbstkritisch, über ihre Arbeit austauschen. Ihr Urteil in Medienfragen hat
Read More Posted On Februar 23, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Bücher, Litmag
Friendly Fire „Blood sells“ – aber diese Chronik des Schreckens nimmt kaum jemand war. Laut einer Statistik der International Federation of Journalists ( IFJ) war das Jahr 2005 so schlimm wie nie zuvor für Journalisten. 2005 haben 150 Journalisten und Medienmitarbeiter in Ausübung ihres Berufes den Tod gefunden. Laut dem Bericht hat sich der „Trend zu gezielten Ermordungen von unliebsamen Berichterstattern im vergangenen Jahr verstärkt. 89 Journalisten sind Kriminellen, politischen Extremisten oder paramilitärischen Gruppen zum Opfer gefallen.“ Nach wie vor gefährlichstes Land für Journalisten ist der Irak, wo 35 Journalisten,
Read More Posted On Februar 19, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Litmag
Ziviler Liberalismus Mit den Olympischen Winterspielen hat diese Erinnerung nichts zu tun, mit der jüngeren Geistesgeschichte von Turin aber sehr viel. Barbara Allason ist heute ein vergessene Frau und von der Kultur, die sie repräsentierte, berichten nur noch einige Bücher. Man stößt auf den Namen Barbara Allason heute eher beiläufig. In Fußnoten oder in Nebensätzen. Zum Beispiel in einem längst vergriffenen Buch des Regensburger Romanisten Johannes Hösle über den Schriftsteller Cesare Pavese. An einer Stelle kann man da lesen, dass es in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Turin
Read More Posted On Februar 13, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag
Nur geträumt? Der gefeierte Jungautor Jan Costin Wagner hat bereits mit seinen beiden Kriminalromanen „Nachtfahrt“ und „Eismond“ bewiesen, dass er mit knappen Worten differenzierte und eindrucksvolle Charaktere zeichnen kann. In „Schattentag“ wagt er sich mit ebendiesem Stil an die verwirrende Gedanken- und Gefühlswelt eines blinden Familienvaters. Wenn das Augenlicht verloren geht, gewinnen Erinnerungen an Bedeutung. Die Gegenwart wird nur noch im Schattenriss, in Geräuschen und Berührungen wahrgenommen. Und immer wieder mit Bildern aus der Vergangenheit abgeglichen, bis auch diese irgendwann verblassen und einer neuen Vorstellungswelt weichen. Auf diesem Grat zwischen
Read More Posted On Februar 8, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Bücher, Litmag
Gesetze sind teuer – Die Erfolgsstory des Silvio Berlusconi Für einen italienischen Verleger dürfte es ein großes Wagnis sein, heute noch eine neue Biographie von Silvio Berlusconi auf den Markt zu bringen. In seinem Heimatland wissen Freunde wie Gegner des mailänder Medienunternehmers heute scheinbar alles über dessen Leben, dessen politischen Ansichten, dessen Reichtum. Seine Dauerpräsenz in allen Fernsehkanälen, die ihm ja auch fast ausnahmslos alle gehören, hat bei Italienern zu einer großen Ermüdung geführt. Und er selbst soll jetzt am Beginn des großen Wahljahres sogar gesagt haben, dass er es
Read More Posted On Januar 26, 2006By Carl Wilhelm MackeIn Bücher, Litmag
Die Nachbarn des nächsten Nachbarn In einer kleinen, 1923 erschienenen Buchrezension hat Joseph Roth einmal ein auch heute noch gültiges Motto für guten Journalismus verfasst: „Ein Journalist“, schreibt Roth, „kann, er soll ein Jahrhundertschriftsteller sein. Die echte Aktualität ist keineswegs auf 24 Stunden beschränkt. Sie ist Zeit- und nicht tagesgemäß“. Der Journalist als Jahrhundertschriftsteller – ein großes, fast zu pathetisches Etikett, das man nur wenigen zeitgenössischen Publizisten zuerkennen möchte. Ryszard Kapuscinski, den langjährigen Auslandskorrespondenten polnischer Nachrichtenagenturen und Zeitschriften, wird man sicherlich zu diesem kleinen Kreis rechnen können. In Polen hat
