All posts by Joerg von Bilavsky

Posted On Oktober 19, 2007By Joerg von BilavskyIn Hörbuch, Litmag

Wolfsmehl: Lola Montez

Erotische Emanze Die alternde Lola Montez trauert in einem klug komponierten Hörspiel ihrem geliebten Bayernkönig Ludwig I. nach. Und wettert im amerikanischen Exil gegen die bieder-patriarchalische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Von örg von Bilavsky Bayern scheint erotische Emanzen mit politischen Ambitionen magisch anzuziehen. Heute die attraktive Landrätin Gabriele Pauli, vor gut 160 Jahren die attraktive Tänzerin Lola Montez. Beide haben es in relativ kurzer Zeit geschafft, den jeweiligen bayerischen Regenten vom Sockel zu stoßen. Lola Montez bezahlte ihren politischen Ehrgeiz mit der Flucht ins Exil. Wohin es Frau Pauli nachRead More

Posted On Oktober 4, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Piroschka Dossi. HYPE! Kunst und Geld.

Picasso im Portfolio Piroschka Dossi blickt hinter die Kulissen des Kunstmarkts und entdeckt: Das Image eines Kunstwerkes oder Künstlers zählt sich oft mehr aus als seine Qualität Kunst kommt von Können, sagt eine allseits bekannte Redewendung. Seit einigen Jahren sollte man wohl lieber sagen: Die Kunst kommt vom Markt, wird von ihm gesponsert und gesteuert. So sieht es zumindest Piroschka Dossi, die selbst mit einem hochgehandelten Künstler verheiratet ist und jahrelang als Kunstberaterin tätig war. Sie kennt das geheimnisvolle Geflecht aus Sammlern, Händlern und Künstlern, die Mechanismen des boomenden KunstmarktsRead More

Posted On September 30, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Charles den Tex: Die Macht des Mr. Miller

Die Macht der Berater Charles den Tex sieht in seinem neuesten Thriller die Welt von Datenklau und virtueller Meinungsmanipulation bedroht. Ein Schreckensszenario mit schrecklichem Happy End. Wer seine Vorurteile pflegt, ahnte es schon immer. Unternehmensberater sind hochintelligente, aber auch skrupellose Gestalten. Doch dass sie es auf mehr als radikale Unternehmenssanierungen abgesehen haben, das ahnten wir nicht. Der niederländische Krimiautor Charles den Tex will uns aber genau das beweisen. Schließlich hat der gebürtige Australier in früheren Jahren auch einmal als Managementberater gearbeitet. Er kennt die Läden, von denen in „Die MachtRead More

Posted On Juli 8, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Pierre Emme: Killerspiele

Die Kunst des Mordens Pierre Emme ist in Killerspiele einem mörderischen Wettbewerb auf der Spur. Und der kennt nur einen Sieger: Den vermeintlich perfekten Mörder. Vom perfekten Mord träumen kaltblütige Killer und kreative Krimiautoren. Nichts befriedigt diese beiden Berufsgruppen mehr als ein Verbrechen, das für niemanden zu lösen ist. Sowohl Killer als auch Krimiautoren wollen es nämlich den realen wie fiktiven Kommissaren so schwer wie möglich machen. Vertrackter wird die Sache, wenn die Killer den Krimiautoren ihre erfundenen Tötungsmethoden klauen und in die Tat umsetzen. Und genau das ist imRead More

Posted On Juni 4, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Alek Popov: Mission: London

Mission Impossible Alek Popovs grandiose Groteske lässt uns die Welt der osteuropäischen Diplomaten mit ganz neuen Augen betrachten, und zwar mit Augen voller Lachtränen. Ja, was sind die Bulgaren denn jetzt: hinterhältig, opportun, rücksichtslos oder einfach nur naiv? Womöglich verteilen sich diese Eigenschaften gleichmäßig über alle Völker. Gebündelt kommen sie nur in Alek Popovs spektakulärer Satire „Mission: London“ vor, in der die nicht ganz alltäglichen Machenschaften des freilich fiktiven bulgarischen Botschaftspersonals in der britischen Hauptstadt aufgedeckt werden. Hier hortet ein etwas naiver Koch gestohlene Enten, eine attraktive Putzhilfe geht zwielichtigenRead More

Posted On Mai 7, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Thomas Raab: Der Metzger muss nachsitzen

