Rubriken Category

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Markus Orths: Lehrerzimmer

Kafka und Bernhard auf Klassenfahrt Markus Orths hat sich mit diesem Roman sowohl eine Eins verdient als auch einen Eintrag ins Klassenbuch wegen Störens. Dass ein junger Autor innerhalb kürzester Zeit mit gleich drei Büchern in das Programm eines renommierten Verlags aufgenommen wird, kommt nicht allzu häufig vor – allerhöchstens vielleicht im Umfeld der so genannten Pop-Literatur, die nicht zuletzt weitestgehend von ihrer Aktualität und ihrem Wiedererkennungswert lebt. Doch der in Karlsruhe lebende Markus Orths kann kaum dieser Gruppe zugerechnet werden. Nach dem Erzählungsband Wer geht wo hinterm Sarg? (2001)Read More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Peter Weber: Bahnhofsprosa

Magische Reise Webers Prosa glänzt mit ungewöhnlichen Bildern, erschafft eine magische Stimmung. Peter Weber, Jahrgang 68, nimmt uns in „Bahnhofsprosa“ auf eine zutiefst verstörende, magische Reise mit. Ausgangsort dieser Reise in 24 Prosa-Etappen ist eine prächtige Bahnhofshalle. Hier sitzt der Erzähler im „üppig aufwachsenden Gerede, das (…) die Decke entlangufert“. Er fühlt sich an die Sixtinische Kapelle erinnert, an eine nahezu heilige Stimmung, die vom sinnentleerten Gebrabbel der Massen gestört wird. Doch die „Stille in der Sixtinischen Kapelle ist heilig, während vollkommene Stille in der Bahnhofshalle heillos ist“. Der ErzählerRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Michael Kimball: Eine Familie verschwindet

Tragisches Roadmovie Was für eine großartige Geschichte! Ein kleiner Junge erzählt, wie seine Familie nach dem Tod des Babys das geordnete Kleinstadtleben hinter sich lässt und mit dem Wohnmobil eine Odyssee durch die USA antritt. Sie brechen dabei sämtliche Brücken hinter sich ab; die Möbel, das Haus werden zu Geld gemacht, die Wiege des kleinen Bruders und andere Babysachen reichen für die erste Teilstrecke. Nach und nach versetzt die Familie Schmuck, Spielzeug, Kleidung und sogar Autoteile. Mit jedem gefahrenen Kilometer lässt man Erinnerungen hinter sich, das Medaillon der Schwester, dasRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Leander Scholz: Windbraut

Schmerzhafte Liebe Im letzten Jahr erregte der 1969 geborene Leander Scholz Aufsehen mit seinem Roman „Rosenfest“, in dem er den Tabubruch beging, die Geschichte von Andreas Baader und Gudrun Ensslin als Liebesgeschichte zu erzählen. Zwar haben die 68er im vergangenen Jahr in Literatur und Film eine ungeahnte Renaissance erlebt, doch durfte sich jemand dieses Themas annehmen, der die Zeit nicht selbst erlebt hat? Nun ist Scholz in der Gegenwart angelangt – oder zumindest in den Neunzigern. Held seines neuen Romans ist Lenz, vierundzwanzig und ein Jahr alt. Vor einem JahrRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Siri Hustvedt: Was ich liebte

Porträt des Künstlers als alter Mann Wer nach einer Crime-Story Ausschau hält, ist mit diesem Roman schlecht bedient. Für Was ich liebte muss man sich Zeit nehmen wie etwa auch für die Romane von James Salter. Man wird belohnt mit kunstvollen Porträts, die sich zu einem Museum der menschlichen Psyche zusammenfügen. Und in dessen Ausstellungssälen lässt sich stundenlang lustwandeln, ohne dass man sich an den Werken satt sähe. Es kann eine Last sein, wenn Lebens- oder Ehepartner in denselben Gewässern fischen. So wurden die Bücher von Siri Hustvedt zunächst rechtRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Jamie ONeill: Im Meer, zwei Jungen.

