Stufen & Luftschlangentexte
Judith Hopf, Stepping Stairs, 2018, Courtesy Judith Hopf
Stepping Stairs in den KW, Berlin. Seit den 1990er Jahren hat sich Judith Hopf (*1969 in Karlsruhe, DE) eine unabhängige künstlerische Sprache erarbeitet, die sich in Form von Skulptur, Film, Zeichnung, aber auch Bühnenbild und Performance über die Jahre hinweg beständig aufs Neue behauptet hat. Ihre Arbeiten sind tief verwurzelt in dem Gebrauch alltäglicher Materialien wie Ziegel, Beton, Glas, Verpackungsmaterialien und einfach nachvollziehbaren Produktionsprozessen. Sie sprechen von den Dingen, die uns in unserem Alltag prägen und formen, reagieren dabei auf das, was man eine Conditio humana der Gegenwart nennen könnte. Ihre Arbeiten nehmen Bezug auf die Auswirkungen, die der Fortschritt in Technologie und Wirtschaft auf unsere körperliche und mentale Verfassung hat. Für ihre Ausstellung in den KW Institute for Contemporary Art setzt Hopf ihre Beschäftigung mit dem Material des Ziegelsteins fort. Die gemauerten Ziegelarbeiten nehmen eine prägnante Zwischenstellung ein, die von Skulptur bis (Ausstellungs-) Architektur fluktuiert und den Ausstellungsraum gliedern und ergänzen. In den KW werden sie mit älteren Arbeitszyklen kontrastiert, u.a. mit einer überarbeiteten Version von Hopfs Laptop-Skulpturen. Die Künstlerin verweist damit auf humorvolle Weise auf unseren Umgang mit Computern und die Tendenz, diese zunehmend als Teil unseres Körpers wahrzunehmen, während wir gleichzeitig als Spezies immer mehr auf Implantate und Prothesen angewiesen sind.
Neben den skulpturalen Arbeiten umfasst die Ausstellung in den KW einen neuen Film sowie eine ambitionierte Auftragsarbeit für die Fassade im Innenhof der KW. Bei diesen Arbeiten treten zwei historische KünstlerInnen als direkte Inspirationsgeber hervor: Zum einen der amerikanische Architekt und Architekturtheoretiker John Hejduk (1929–2000) und zum anderen die deutsche Künstlerin Annette Wehrmann (1961–2010).
Annette Wehrmann, Luftschlangen, Performance Mietwohnung St. Pauli, Hamburg 1992 © Ort des Gegen
Als Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung von Judith Hopf wird im dritten Obergeschoss der KW Institute for Contemporary Art noch bis morgen ein eigener Raum den Luftschlangen der Künstlerin Annette Wehrmann (1961–2010) gewidmet. Präsentiert werden Repliken ihrer Luftschlangen, gemeinsam mit Audioaufnahmen ihrer Lese-Performances. In den 1990er Jahren hatte Wehrmann in selbstorganisierten KünstlerInnenräumen ihre auf Luftschlangen getippten Texte installiert und sie entlang der Papierwindungen und Schleifen vorgelesen. Die Texte verknüpfen Alltagsbeobachtungen mit philosophischen und ästhetischen Fragestellungen. Durch Wehrmanns Performances werden sie zu Visueller Poesie in der dritten Dimension unter dem Aspekt von Kunst im sozialen Kontext. Die Künstlerin realisierte ihre anarchischen Arbeiten mit ephemeren und billigen Materialien. Gesellschaftspolitischen Fragen begegnete sie mit utopischen, feministischen und gar fantastischen Gegenentwürfen.
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