Posted On Februar 14, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Auf den Spuren der Boheme „Der einzige, der wahre Souverän von Paris ist der Spaziergänger, der Flaneur“ – ganz nach dieser Devise von André Bazin erkundet Georg Stefan Troller in seinen literarischen Streifzügen die mythenreiche Stadt an der Seine und spürt vom Quartier Latin über den Montparnasse bis zum Montmartre den Dichtern und Bohemiens vergangener Tage nach. Die Schlüsselfigur der Pariser Boheme war zweifellos Charles Baudelaire, der um 1850 den „Klub der Haschischjünger“ begründete, zu dem auch Balzac, Hugo oder Musset gehörten. In seinen Blumen des Bösen gab der ruhelose
Read More Posted On Februar 14, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Reise ans Ende der Nacht Seien Sie gewarnt: „Die Stimme der Dunkelheit“ ist eine Reise ans Ende der Nacht, eine schwarze Ausgeburt radikaler Verzweiflung und Verneinung, eine schonungslose Bestandsaufnahme des zur „Ressource“ degradierten Menschen im 21. Jahrhundert – es ist ein Buch, das sich tief in die Erinnerung brennt. Der namenlose Ich-Erzähler von Asko Sahlbergs Debüt ist aus Finnland in eine anonyme schwedische Großstadt gezogen, um hier den alten Bindungen und der „Sklaverei der Zeit zu entkommen.“ Unabhängig von Tages- und Nachtabläufen streift der misanthropische Mitdreißiger ruhelos durch sein Innerstes
Read More Posted On Februar 14, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Flower Power in der Tundra Seinen mittlerweile neunten Roman schätzt der amerikanische Erfolgsautor T.C. Boyle selbst als seinen „ersten unkomischen Roman“ ein – und es ist zugleich einer seiner besten! Mit „Drop City“ hat der 55-jährige eine einfühlsame, rauschende Saga über die Flower-Power-Zeit und ihre Utopien vorgelegt – so der Traum von einem „Leben in Frieden und Gelassenheit, ein Leben in Liebe und Meditation und Vertrauen auf das Einfache, keine Verstellung, keine Spielchen, keine Plastikbegierde auf der Jagd nach dem Dollar“. In „Drop City“, einer ländlichen Hippie-Kommune in Kalifornien, wird
Read More Posted On Februar 13, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Schludrig Ziemlich ungenießbarer Cocktail aus schnoddrigem SlapStick, Pop, Splatter und dem Pathos eines Laienpredigers „Wollte man den gegenwärtigen Stand der Dinge benennen, so würde ich sagen, wir befinden uns nach der Orgie. Heute ist alles befreit, das Spiel ist gespielt, und wir stehen gemeinsam vor der entscheidenden Frage: WAS TUN NACH DER ORGIE“? – so schrieb der französische Philosoph Jean Baudrillard 1990. In seinem neuen Roman versucht Douglas Coupland wie schon in seinem Erstlingserfolg „Generation X“ das Lebensgefühl der um die 30jährigen im rasenden Stillstand der 80er und 90er zu
Read More Posted On Februar 13, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Faszinierendes Roadmovie Mit einem starken Roadmovie voller bizarrer Bilder und Zufälle betritt Holger Geyer die literarische Bühne. Chlodwig Beck ist ein merkwürdiger Mann: „Entrückt und teilnahmslos agiert er in einer Art virtueller Realität“ und steht unbeholfen neben seinem eigenen Schicksal – und das ist für einen Tornado-Piloten des Jagdbombergeschwader 36 in Seydlheim alles andere als eine ideale Voraussetzung. Chlodwig Beck ist der wenig heldenhafte Protagonist von Holger Geyers höchst erstaunlichem und eigenwilligem Debut-Roman „Baikonur“. In einem virtuosen Wechsel von Rückblenden und Gegenwarts-Szenen entfaltet sich ein packendes Roadmovie mit bizarren Ereignissen