Wilde’s, zerrissenes Irland Wenn ein irischer Autor seinen Roman At Swim, two Boys nennt, so kann er sich der Aufmerksamkeit vieler gewiss sein. So weckte dieser Roman bei unserem letzten Irland-Aufenthalt bereits unser Interesse – aber 700 Seiten in der Originalsprache, das braucht – seien wir ehrlich – schon ein bisschen mehr Zeit als uns so bleibt. Nun liegt der Roman auf Deutsch vor und der routinierte Übersetzer Hans-Christian Oeser hat es vermieden, auch im deutschen Titel die Nähe zu Flann O’Brien zu suchen. Und diese Entscheidung ist richtig, dennRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Axel Marquardt: Anselm im Glück

Ein furioser Sommerspaß Marquardts Ideenreichtum ist atemberaubend, seine Prosa so berauschend wie die Unmengen Whisky, die Anselm allabendlich in sich hineinschüttet. Anselm im Glück ist DIE Frühsommerlektüre schlechthin. „Des Morgens, wenn ich früh aufsteh / dann tut mir meine Birne weh …“ – wer diese richtungsweisenden Zeilen einst reimte, hat Maßstäbe gesetzt in der komischen Lyrik, vor allem aber in der hochkomischen Kurzprosa. Axel Marquardt, als Lyriker auch unter dem Namen Axel Maria Marquardt bekannt, hatte Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre eine verlegerische Heimat im Haffmans Verlag gefunden,Read More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Gilbert Adair: Träumer

Böses Erwachen Gilbert Adairs jetzt von Bernardo Bertolucci verfilmter erster Roman erzählt eine mitreißende Dreiecksgeschichte im 68er Paris . Blindband, die subtile Rachegeschichte um einen blinden Autor und dessen Gehilfen, brachte den Engländer Gilbert Adair bis ins „Literarische Quartett“ und somit in die Bestsellerlisten. Lange halten konnte er sich auf dieser Position nicht – zu Unrecht. Adair hat mit seinen Romanen wie Der Tod des Autors, Liebestod auf Long Island oder Der Schlüssel zum Turm schon ansehnliche Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum vorgelegt – und mit der Übertragung des „e“-losen RomansRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Véronique Olmi: Nummer sechs

Schicksal und Geschichte Die französische Dramatikerin Véronique Olmi will in dem schmalen Prosawerk Nummer sechs zu viel – trotz beeindruckender lyrischer Intermezzi bleibt ihre Geschichte blass. In Meeresrand, der ersten Erzählung Véronique Olmis, steht eine tragische, ausweglose Reise ans Meer im Mittelpunkt – und auch das zweite Prosawerk der französischen Dramatikerin setzt mit einer nur scheinbar idyllischen Strandszene ein: Die Familie Delbast macht, wie jedes Jahr, mit allen sechs Kindern Urlaub an der See. Doch als man beschließt, ein Familienfoto zu machen, fällt auf, dass die Jüngste, Fanny, verschwunden ist.Read More
Good Will hunted Mit leichter Hand erzählt Mark Haddon eine tragische Geschichte und fühlt sich auf ganz erstaunliche Weise in das Innenleben eines Autisten ein. Wenn Erwachsene sich in die Erzählperspektive von Kindern und Jugendlichen hineinversetzen, geht das nicht selten schief. Entsprechen diese Kinder dann auch noch nicht den gängigen Klischees, sondern sind verhaltensauffällig oder behindert, so sind die zu umschiffenden Peinlichkeiten und Fettnäpfchen Legion. Da kann es helfen, wenn der Autor nicht aus der Ferne vom Schreibtisch aus die Kinderwelt betritt, sondern wirkliche Lebenserfahrung mit solchen Kindern hat. HowardRead More

Posted On März 13, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Georg M. Oswald: Im Himmel

Eine Hochzeit und ein Todesfall In seinem zweiten Roman stellt Georg M. Oswald mit wunderbarer Ironie die Welt der Schönen und Reichen bloß. Mit „Alles was zählt“, einer Kriminalgeschichte um Macht, Geld und Erfolg, ist ihm der große Durchbruch gelungen, auch international: Übersetzungen in zwölf Sprachen sind für einen jungen deutschen Autor schon ein beachtlicher Erfolg. Nun also „Im Himmel“ – schon der Titel kann in vielerlei Richtungen gedeutet werden. Ist er eine Anspielung auf die nur scheinbar sorgenfreie Schicki-Micki-Welt, aus der heraus der Ich-Erzähler berichtet, oder ist der siebteRead More