Rache fürs Leben Thomas Raab sucht in verstaubten Schulgebäuden und verschneiten Landschaften nach den Spuren längst vergangener Racheakte. Von Jörg von Bilavsky Wer denkt schon gern an seine Schulzeit zurück? Streber und Faulenzer vielleicht. Wer als Außenseiter immer verspottet und verprügelt wurde, denkt an diesen Lebensabschnitt wohl seltener gern zurück. Aber was tun, wenn einen die Vergangenheit so plötzlich einholt wie Willibald Adrian Metzger, der im ersten Krimi des Österreichers Thomas Raab eine grandiose Hauptrolle spielt. Der Metzger, der eigentlich Restaurator ist, stolpert nämlich mitten in der Nacht über dieRead More

Posted On März 11, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Pawel Sanajew: Begrabt mich hinter der Fußleiste

Kranke Kindheit Pawel Sanajew debütiert mit einer tragikomischen Lebensgeschichte. Ein großer Roman über einen kleinen Jungen und die leidvolle Suche nach dem Glück. In der Regel sollen sich Großmütter ja rührend und liebevoll um ihre Enkel kümmern. Nicht so in Pawel Sanajews erstem Roman. Hier ist die Babuschka eine streitsüchtige, misstrauische, vom Leben gezeichnete wie enttäuschte Alte. Nachbarn, Ehemann und Freunde sind Opfer ihrer Unzufriedenheit. Leiden muss aber vor allem ihr permanent kränkelnder Enkel Sascha, den sie ihrer angeblich liederlichen Tochter weggenommen hat. Dabei wünscht sich Sascha doch nichts sehnlicherRead More

Posted On Januar 28, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Christian David: Kinski

Genial verrückt Das „Enfant terrible“ unter den deutschen Schauspielern im Visier eines sachkundigen Filmkritikers. Als „Irren vom Dienst“ bezeichnete ihn die Kulturkritik noch zu Lebzeiten. Aus der abfälligen Etikettierung seiner chronischen Zornausbrüche am Set und in der Öffentlichkeit schwang jedoch immer auch Bewunderung und Anerkennung mit. Für einen Menschen, der in jeder Hinsicht aus dem Rahmen fiel. Dieser von Genialität und Grobheit fast schon geplagte Außenseiter des Kulturbetriebs erregte jahrzehntelang das Publikum und inspirierte nun den Wiener Filmkritiker Christian David zur einer Lebensbeschreibung. In der umfassenden Biographie wird Kinskis komplexerRead More

Posted On Januar 24, 2007By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Alexander von Schönburg: Lexikon der überflüssigen Dinge

Die feinen Unterschiede Alexander von Schönburg leistet sich ein „Lexikon der überflüssigen Dinge“. Endlich spricht jemand offen aus, welche „Objekte, Angewohnheiten oder Geisteshaltungen“ in der zivilisierten Welt wirklich überflüssig sind. Jemand, der darüber aufklärt, womit wir unsere freien Stunden vergeuden, woran wir unsere Gedanken verschwenden und wofür wir unser Geld sinnlos ausgeben. Ob wir mit dem Kauf und der Lektüre seines Buches aber vielleicht genau das tun, möge nach dieser knappen Besprechung jeder selbst entscheiden. Die Grenzen zwischen „Überfluss und Notwenigkeit“ sind natürlich ständig „in Bewegung“, schreibt Schönburg im VorwortRead More

Posted On Januar 18, 2007By Joerg von BilavskyIn Musikmag

Rocko Schamoni & Little Machine: s/t

Intellektuelle Weichspülung Schamonis beste Zeiten scheinen vorbei zu sein. Er und seine Mitstreiter von Little Machine präsentieren zahme Melodien samt zahnloser Texte. Singen kann er nicht, das steht fest. Rocko Schamoni trällert noch unbeholfener als einer seiner größten Bewunderer, Jochen Distelmeyer. Für den Sänger und Texter von Blumfeld ist und bleibt Rocko einfach der „King“. Wer aus der „Hamburger Schule“ schert sich schon um den Gesang. Solange die leichtgewichtigen Arrangements den schwergewichtigen Gedanken Auftrieb verleihen, hat man in dieser musikalischen Schule das Klassenziel schon erreicht. Der an der Alster residierende,Read More

Posted On Dezember 3, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Richard Birkefeld & Göran Hachmeister: Deutsche Meisterschaft