Read More Posted On Februar 13, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Kafka im Cyberspace Nika Bertram klickt den Leser in ihrem Romandebut von der ersten Seite an in eine kafkaeske Cyberwelt der Überwachung und der permanenten Transformationen. Unter vagen Anschuldigungen wird ihre Protagonistin Nadine – eine junge lesbische Comiczeichnerin – in einem blauschimmernden „Milchkeller“ gefangengehalten und damit beauftragt, ihr eigenes Leben zu erzählen: „Mehr erfuhr ich nicht. Nicht den Namen meiner Krankheit oder meines Verbrechens, nicht einen Grund dafür, weshalb ich nun überwacht wurde.“ So seltsam wie der Auftakt entfaltet sich nun auch die in der Bretagne beginnende und mit Comic-Zeichnungen
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Licht und Schatten Ohne Zweifel bietet „Die vierte Hand“ viele köstliche Episoden und erstaunliche Glanzlichter des Absurden und Melancholisch-Zärtlichen – doch über die gesamte Strecke seines 400-Seiten-Romans gelingt es John Irving nicht einen unwiderstehlichen Lese-Sog zu erzeugen In seinen rund ein dutzend Romanen hat John Irving hinreichend unter Beweis gestellt, dass er sowohl ein Meister des Skurrilen und Absurden wie auch des unerschrockenen Tabubruchs ist. Oft bilden dabei ganz banale Erlebnisse, Zeitungsnotizen oder Fernsehberichten die Keimzelle seiner in der Regel exzessiv ausschweifenden Geschichten: „Am Anfang jedes Romans, den ich geschrieben
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Hochenergetische Schnittstellen Für François Truffaut ist das Kino ein „Ort der Magie, an dem Realität grundsätzlich überhöht, verwandelt, geschönt wird“. Als ein solcher Ort ist das Kino auch seit über hundert Jahren eng mit der Kunst verbunden – eine Beziehung mit vielen Höhepunkten, aber auch Verwerfungen, Trennungen und Wiederannäherungen. In einem großformatigen und reichlich mit Bildmaterial angefüllten DuMont-Band beleuchtet Heinz Peter Schwerfel nun die jüngsten Kapitel dieser ebenso spannenden wie haarigen Liebesgeschichte. Während Alfred Hitchcock die moderne Malerei und Erzählstrukturen von Symbolismus und Surrealismus schon frühzeitig für seine Filme ausbeutete,
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Pop und Poesie aus Fernost Noch immer stellen wir uns die Chinesen als ein mao-maus-graues und bienenfleißiges Völkchen mit konfuzianischer Prinzipientreue vor – doch dass auch hier der Kapitalismus und mit ihm die Pop- und Subkultur längst Einzug gehalten hat, beweist Mianmian mit ihrem bei chinesischen Jugendlichen schon Kultstatus genießenden Debut „Lalala“. In vier autobiographisch grundierten Erzählungen taucht Mianmian – „ich bin eine Frau der Spontaneität, der Hoffnungslosigkeit und der wilden Begeisterung“ – in die von westlichen Insignien gezeichneten Jugend- und Boheme-Szenen der Millionenstädte Shanghai und Peking ab. Schonungslos schildert