Posted On März 13, 2004By Jan KarstenIn Bücher, Litmag

Johannes W. Betz: Bundesautobahn

Wenn schon road, dann bitte movie ! Halten Sie ein Buch, das fast komplett auf der Autobahn spielt, für eine gute Idee? Ich auch nicht. Johannes W. Betz hat es trotzdem geschrieben und ist damit voll gegen die Planke gefahren. Ungebremst von seiner Routine als Autor von Fernsehserien („Die Cleveren“) und -filmen („Doppeltes Dreieck“). Dabei sollte man doch erwarten, dass so einer wenigsten weiß, wie man eine spannende Geschichte baut, wenn’s schon mit der Sprache hapert. Storyline: Alles wie im richtigen Fernsehen Besser Sie schnallen sich an, denn die StoryRead More

Posted On März 13, 2004By Jan KarstenIn Allgemein, Bücher, Litmag

Jasper Fforde: Der Fall Jane Eyre

Literaturagentin mit der Lizenz zum Töten Jasper Fforde, der in England schon als Kultautor gehandelt wird, hat mit Der Fall Jane Eyre einen etwas albernen, vor skurrilen Ideen strotzenden Nonsens-Roman geschrieben – und kommt in seinen besten Momenten nahe an Lewis Carroll und Douglas Adams heran. Dass die Engländer einen an der Waffel haben, ist nichts Neues. Da gibt’s „speed-drinking“-Bars mit Schnaps im Bier, Hunde-Hürdenrennen, skurrilen Comic-Boulevard, seltsames Essen, seltsames Wetter, seltsame Mode. Und einen eigenwilligen Umgang mit der Realität: Noch immer sind die meisten davon überzeugt, sie wären 1966Read More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Anke Velmeke: Luftfische

Bilder für die Einsamkeit Die „Luftfische“ in Anke Velmekes gleichnamigem Debütroman zu angeln, erfordert viel Ruhe und ein hohes Maß an Konzentration. Eben mal auf ein paar Seiten die Angel auszuwerfen, führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. AnkeVelmeke, Jahrgang 1963, lebt als freie Übersetzerin, Journalistin und Autorin in der Nähe von Wiesbaden, was schon beinahe ungewöhnlich ist für junge Autoren, die momentan auf den Markt drängen: Kaum eine Biographie kommt ohne die Nennung des Wohn- und Handlungsortes Berlin aus. Und wie um dieses biographische „Manko“ auszugleichen, wartet auch Anke Velmeke – nebenRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Kem Nunn: Wo Legenden sterben

Auf schmalen Kamm geritten Die Wucht, mit der Nunn mit Worten auf den sich brechenden Wellen reiten kann, hätte man sich auch in den Dialogen, im gesamten Spannungsbogen des Romans gewünscht. Die Wellen, die Nunn durchaus mit Sprache schlagen kann, tragen nicht durch das Buch, laufen schaumschlagend ins Leere aus. Surfer haben ihre eigenen Legenden. Und Surfer haben ihr eigenes Vokabular. Das bekommt zu spüren, wer sich mit Kem Nunn auf die Suche nach „Heart Attacks“, einem Wellen-Mythos irgendwo im Norden Kaliforniens, dem letzten „Secret-spot“ begibt. Da wird gefachsimpelt überRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Jerry Raine: Frankie Bosser kommt heim

Das Unglück nimmt seinen Lauf Bestechend an diesem Roman ist der trockene schwarze Humor, mit dem Raine seine Charaktere entwickelt. Gerade die Nebenfiguren sind ihm wunderbar geglückt. Die Eskalation der Handlung, die irrwitzige Spirale der Gewalt, die aus einer alltäglichen Situation heraus entsteht, gelingt ihm vollkommen überzeugend. Woodvale, eine Kleinstadt im Dunstkreis Londons, die Straßen überflutet von einem heftigen Sommergewitter. Ein Tramper am Straßenrand und ein Kleinlaster, der durch eine Pfütze am Straßenrand prescht, dass das Wasser nur so spritzt. Es ist eine beinahe alltägliche Situation, mit der das UnglückRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Christopher G.Moore: Haus der Geister