„Roaring“ Twenties Zwei tollkühne Männer auf ihren röhrenden Maschinen rasen der Deutschen Meisterschaft im Motorradfahren entgegen, kämpfen verbissen um den Titel und am Ende ums nackte Überleben. Ein kluger Krimi vom Historikerduo Birkefeld & Hachmeister. „Du suchst’n Kopf, ich such’n Kopf, und überall an den Rennorten liegen Leichen herum, denen auch die Köpfe fehlen. Was ist hier los?“, fragt sich Motorrad-As Arno Lamprecht, nachdem fast ein halbes Dutzend Männer und Frauen gewaltsam ihr Haupt und damit ihr Leben lassen mussten. Lamprecht sucht nach dem Kopf seiner Frau, sein schärfster KonkurrentRead More

Posted On Oktober 29, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Taavi Soininvaara: Finnisches Quartett

Morden für eine gute Sache Je mächtiger der Feind, desto skrupelloser und perfider die angewandten Mittel zu dessen Vernichtung. So denken und handeln die idealistischen Ökoterroristen, religiösen Fanatiker und ultrakonservativen Amerikaner in Taavi Soininvaaras aktuellem Thriller. Aber sie merken zu spät, dass es Frieden, Gerechtigkeit und eine intakte Natur nicht um jeden Preis gibt. „Sein Name ist Ratamo, Arto Ratamo.“ Auf was der Verlag mit diesem Spruch auf der Cover-Rückseite hinaus will, ist klar. Doch an James Bond erinnert weder der von Schlafstörungen geplagte Oberkommissar der finnischen Antiterroreinheit noch dasRead More

Posted On Oktober 22, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Musikmag

Stefan Maelck: Pop essen Mauer auf

Der Pop, der aus dem Osten kam Maelck versucht eine satirische Abrechnung mit dem moralisch verkommenen Staatsapparat der DDR – und hat dabei den Bogen leider deutlich überspannt. Wer kennt im Westen überhaupt die ostdeutschen Bands Lift, Reform oder die „dienstälteste“ Rockformation der DDR „Stern-Combo Meissen“? Wahrscheinlich niemand. Dafür ist die Jugend westlich der Elbe mit Elvis Presley, den Scorpions oder Peter Maffay bestens vertraut. Aber wer hätte gedacht, dass die musikalischen Wurzeln dieser Rocker auch im ehemaligen Arbeiter-und-Bauern-Staat liegen. Pop-Journalist Stefan Maelck will uns diesen ostdeutschen Bären in einemRead More

Posted On Oktober 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Vikas Swarup: Rupien! Rupien!

Glück im Unglück Wenn in Deutschland ein armer Schlucker bei Günter Jauch eine Million Euro abräumt, ist das eine Sensation. Wenn in Indien ein simpel gestrickter Kellner eine Milliarde Rupien gewinnt, wird aus der Sensation ein Skandal. Zumindest für den indischen Produzenten von „Wer wird Milliardär“. Dass ein Straßenjunge auf seinem steinigen Lebensweg mehr lernt als zu stehlen und zu betteln, kann und will er nicht glauben. Vikas Swarup beiweist ihm und den Lesern in seinem Erstlingsroman „Rupien! Rupien!“ das Gegenteil. Wo der Zufall regiert, hat der Verstand keine Chance.Read More

Posted On August 31, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

H.-J. & G. Wohlfromm: Und morgen gibt es Hitlerwetter!

Braunes Allerlei Viele Deutsche meinen über das Dritte Reich schon alles zu wissen. Weit gefehlt. Wer das in Listen, Chroniken und Schautafeln aufbereitete Quellenmaterial des Historiker-Ehepaars Wohlfromm sichtet, wird sicher viel Neues, aber leider auch viel Unkommentiertes entdecken. Wussten Sie, dass die Deutsche Wehrmacht mit Coca-Cola-Reklame an den Mannschaftswagen in den Zweiten Weltkrieg zog? Oder das Reichsmarschall Hermann Göring einen sagenhaften IQ von 138 hatte. Mit solchen „Neuigkeiten“ kann demnächst glänzen, wer das Nazi-Sammelsurium „Und morgen gibt es Hitlerwetter!“ aus dem Eichborn Verlag gelesen oder einfach nur flüchtig durchgeblättert hat.Read More

Posted On August 21, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Juri Andruchowytsch: Moscoviada

