Eingesargt
Sylvia Plath in Yorkshire 1957 (Quelle: Oxford University)
Jürgen Brôcan stellt in der NZZ neue Übersetzungen von und eine neue Biografie über Sylvia Plath vor:
„Im Oktober 2010 veröffentlichte der «New Statesman» unter dem Titel «Last Letter» ein bis anhin unbekanntes Gedicht von Ted Hughes, das keine Aufnahme in die «Birthday Letters» oder in «Howls & Whispers» gefunden hatte, die beide seine Ehe mit Sylvia Plath thematisierten. Der erste Entwurf aus den 1970er Jahren und die weiteren Skizzen zeigen, wie stark Hughes mit diesem Gedicht gerungen hat, um es letztlich zu verwerfen, weil sich offenbar die allzu schmerzlichen Gefühle nicht in eine ästhetisch befriedigende Dichtung transformieren liessen. «Was geschah in jener Nacht? Deiner letzten Nacht», fragt Hughes eingangs, denn der Noch-Ehemann erfuhr erst am nächsten Morgen durch einen Telefonanruf, dass die von ihm getrennt lebende Plath am 11. Februar 1963 die Ritzen an Küchenfenster und Wohnungstür der Londoner Wohnung abgedichtet und danach das Gas ihres Backofens aufgedreht hatte.
«Die Depression tötete Sylvia Plath.» Zu diesem Schluss kommt die 2007 verstorbene Diane Middlebrook, Professorin für feministische Studien an der Stanford University, in ihrer essayistisch geprägten Doppelbiografie und stellt sich gegen das überkommene Täter-Opfer-Schema , das allein Hughes die Schuld am Selbstmord seiner Frau zuschiebt. Nicht als die Ikonen, zu denen die Nachwelt sie verklärt hat, oder als das Dichter-Ehepaar, zu dem sie sich selbst stilisierten, treten Plath und Hughes hier auf, sondern als gewöhnliche Menschen mit Fehlern, Idiosynkrasien, Empfindlichkeiten und einer zuweilen bestürzenden Unreife.“
Sylvia Plath: Der Koloss. Übertragen von Judith Zander. Suhrkamp, Berlin 2013.
Sylvia Plath: Übers Wasser. Übertragen von Judith Zander. Luxbooks, Wiesbaden 2013.
Diane Middlebrook: Du wolltest deine Sterne. Aus dem Englischen von Barbara von Bechtolsheim. Edition Nautilus, Hamburg 2013.
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