Anfliegender
Anna Schädlich „O Ikarus, um deinen Flug beneid ich dich“. Mitteldeutscher Verlag.
Marko Martin im Gespräch mit Anna Schädlich
am 12.03.2018 im Literaturforum im Brecht-Haus
Der „Malerpoet“ Roger Loewig (1930–1997) ist vor allem Insidern bekannt. Man kann auch sagen, er ist weitgehend unbekannt, wobei immerhin Loewigs Zeitgenosse Christoph Meckel in seinem offenen Brief an Roger Loewig (DIE ZEIT 21.10.1977) schon hingewiesen hat: „„Sie müssen jetzt entdeckt werden“ Er meinte, Loewigs Lyrik, sein Weltbild, seine Landschaften, seine Unmenschenwelt, sein Zorn, seine Zeichnungen, Druckgraphik und Bilder sollten nicht in überfüllten Schubladen ungelesen und ungesehen ruhen.“ (Johannes Vesper in den Musenblättern)
Bei Kriegsende 1945 aus dem besetzten Polen geflohen, später in der DDR wegen seiner Kunst verhaftet, konnte er 1972 in die Bundesrepublik ausreisen. Ein Gefühl der Entwurzelung zeigt sich beeindruckend wie verstörend in seinen Werken. Seine Arbeiten sind eine Anklage gegen Krieg, Flucht, Vertreibung und die Spaltung Deutschlands. Zugleich spiegeln sie fast anrührend die tiefe Verbundenheit zu Mensch und Natur. Anna Schädlich, die als Kind den Künstler in West-Berlin kennenlernte, erzählt vom Leben dieses Doppelbegabten, von ihrer Freundschaft und der großen Liebe zwischen ihm und seiner Frau.
Heut auf dem Weg nach nirgends (1962)
Heut auf dem Weg nach nirgends,
Fäuste am Mund als Sprachrohr,
ruf ich von frierenden Türmen
noch einmal die Liebe herab.
Locke die Züge der Vögel,
aus südlicher Landschaft hierher,
brülle Tore in Mauern,
sauge Flüsse durch Sümpfe,
daß sich des Durstes alle
mögen erinnern, der Sehnsucht.
Anfliegender Tod III, 1969, Feder & Buntstift, 36 x 48 cm (Blatt 3 der 3teiligen Folge: Anfliegender Tod) Quelle: Roger Loewig website.
Roger Loewig – Ausgewählte Gedichte
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