Gute Reiselektüre Christopher G. Moore geht sofort auf den ersten Seiten seines Romans in die Vollen. Eine düstere Bar in Bangkoks Rotlichtbezirk Patpong, ein Barmädchen, das sich einen Aal zwischen die Beine schiebt und eine Leiche, die Stück für Stück an die Flughunde in einem Käfig über der Theke verfüttert wird, das ist sicherlich nichts für zartbesaitete Gemüter. Doch keine Angst, alles ist nur ein Traum und ganz so schlimm ist das Bangkok Moores dann doch nicht. Moores Kriminalromane um den in Thailand arbeitenden Privatdetektiv Vincent Calvino genießen in BangkokRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Rebecca Bradley: Temutma

Kampf gegen unheimliche Mächte Mit viel Einfühlungsvermögen werden flikte zwischen den Mentalitäten der kolonialistischen weißen Polizeikräfte und der in ihrer Existenz bedrohten chinesischen Einwohner in Hongkong. Kann man die meisten Titel in der Reihen „ut metro“ mal im engeren, mal im weiteren Sinne als Kriminalromane bezeichnen, so fällt „Temutma“ aus diesem Genre deutlich heraus. Das Autorenduo lässt von der ersten Zeile an keine Zweifel aufkommen, dass hier der Kampf gegen unheimliche Mächte aufgenommen werden muss. Unter den engen Gängen und verschachtelten Kellerebenen der Kowloon Walled City, einem nahezu rechtsfreien HochhausgebietRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Stephen King: Duddits

Alb-Traumfänger Die Außerirdischen kehren zurück und King lässt es diesmal gehörig krachen. Stephen King goes Akte X – hin und wieder schon hat es den Meister des Unheimlichen zum Motiv der fliegenden Untertassen hingezogen. Vor fast 14 Jahren erschien mit „Tommyknockers“ ein beinahe 700 Seiten starker Roman, in dessen Zentrum ein gestrandetes Raumschiff stand, von dem aus durch Telepathie das Grauen über eine der King-typischen Kleinstadtidyllen kommt – nicht unbedingt das überzeugendste Werk aus des Horror-Königs Feder. Nun kehren die Außerirdischen zurück und diesmal lässt es King gehörig krachen. VierRead More

Posted On März 12, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Zadie Smith: Zähne zeigen

Grandioses Debüt Zadie Smith beweist einen langen Atem, hält über die gesamte Länge das Niveau aufrecht. Bis in die Nebenfiguren hinein stattet Smith ihre Charaktere mit liebevollen Biographien aus, schafft eine Welt, in die der Leser komplett abtauchen kann. Ich hoffe, dass die folgenden Romane von Zadie Smith halten, was dieser grandiose Erstling verspricht. Eine junge, gut aussehende Autorin aus der Hauptstadt, die vom Feuilleton hofiert und vom Publikum gefeiert wird, deren Erstlingsroman sich in den Buchhandlungen eben dieser Hauptstadt stapelt und deren Konterfei so manches Verkaufsdisplay ziert – wasRead More

Posted On März 9, 2004By Frank SchorneckIn Bücher, Litmag

Mongo Beti: Sonne Liebe Tod

Jazz in Zeiten des Wahlbetrugs Mongo Beti ist nicht nur der bislang einzige wirkliche Exot in der ut metro-Reihe, er ist auch derjenige mit dem deutlichsten politischen Anspruch in seiner Literatur. Sein Roman „Sonne Liebe Tod“ ist nur peripher ein „Spannungsroman“. Der Autor ist vielmehr eine politische Stimme aus dem uns in vieler Hinsicht so fernen Kamerun. Und er hat eine eigene Sprache gefunden, eine Sprache, die radikal mit europäischen Erzählgewohnheiten bricht, die sich einen eigenen Rhythmus durch die Geschichte bahnt und den Leser fordert. Der Leser muss sich einlassenRead More