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Grandiose Meisterwerke Denis Johnson geht direkt ins Mark: Er erschüttert, verstört, bannt und begeistert mit seiner halluzinativen Prosa, mit eingedampften Sätzen von radikaler Härte und trunkener Traurigkeit. „Unter Wolken wie großen grauen Hirnen“ ziehen seine geschlagenen Helden bis zur schicksalhaften Auslöschung durch „einsame, schmerzende Landschaften“. Nachdem im Frühjahr Denis Johnson aktuellster Roman „Schon tot“ auf Deutsch erschienen ist, liegen jetzt mit „Engel“ und „Jesus Sohn“ zwei frühe – und um es vorwegzunehmen: sensationelle – Werke des amerikanischen Autors vor. Mit ihnen dürfte er auch hierzulande bald den Kultstatus erreichen, den
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Vergeblicher Ausbruch Eigentlich verlangt Bill Morrow ja gar nicht viel vom Leben: „Er wollte die Welt sehen, viele Bierchen trinken, viele Lucky Strikes rauchen und viele hübsche Körper streicheln.“ Aber auch diese bescheidenen Wünsche liegen für den jungen Sohn griechischer Einwohner in weiter Ferne: Wie von einem klebrigen grauen Kokon ist Bill Morrows Leben in dem Provinzstädtchen South Bend von Langeweile und Hoffnungslosigkeit eingesponnen. Hier, in der Heimat des legendären Studebakers, gibt es nur Autos und noch mal Autos und hin und wieder einen sehnsüchtig klagenden Song von Chet Baker
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Duell mit der Medienwirklichkeit Frank Beck, 38, geschieden, ist eine traurige Gestalt mit käsiger Haut, schlaffen Schultern, Fettansatz am Bauch und mit der „bewährten, ruhigen Gewissheit, auf der ganzen Linie gescheitert zu sein.“ Doch nichtsdestotrotz ficht dieser Frank Beck einen ebenso großen wie aussichtslosen Kampf aus: Er steht in einem verbissenen, monomanischen (Rede-) Duell mit der übermächtigen Medienwirklichkeit, versucht ihre Strukturen und Funktionsweisen bloß zu legen, ihre destruktive Kraft zu bannen: „Wo alles auf die Spitze getrieben ist, wirkt alles gleich flach und bedeutungslos.“ Je mehr Beck die flimmernden Talkshows,
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Halluzinativer Berlin-Trip Mit avanciertem Furor jagt Norman Ohler den Leser durch Metropolen- und Bewusstseinslandschaften des 21. Jahrhunderts. Fast könnte man Norman Ohler für einen Ur-Ur-Enkel der Berliner Frühexpressionisten mit ihrer dynamisch-sinnlichen Großstadtprosa- und lyrik halten: Auch bei ihm wummert und ruckelt es, Sirren die Trams, Gleißen die Lichter, Glimmen die Zigaretten. Ein wahrnehmungsträchtiger Großstadtfilm in expressiven Wortkaskaden entfaltet sich hier und Schauplatz ist die „Mitte“ – nicht die Mitte des Seins, nicht die Mitte der Welt, sondern Berlin-Mitte, das hippe Szene-Viertel in der Hauptstadt, wo die Trends gesetzt werden und
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Kurze Blüte- und lange Schlafzeiten Deutsche Literaturgeschichten sind in der Regel von Heerscharen spezialisierter Wissenschaftler verfasst und umfassen locker mehrere tausend Seiten. Wie kann sich da nun ein gestandener Professor aus Stuttgart anmaßen, eine solche auf 150 Seiten abzuhandeln – ist das Frechheit, purer Übermut oder grandiose Ignoranz? Es ist nichts von alldem, sondern vielmehr der überzeugende Versuch, den durch die Germanistik sorgsam aufgebauten und gehüteten Mythos einer fruchtbaren und langen deutschen Literaturtradition die Luft abzulassen. So beginnt die deutsche Literatur bei Schlaffer eigentlich erst in der Mitte des 18.