Höllentrip zur Freiheit Juri Andruchowytschs Roman „Moscoviada“ ist ein vielstimmiger Abgesang auf den einstigen Vielvölkerstaat Sowjetunion und zugleich eine Ode an die nationale Wiedergeburt der Ukraine. Mit wilden Amouren, Prügeleien und Besäufnissen bekämpft Andruchowytschs literarisches Alter ego den patriotischen Wehmut und kehrt zerschunden in die Heimat zurück. Nationalismus drückt sich oft in aggressiver Abgrenzung vom Nachbarn aus. Patriotismus wird erst daraus, wenn das eigene Land um seiner selbst willen geliebt wird. In Andruchowytschs ukrainischem Antihelden schlägt das nationalistische Herz mindestens genauso stark wie das patriotische. Er schimpft auf die „KloakeRead More

Posted On August 7, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Jörg Juretzka: Sense

Randale im Revier Kaum eine andere deutsche Region ist für ihren rauen Charme so berüchtigt wie das Ruhrgebiet. Der in Mülheim geborene Jörg Juretzka hat diese behäbig-ruppige Mentalität zum Markenzeichen seiner Krimis um den Privatermittler Kristof Kryszinski gemacht. In seinem ursprünglich ersten Kriminalroman „Sense“ gibt er eine appetitanregende Kostprobe davon. Am Anfang war Schimanski. Mit dem erfolgreichen Fernsehauftritt des Ruhrpott-Raubeins zu Beginn der achtziger Jahre mauserte sich das Kohlenrevier zu Deutschlands Krimischauplatz Nummer Eins. Hinter der landschaftlichen und geistigen Tristesse dieser Region lauerten von nun an Mord und Misshandlung, BetrugRead More

Posted On Mai 17, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Kaliber .64

Trio Criminale Vom „Kaliber .64“ haben echte Waffenexperten noch nie etwas gehört. Ein Projektil mit diesem Durchmesser existiert nämlich gar nicht. Krimifans jedoch dürfte dieses Kaliber bald ein Begriff sein. So heißt nämlich die neue Kurzkrimi-Reihe der Hamburger Edition Nautilus, die jetzt drei Stories à 64 Seiten herausgeballert hat. Deutsche Kriminalromane haben mittlerweile auch international einen guten Ruf. Deutsche Kriminalerzählungen finden jedoch höchstens bei der alljährlichen Verleihung des renommierten „Glausers“ einmal breitere Aufmerksamkeit. Edition Nautilus hat dieses kriminalliterarische Defizit erkannt und wirbt mit drei bunten Krimi-Bändchen für dieses bislang sträflichRead More

Posted On April 23, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Andrea Maria Schenkel: Tannöd

Blutrausch Andrea Maria Schenkel ist in „Tannöd“ dem unbezwingbar Bösen im Menschen auf der Spur und schafft in dörflicher Umgebung eine dichte und packende Atmosphäre. Das hatte Niederbayern bis zu dieser Nacht im Februar 1922 noch nicht erlebt: Ein Massaker an sechs unschuldigen Menschen auf einem abgelegenen Bauernhof in der „Einöde Tannöd, Gemeinde Einhausen“. Ein authentischer Mordfall, vor dessen Hintergrund Andrea Maria Schenkel das beklemmende Porträt einer scheinbar ganz normalen Dorfgemeinschaft zeichnet. „Ein Debüt, ganz nah dran“, meinte die Jury der „KrimiWelt“ im März und katapultierte ihren Kriminalroman „Tannöd“ promptRead More

Posted On April 7, 2006By Joerg von BilavskyIn Musikmag

Morrissey: Ringleader Of The Tormentors

. Keine andere Pop-Größe hat die unterschiedlichen Spielarten des Ablebens und der Agonie so eindringlich, so eingängig in Noten und Worte gefasst wie der divenhafte Eigenbrötler Morrissey. Von Jörg von BilavskyRead More

Posted On April 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Merle Hilbk: Sibirski Punk

Sibirischer Selbsterfahrungstrip Die ehemalige ZEIT-Redakteurin Merle Hilbk hat in Sibirien die „russische Seele“ gesucht. Gefunden hat sie vor allem ihre eigene urdeutsche „protestantische“. Ihr erstes Buch „Sibirski Punk“ ist das schriftliche Zeugnis dieses Selbstfindungsprozesses. „In Sibirien zu leben, ist eine einzige Freude: Von hier gibt es keine weitere Verbannung, das war’s, man ist angekommen, und daraus entsteht die Freiheit der Straflosigkeit, eine besondere, wilde Moral,“ resümierte Viktor Jerofejew 2001 in seinem Sibirien-Porträt für die ZEIT. Die Journalistin Merle Hilbk würde dem Moskauer Schriftstellers wohl nicht uneingeschränkt zustimmen können. Als sieRead More