Posted On Februar 26, 2004By Karsten HerrmannIn Litmag, Porträts / Interviews

Martin Suter im Gespräch

Martin Suter: „Ich schreibe Bücher, die ich selber gerne lesen würde“ Martin Suter ist der zurzeit meistgelesene deutschsprachige Autor. Seine schriftstellerische Karriere begann er als Werbetexter für „Möllni-Windeln“, „Jägermeister“ und andere Markenartikel. Nach und nach erkundete Suter dann das gesamte Spektrum des Schreibens. Erst 1998 erschien sein Roman-Debut „Small World“ und schnell legte er dann die Bestseller „Auf der dunklen Seite des Mondes“ und „Ein perfekter Freund“ nach. Martin Suter wurde 1948 in Zürich geboren und lebt heute zusammen mit seiner Frau in Guatemala – soweit es der Literaturbetrieb zulässt.Read More

Posted On Februar 26, 2004By Karsten HerrmannIn Litmag, Porträts / Interviews

Michael Roes im Gespräch

„Wir stehen in einer von Reich-Ranicki korrumpierten Zeit“ Ein Gespräch mit Michael Roes über das Schreiben und Filmen, über Auflösung und Vereinsamung sowie das „Diktat der Ökonomie“ Karsten Herrmann: Zunächst ganz elementar: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen oder anders gefragt: was ist bei Ihnen der ausschlaggebende Impuls zum Schreiben? Michael Roes: Ich bin eigentlich gar nicht zum Schreiben gekommen, denn ich habe immer geschrieben. Eine zeitlang habe ich es geheim gehalten, weil ich eher aus einem kleinbürgerlichen Milieu stamme, wo das Schreiben und jede künstlerische oder intellektuelle Tätigkeit einRead More

Posted On Februar 26, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Max Aub: Jusep Torres Campalans

Ein exquisites Schelmenstück Das Buch war eine Sensation – und ein Riesenschwindel, ein ungeheures Fake, das bis heute für zündenden Diskussionsstoff sorgt. Max Aub hatte die Biographie von A-Z erfunden und einen avantgardistischen Coup sondergleichen gelandet. Ihm ist es, wie Mercedes Figueras in ihren Nachwort schreibt, „gelungen, mit dem Wort die Wirklichkeit umzuwerten und damit eines, wenn nicht das große Grundthema der modernen Kunst auf eine neue, überraschende Weise in Szene zu setzen: die Spannung zwischen Fiktion und Realität.“ 1960 erschien in Paris ein Buch, das die Feuilletons der WeltRead More

Posted On Februar 26, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Rick Moody: Ein amerikanisches Wochenende

Vom Wahnsinn der Normalität Von Seite zu Seite und bis an den Rand des Erträglichen verdichtet Rick Moody in „Ein amerikanisches Wochenende“ eine lähmende und morbide Familienatmosphäre. Hex Raitliffe ist ein typischer Versager: ein stotterndes Muttersöhnchen voller Komplexe, ohne Erfolg im Beruf, halbwegs impotent und latent alkoholabhängig. Plötzlich wird er von seiner schwerkranken und hilflosen Mutter aus New York in die trostlose Normalität eines Kaffs an der Küste von Connecticut zurückgerufen. Für Hex ist es auch eine Rückkehr in die alte Heimat: „Die Vergangenheit verdichtet sich um ihn … seineRead More

Posted On Februar 26, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Toby Litt: Unterwegs mit Jack

Müder Abklatsch In Toby Litts Erstling ist trotz Anrufung aller Heroen von Rimbaud bis Ginsberg rein gar nichts mehr vom verzehrenden Feuer der Beats übriggeblieben. 1957 setzte Jack Kerouac mit seinem atemlos dahingehämmerten „On the road“ einen Mythos in die Welt, von dem noch viele Generationen nach ihm zehren sollten: Ein rauschhaft-literarisches „Beat“-Leben voller Tempo, Jazz, Drogen und Sex. Vier Jahrzehnte später führt Toby Litt diesen Mythos in seinem Erstling „Unterwegs mit Jack“ an ein klägliches Ende: Im englischen Bedford versuchen sich „Jack“, „Neal“ und das „Chick“ Meggie an einerRead More