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Exzellenter Psychothriller Wie schon in „Auf der dunklen Seite des Mondes“ beeindruckt Martin Suters Prosa durch ihre ungeheure Präzision und Plastizität – mit wenigen Strichen skizziert der ehemalige Werbetexter und Creative Director komplexe Charaktere und schafft eine dichte, sinnliche Atmosphäre, aus der immer wieder kostbare Momente der profanen Erleuchtung hervorblitzen. Stellen Sie sich vor, Sie wachen auf einer Intensivstation mit einer posttraumatischen Amnesie auf und haben die letzen 50 Tage Ihres Lebens verloren – Tage, in denen Sie sich plötzlich entscheidend verändert haben und Ihr gesamtes Dasein sich komplett umgekrempelt
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Am Rande des Abgrunds Ponte City gilt als das inoffizielle Wahrzeichen der Stadt Johannesburg: Der runde, von einer riesigen Coca Cola-Reklame gekrönte Wohnturm ist 54 Stockwerke hoch und innen ausgehöhlt wie ein fauler Zahn. Nach dem Ende der Apartheid hat sich Ponte City vom hochmodernen Wohntraum zu einem berüchtigten Schreckensbabylon gewandelt, in dem die Gewalt und das Verbrechen gären. Ponte City steht im Mittelpunkt des neuen Romans von Norman Ohler, mit dem er seine beeindruckende Metropolen-Trilogie abschließt. Von New York über Berlin schwenkt sein bei „Geo“ und „Spiegel“ geübter journalistischer
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Düstere Zukunfts-Parabel Mit seinem vierten Roman hat Michael Roes seine singuläre Stellung in der deutschen Gegenwartsliteratur eindrucksvoll unterstrichen Michael Roes ist einer der kompromisslosesten deutschen Autoren: Konsequent brandmarkt er in seinen Romanen mit avancierten literarischen Mitteln und ethnographischem Blick die vielfältigen Facetten des Kolonialismus und Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart. Kein Hauch von postmoderner Ironie und unverbindlicher Travestie ist bei dem 1960 geborenen Wahlberliner zu spüren, sondern nur der unbedingte, von tiefem Ernst und offensichtlichem Mitleiden getriebene Einsatz gegen das Unrecht unserer Welt. In seinem neuen Roman „David Kanchelli“ verlagert
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Großartiger Erzähler Jochen Schmidt hat mit „Müller haut uns raus“ einen begeisternden Debut-Roman vorgelegt, der schon fast in einer Reihe mit Salingers „Der Fänger im Roggen“ oder Plenzdorfs „Die Leiden des jungen W.“ genannt werden darf. Seit dem Gewinn des „Open Mike-Wettbewerbs“ 1999 und dem kurz darauf erschienenen Kurzgeschichtenband „Triumphgemüse“ gilt der junge Berliner Jochen Schmidt als vielversprechendes Erzähltalent. Nun hat er mit „Müller haut uns raus“ einen begeisternden Debut-Roman vorgelegt, der schon fast in einer Reihe mit Salingers „Der Fänger im Roggen“ oder Plenzdorfs „Die Leiden des jungen W.“ genannt werden
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Im dunklen Herzen der Macht Stefan Beuses Prosa strahlt eine luzide Leichtigkeit aus, in der dennoch das Abgründige mitschwingt und so eine dichte, mit hochpoetischen Bildern aufgeladene Atmosphäre evoziert Krimis boomen hierzulande: Schon längst sind sie dabei der Schmuddel- und Trivialecke entwachsen und dringen vehement in die heiligen Sphären der hohen Literatur ein. Immer mehr ambitionierte deutschsprachige Autoren – von Georg Klein über Michael Merschmeier und Veit Heinichen bis zu Martin Suter – benutzen den Krimi-Plot als ideales Vehikel um Hochspannung, Psychologie und Poesie zu vereinigen. Zu ihnen gesellt sich
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Weimarer Pop Wenn ein 22jähriger Debutant einen Berlin-Roman vorlegt, der schnell in die dritte Auflage geht und von den Großmeistern der Literaturkritik besprochen wird, dann riecht das verdächtig nach einem aktuellen popkulturellen Phänomen. Doch das dieses kein Markenzeichen allein unserer Zeit ist, zeigt das bereits 1930 erstmals erschienene „Fertig mit Berlin?“ von Peter de Mendelssohn – einen Autoren, den viele wohl eher noch als großen Zeitungsmann und als Thomas-Biograph denn als Schriftsteller kennen. Der jetzt im kleinen Elfenbein-Verlag neu aufgelegte Metropolen-Roman erzählt die Geschichte einer späten Jugend und gibt Einblick
