Schelmenstück
Marcus Neuert bespricht für das Literaturhaus Wien den ersten Roman von Lilly Jäckl:
„Dass der erste Roman einer vornehmlich als Film- und Bühnenautorin hervorgetretenen Schriftstellerin eventuell nicht typisch für das Genre als solches werden könnte, lag ja irgendwie schon in der Luft. Lilly Jäckl ist bislang mit ihren Performances, Drehbüchern und Theaterstücken nicht gerade als Vertreterin des braven Mainstream unterwegs gewesen, und bei ihrem Debüt in der prosaischen Großform bleibt sie sich da durchaus treu. Mit „estoy durmiendo – ich schlafe gerade“ sprengt sie dessen gewohnte Grenzen mit leichter Hand – etwas anderes wäre auch kaum zu erwarten gewesen.
Damit enden allerdings auch schon die sprachlichen Gemeinsamkeiten mit Jäckls bisherigen Schaffensschwerpunkten – ihr sonst überaus artifiziell und experimentell gestalteter Tonfall weicht in „estoy durmiendo“ einem eher konventionellen, mitunter gar flapsig-poppigen Stil.“
Neuerts Credo: „Ein Buch wie eine halluzinogene Droge. Tun Sie Ihrer Gesundheit etwas Gutes, rauchen Sie keine Fliegenpilze, lesen Sie stattdessen die Literaturschamanin Lilly Jäckl.“
Lilly Jäckl: estoy durmiendo – ich schlafe gerade. Roman. edition keiper, Graz 2016.
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Verlagstext:
In diesem unterhaltsamen Abenteuerroman heftet sich Lilly Jäckl an die Fersen moderner Biopiraten und schlägt sich mit ihnen quer durch Ecuador, vom Pazifik über die Allee der Vulkane bis ins Herz des Amazonasbeckens, wo bis heute Menschenfresser leben, die mitunter riesige Konzerne leiten.
Alle Fakten, wie z. B. die Zerstörung unwiederbringbarer Naturparadiese, gentechnische Experimente absonderlichster Art u.v.a.m., entsprechen der Wahrheit, welche bekanntlich oft verrückter ist als jede Fiktion. Die teils schockierenden Tatsachen (eingebracht in exakten Beschreibungen und mehr als 170 Fußnoten 1) stehen im Kontrast zur leichten, humorvollen Story, die die Leser/innen immer wieder mit unerwarteten Wendungen im Stil eines rasanten Comicstrips überrascht.
Die Erzählerin Nico ist eine liebenswerte, neurotische Thirtysomething, geboren und aufgewachsen in der ehemaligen DDR, als mittellose Wurmfischerin im hippen Berlin zu unverhofftem Reichtum gekommen. Daraufhin wandert sie aus, zur „Mitte der Welt“ nach Ecuador, wo ein neues Leben auf die Neo-Millionärin wartet. Nichts könnte besser sein – bis auf einmal János vor der Tür steht ...
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