Read More Getrennte Zwillinge Traumartig und doch gestochen scharf entwirft der elegante Erzähler Loriga seine New York-Vision, die Mental-Map einer traurigen und zerrissenen Stadt. New York war schon immer mehr als eine Stadt: ein Mythos, ein Symbol des Amerikanischen Traums, if you can make ít there, you can make it everywhere. Vom Tellerwäscher zum Millionär erschien nirgendwo greifbarer, als in dieser traumdurchdrungenen, pulsierenden Metropole. Seit Stephen Cranes Maggie und Dos Passos’ Manhattan Transfer wird auch die dunkle Seite des Mythos mitgedacht; die Stadt als Menschenfresser, der Moloch als Maschine, die Entfremdung produziert,
Read More Posted On Januar 19, 2006By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Ein Brennen und Verzehren Georges Batailles 1944 geschriebenes Nietzsche-Buch ist bis heute eines der radikalsten und subjektivsten Annäherungen an jenen Philosophen, der mit seinem Diktum des „Gott ist tot“ ein neues Zeitalter des Denkens eröffnete. Bataille belässt es „In Nietzsche und der Wille zur Chance“ bei weitem nicht bei einer diskursiven Interpretation, sondern lässt uns Zuschauer bei dem Versuch werden, Nietzsches Philosophie konsequent zu leben, „bis zum Ende des Möglichen zu gehen, wozu sie auffordert“. Nietzsche und Bataille sind zunächst einmal in der zentralen Frage vereint, wie der Mensch zu
Read More Daniel Pennacs verspielter Roman über das Erzählen – Der Autor macht sich einen riesigen Spaß, während er in der Hängematte liegt und verrückte Geschichten rund um einen menschenscheuen Diktator spinnt. Von Markus Kuhn
Read More 75 Jahre alt wurde Christa Wolf am 18. März – Grund genug für den Luchterhand Literaturverlag, „seine“ Groß-Autorin mit einer umfangreichen Bild-Biographie zu würdigen. Von Petra Vesper
Read More Weniger wäre mehr gewesen – David Foster Wallace’ Erstling ist ein überlaufender Topf voller Skurrilitäten. Von Markus Kuhn
Read More Der französische Rockkritiker und Autor Michka Assayas scheitert mit seinem Generationsroman trotz seines Insiderwissens an seinen erzählerischen Fähigkeiten. Von Markus Kuhn
Read More 10 Jahre danach – Irvine Welsh spinnt seinen Kultroman „Trainspotting“ weiter. Von Markus Kuhn
Read More Brady Udalls originelle Short-Stories aus den Einöden des amerikanischen Südwestens. Von Markus Kuhn
Read More Der französische Kultautor Philippe Djian knüpft an sein temperamentvolles Frühwerk an. Von Markus Kuhn
Read More Snapshots der Jugend Der amerikanische Comic-Zeichner Adrian Tomine porträtiert die emotionale Zerrissenheit seiner Generation. Markus Kuhn Cammie ist ein Party-Girl. Süß, frech, mutig, ausgeflippt. Trinkt schon mal ordentlich mit, wenn die Jungs am Saufen sind. Ist nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Bedürfnisse des anderen Geschlechts zu befriedigen … Ein Volltreffer? Der Star ihres Jahrgangs? Na ja … vielleicht ist sie auch etwas zu ausgeflippt. Die anderen Girls jedenfalls hassen sie und selbst die triebgesteuerten Jungs, die sich im Partyrausch von ihr verwöhnen lassen, beginnen, sie in der Schule
Read More Der überpräsente Vater, das Meer und der Junge, der erwachsen wird – Kirsty Gunn spiegelt die Initiationsgeschichte eines Jungen in den Stimmungen des Meeres. Von Markus Kuhn
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