Selbstentführung
Franz Hodjak (rechts) beim Bachmannpreis 1990. Foto: ORF/Peter Matha
Franz Hodjak, geboren 1944 in Hermannstadt (Sibiu), jetzt im Taunus lebend, Autor von nahezu 30 Büchern (Romane, Aphorismen und Gedichte, u.a. bei Suhrkamp), 2002 Stadtschreiber in Dresden, mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kunstpreis, in diesem Jahr.
Der eben in Dresden vorgestellte, im Typostudio SchuhmacherGebler erschienene Band „Der Gedanke, mich selbst zu entführen, bot sich an“ verbindet bisher unveröffentlichte Gedichte Hodjaks mit Farblithographien des in Dresden bestens bekannten Künstlers Hubertus Giebe, der gerade seinen 60. Geburtstag feierte.
Viele Gedichte sind Künstlern gewidmet -- eine Hommage an Freunde und Weggefährten. "Hier treffen sich zwei Freunde im Geiste", schreibt Axel Helbig. "Freiheit ist, wenn man sich befreit von all dem, was man für Freiheit hält", heißt es im Gedicht "Wale".
"Auch Giebes Klage über die 'Abdankung der Qualitätsgefühle' hinterfragt den Freiheitsbegriff … Giebe ist Maler und kann nicht mehr tun, als dem geistigen Absturz des Kunstmarktes seine in jeder Hinsicht durchdachten Arbeiten entgegenzustellen. Hodjak empfindet in Giebes Arbeiten eine Nähe zum eigenen Werk." (Axel Helbig)
Axel Reiter bespricht in der tabularasa das Buch:
Der neue Gedichtband von Franz Hodjak beginnt mit einem vielsprachigen Reisenden, dem Autor Franz Hodjak selbst, an einem ihm vertrauten, doch von Zeit, Gott und den Menschen verlassenen Ort. Dieser Ort ist ein stillgelegter Bahnhof. Keine Züge kommen mehr an. Keine Züge fahren mehr ab. Doch wurde der Bahnhof nicht "abgeschlossen". Und es gibt noch ein Gleis. Und auch noch einen zweitenGast.
Aufgelassener Bahnhof
Einst
wechselte ich hier die Sprache
wie den Zug. Jetzt sprechen da
hin und wieder Engel
und Narren. Auf nichts mehr wartend,
werfe ich die Mützeins gefrorene Kiesbett, zum
Schädel des Schafbocks, in dem
der Kiebitz
nistet.
Neuen Kommentar schreiben