Posted On März 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Crimemag

Leonardo Padura: Das Meer der Illusionen

Revolutionsschicksale Wer Havanna einmal bereist hat, ist von der morbiden Schönheit der kubanischen Hauptstadt fasziniert. Wer dort geboren ist und hinter die bröckelnden Fassaden zu schauen vermag, verzweifelt an dem nachrevolutionären Verfall oder schreibt darüber so intelligente und poetische Kriminalromane wie Leonardo Padura. Im letzten Band seines „Havanna-Quartetts“ hat es Mario Conde mit dem grausamen Mord an einem geldhungrigen Revolutionsfunktionär zu tun. Teniente Mario Conde ist beileibe kein abgebrühter oder technokratischer Kriminalist. Er ist alkohol- und sexsüchtig, melancholisch und zuweilen ziemlich sentimental. Mit knapp 36 Jahren entschließt er sich, seinenRead More

Posted On März 6, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Boris Fishman: Wodka Kalaschnikow

Grenzgänger Denk ich an den wilden Osten, denk ich an Wodka und Kalaschnikows. So das gängige Klischee im Westen, wenn von Russland und seinen ehemaligen Satellitenstaaten die Rede ist. Die Autoren des Erzählungsbandes „Wodka Kalaschnikow“ versuchen, gegen diese Vergröberungen anzuschreiben und ihre postsowjetischen Erfahrungen in Worte zu fassen. Wahrscheinlich wissen die Amerikaner nach dem Untergang des Sowjetimperiums über Osteuropa genauso wenig wie zuvor. Das von Ronald Reagan einst an die Wand gemalte „Reich des Bösen“ hat bei den meisten US-Bürgern einen festen Platz in der Galerie der Vorurteile. Abenteuerliche VorstellungenRead More

Posted On März 3, 2006By Joerg von BilavskyIn Musikmag

Katharina Franck: First Take Second Skin

Die ehemalige "Rainbird"-Sängerin Katharina Franck findet zu ihren musikalischen Wurzeln zurück und lädt die Hörer ihres neuen Albums "First Take Second Skin" auf eine intime Entdeckungsreise ein. Von Jörg von BilavskyRead More

Posted On Februar 13, 2006By Joerg von BilavskyIn Bücher, Litmag

Jan Costin Wagner: Schattentag

Nur geträumt? Der gefeierte Jungautor Jan Costin Wagner hat bereits mit seinen beiden Kriminalromanen „Nachtfahrt“ und „Eismond“ bewiesen, dass er mit knappen Worten differenzierte und eindrucksvolle Charaktere zeichnen kann. In „Schattentag“ wagt er sich mit ebendiesem Stil an die verwirrende Gedanken- und Gefühlswelt eines blinden Familienvaters. Wenn das Augenlicht verloren geht, gewinnen Erinnerungen an Bedeutung. Die Gegenwart wird nur noch im Schattenriss, in Geräuschen und Berührungen wahrgenommen. Und immer wieder mit Bildern aus der Vergangenheit abgeglichen, bis auch diese irgendwann verblassen und einer neuen Vorstellungswelt weichen. Auf diesem Grat zwischenRead More

Posted On Februar 8, 2006By Joerg von BilavskyIn Musikmag

SZ-Diskothek – 1982

Protestler und Profilneurotiker Während wild bemähnte Friedensjünger im Sommer 1982 auf den Bonner Rheinwiesen die BAP-Hymnen gegen Krieg und Gewalt mitgrölten, ließen sich die frisch gegelten New Romantics von den sanften Synthesizerklängen der Edelpopper-Band „ABC“ einlullen. Das Popjahr 1982 spiegelt wie kaum ein zweites jugendkulturelle Gegensätze. „Wir hatten Besseres zu tun, als uns in klassischen Politfeldern zu engagieren“, schreibt der SZ-Essayist Ralf Niemcyzk über seine popkulturelle Sozialisation Anfang der 80er Jahre. Lieber die kostbare Zeit auf einen perfekten Haarschnitt, grelle Outfits und coole Musik verwenden, als mit alternativen „Gummistiefel-Demonstranten“ FriedenschöreRead More