Elektrisches Bleiben
Dorothea von Törne bespricht in der Welt den Band „Elektrosmog“ von Jan Skudlarek:
„Die weit auseinanderliegenden, scheinbar unvereinbaren Energien von Elektrizität und Poesie führt Jan Skudlarek in 64 Gedichten per Blocksatz zusammen. Scharfsinnig und ebenso locker erzählend wie bildhaft konzentriert geht er seinem ungewöhnlichen Denkansatz nach. Er bringt das sich verändernde Lebensgefühl beim alltäglichen Gebrauch von elektronischen Geräten und spannungsgeladenen Feldern in eine pointierte Sprache. Selten zurrt er die Pointen allzu schnell zusammen, dann bewegt sich der Text dicht an der Grenze zum Kalauer. Etliches kommt als Naturgedicht in zeitgemäßer Prägung daher, als Anti-Idylle mit Sprachreflexion: "links liegt die weide, eine aus der Mode gekommene wendung". Ein Waldboden wird als Wortfeld betrachtet, ein Trampelpfad als ein verschachtelter Satz.
Der Titel "Elektrosmog" erinnert an die Tradition der Kahlschlag-, Öko- und Klima-Dichter, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren die Zerstörung der Natur im Zuge des technischen Fortschritts thematisierten. Doch anders als jene, die demonstrativ Engagement bekundeten, indem sie auf drohende Katastrophen hinwiesen, vermeidet Skudlarek jegliche Klage oder gar Anklage. Er kombiniert Wirklichkeitsausschnitte zu spannungsgeladenen Szenen, bei denen Gefahren stets nur im Subtext mitlaufen. Elektrosmog ist unsichtbar, womöglich ein Halluzinogen? Nein, Skudlareks "Ansichtskarten" weisen auf potenzierte globale Bedrohungen: "einen gesamten landstrich aus / löschen per knopf. per druck".“
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