Drozdowski & die Bukowina
Günther F. Guggenberger hat ein Buch über das Leben von Georg Drozdowski „in literarischen Feldern zwischen Czernowitz und Berlin (1920-1945)“ geschrieben, aber:
„Guggenberger stellt sich einfach nicht die grundlegende Frage nach der Qualität von Drozdowskis Werk. So holprige Gedichte wie die hier zitierten kann man nicht ‚interpretieren’; zu viel spricht dafür, dass der Autor sie schnell geschrieben hat‚ ohne viel an die Form zu denken oder gar Zusammenhänge zwischen formalen Mitteln und ‚Anliegen’ zu planen. Für die von Guggenberger mehr nacherzählten als vorgestellten Kurzgeschichten Drozdowskis aus Czernowitzer Zeitungen gilt wohl das Gleiche: Sie sind Unterhaltungs- wo nicht Trivialliteratur. Der eine oder andere Text mag ein bisschen interessanter sein, doch insgesamt hat Drozdowski vor allem wohl deshalb nie im literarischen Leben der Bukowina und erst recht nicht des gesamten deutschen Raums Fuß gefasst, weil seine Texte nicht gut genug sind. Insofern erübrigt es sich, ihn in Spannungen zwischen verschiedenen Feldern einzuordnen oder die postkoloniale Theorie auf ihn anzuwenden.“
Sigurd Paul Schleichl in einer Rezension für das Literaturhaus Wien:
Günther F. Guggenberger: Georg Drozdowski in literarischen Feldern zwischen Czernowitz und Berlin (1920-1945). Frank & Timme 2015.
ANNO X
Was uns blüht
ist Selbstvernichtung,
atmet den Untergang.
Die Kelche bergen Asche
als Blütenstaub.
Insekten,
ausgeheckt im Brutherd
der Gehirne,
sammeln die Tracht:
Honig und Galle
sind eins.
Über ein Winziges,
gemessen am Unmaß der Zeit,
wird diese Welt
Gomorras Schicksal erfahren
selbstverschuldet wie je:
Worte in Scherben,
Töne in Schutt,
Unnennbares alles benennend
im Worte: Gewesen.
Hoffnung wird keiner mehr wagen,
es sei denn, dass einer
der 36 Gerechten,
auf denen die Welt beruht,
das Saatkorn findet,
das Asche ergrünen macht
im Vielleicht.
aus: Georg Drozdowski: An die Wand gemalt, Rimbaud Verlag.
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