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Wunderbare „short cuts“ Christina Chiu hat ihre short cuts mit traumwandlerischer Sicherheit und vielen Überraschungen komponiert und zieht den Leser tief in die Lebens- und Liebesgeschichten ihrer Protagonisten Christina Chiu könnte zu den aufregendsten Entdeckungen der noch jungen literarischen (Herbst-) Saison zählen: In ihrem Debut erzählt sie in elf kunstvoll miteinander verbundenen „short cuts“ aus dem Leben von drei chinesischen Familienclans, die zwischen Hong Kong und New York beheimatet sind – ihr Ton ist dabei ebenso melancholisch wie hochpoetisch: „Versprengte Wolken treiben dahin wie traurige Gefühle.“ Der Erzählkosmos der als
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Parforce-Ritt durch Amerikas (Alb-) Träume Rick Moodys Sammelband bietet einen grandiosen, äußerst abwechslungsreichen Parforce-Ritt durch das amerikanische Leben in all seinen bunten und öden Facetten Als Romancier ist Rick Moody ein Meister der Trostlosigkeit und durchmisst seine Sujets konsequent bis an die Grenzen des Erträglichen: So in „Ein amerikanisches Wochende“, wo er das erbarmungslose Porträt einer Mutter-Sohn-Beziehung zeichnet; und so auch in dem jetzt wieder neu aufgelegten Debut-Roman „Garden State“, in dem der 40jährige lakonisch vom ziellosen Leben einer jugendlichen Clique in einem tristen Vorort in New Jersey erzählt. In
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Heroische Ironie Auch wenn Großmeister Thomas Pynchon auf der Rückseite des Covers das Erzähltalent von Jim Knipfel in hohen Tönen lobt, sind die Aufzeichnungen aus dem Untergrund – der eigenen Seele, Amerikas – keine literarische Offenbarung „Sehen wir unserem Verhängnis lachend entgegen“ – unter dieser Maxime treibt Jim Knipfel wie ein gezündeter Knallfrosch durch das Leben und schöpft es konsequent bis zur selbstzerstörerischen Neige aus. Das Verhängnis trägt dabei den Namen „Retinitis pigmentosa“ und bewirkt, dass sich Jim Knipfels Netzhäute „wie zwei Alka Seltzer“ auflösen. Doch in dem selben Maße,
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Die Leere hinter den Bildern Michael Lindberg ist der posthumane Prototyp für das 21. Jahrhundert: Er ist Inhaber einer erfolgreichen Produktionsfirma am Hackeschen Markt in Berlin und hat sein Leben dank eines konsequenten Selbst-Managements fest im Griff. Vorbei sind die Utopien und Sinn-Debatten der 68er, entgegen Adornos Diktum geht es nun ganz genau darum „das richtige Leben im falschen“ zu führen: „Ich-Technologie, die Welt ist ein Bausatz, spielen wir Playmobil.“ Michael Lindberg ist der Protagonist von Norbert Krons Debut-Roman „Autopilot“. Lakonisch und mit einer feinen ironischen Grundierung führt uns der
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Ausbruch in den „Raum der Stille“ Tiefes, tranceartiges Glück und schwarze Melancholie wechseln sich auf dieser Reise ab Den Alltag hinter sich lassen, die Lasten der Zivilisation abwerfen und endlich wieder einmal zur Ruhe und zu sich selber kommen – wer träumte nicht davon? In ihrem neuen Buch präsentiert Sigrid Damm zusammen mit ihrem Sohn, dem Fotografen und Künstler Hamster Damm, die Ergebnisse eines exemplarischen Feldversuches: Sieben Tage wanderten beide unabhängig voneinander und autark durch die Einsamkeit Lapplands, durch einen schier unendlichen „Raum der Stille“. Die „Tage- und Nächtebücher aus
Read More Posted On Februar 13, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Hoch konzentrierte Prosa-Montagen Ulrich Peltzer gilt seit seinem 1987 veröffentlichten Debut-Roman „Die Sünden der Faulheit“ als einer der vielversprechendsten und ambitioniertesten Autoren in der jungen deutschen Literaturszene. Doch auch nach zwei weiteren, von der Kritik gelobten Romanen und diversen Literaturpreisen ist er bis heute eher ein Geheimtipp geblieben – und das ist auch kein Wunder, denn der 1965 in Krefeld geborene und mit 18 Jahren nach Berlin übergesiedelte Autor serviert dem Leser kein leicht verdauliches Fast food mit künstlichen Geschmacksverstärkern, sondern kernige Kost, die gut gekaut und wohl verdaut sein
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