Tadeusz Rozewicz †
Der polnische Schriftsteller Tadeusz Różewicz
Sigried Wesener erinnert im Deutschlandradio Kultur an den polnischen Schriftsteller Tadeusz Rozewicz, der am Donnerstag mit 92 Jahren verstorben ist:
„Als Tadeusz Rozewicz 1947 in Polen den schmalen Gedicht-Band "Unruhe" veröffentlichte, machte eine Stimme auf sich aufmerksam, die schnörkellos und lakonisch von den Erfahrungen einer Generation sprach und auch scheinbar banale Dinge des Lebens in den Weltzusammenhang stellte.
1921 in Radomsko geboren, brachte der deutsche Überfall auf Polen das vorzeitige Ende seiner Jugend. Der Tod lauerte in den Häusern und Strassen, trieb den 18-Jährigen in die Wälder zu den Partisanen - ließ sich nicht mehr abschütteln. "Mein Lebenslauf war schon mehrmals zu Ende / mal besser mal schlechter", schrieb Rozewicz, dennoch fühlte er sich nicht zum Richter berufen: "ich sah: / einen menschen der war / schuldig und schuldlos zugleich" und er verweigerte sich der Erinnerungskultur: "vergesst uns / fragt nicht nach unserer Jugend / lasst uns".
"Als junger Mann schlief ich ein, nachts schneite es, ich wachte auf als alter Dichter, zwischen uns lag eine grüne Wiese, aschebedeckt, ich hatte geträumt, ich schreibe Gedichte."
Rozewicz hielt sich an das Faktische und musste doch im Nachkriegspolen begreifen: "Letztendlich ist die verständliche Lyrik unverständlich". Die Bürde der Todeserfahrung machte ihn wach für die überlebenswichtigen Dinge, führte zu seiner radikalen Moralität, die er auch in der absurden Alltagswelt des Sozialismus nicht aufgab. Das provozierte die Mächtigen, machte seine Texte so politisch. Als poetische Stimme seiner "dezimierten Generation" setzte er auf Humanität, auf individuelle Freiheit und wurde abermals betrogen.“
Tadeusz Rozewicz: Und sei's auch nur im Traum. Gedichte 1993-2008. Herausgegeben und aus dem Polnischen übersetzt von Bernhard Hartmann. Verlag Karl Stutz.
Lothar Quinkensteins Nachruf im Tagesspiegel
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