![]() |
![]() | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Lexikon der deutschen Science Fiction & Fantasy 1919-1932Link Rezi2Book: Buch konnte nicht gefunden werden.
Materialien und Untersuchungen zur Utopie und Phantastik BandJetzt ist, relativ kurz nach dem ersten Band, der die Jahre 1870-1918 abdeckte, der zweite Band erschienen, der die Zeit der Weimarer Republik umfasst. Wie Klaus Geus in seinem Vorwort erklärt, erwies es sich als notwendig, vor allem, weil Mitarbeiter ausfielen, im Nachfolgewerk die Jahre bis 1945 zu teilen; ein dritter Band wird sich mit der Science Fiction und "Fantasy" der Nazizeit beschäftigen. Die Beiträge scheinen mir sehr solid recherchiert zu sein, auch die Wertungen des Autors haben Hand und Fuß und sind fern der häufigen Sammlerbegeisterung. Man findet bei jedem Autor, soweit bekannt, eine kurze Biographie und Einschätzung des Werkes, begleitet von einer Bibliographie seiner selbständigen Veröffentlichungen und der Sekundärliteratur, was ich als besonders nützlich empfinde. In die Beiträge sind wertvolle eigenständige Recherchen eingeflossen. Wichtige Bücher werden kurz beschrieben. Außer Autoren werden auch wichtige Zeichner, Schauspieler, Regisseure und andere Künstler aufgenommen. Das Buch ist auch bemerkenswert frei von Druckfehlern, was heutzutage ja leider keine Selbstverständlichkeit mehr ist; mir ist überhaupt nur einer aufgefallen, Rosenhayns Nachtspuk wird als Nachspuk angeführt. Dieses Personenlexikon (Sachartikel gibt es nicht) wartet mit einigen Entdeckungen von Autoren auf, die bislang in der einschlägigen Literatur unbekannt waren, wie etwa Hans Roselieb (1884-1945), der zwei utopische Romane schrieb, Meister Michels rätselhafte Gesichter (1924) und Der phantastische Bau (1925). Mir war auch entgangen, dass Enkes Der neue Kontinent (1931) ein ziemlich dreistes Plagiat von Georg Güntsches Panropa (1930) ist, und ich wusste auch nicht, dass das damals sehr wohl bemerkt wurde, denn Saprà schreibt, dass der Roman deswegen aus dem Handel zurückgezogen werden musste. Unrichtig scheint mir aber die Bemerkung zu Arno Alexander zu sein, dass außerdem Künstliche Augen (1933) einschlägig sei. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, geht es in diesem Roman allein darum, dass ein Verbrecher einen anderen Menschen als "seine Augen" benutzt, ohne irgendein phantastisches Ingredienz. Mangelhaft scheint mir nur der Eintrag über K.H. Strobl. In seiner Bibliographie fehlen etliche wichtige Bücher, so sein erstes Buch, Aus Gründen und Abgründen (1901), das zu gleichen Teilen realistische und phantastische Erzählungen enthält (es fehlte schon im ersten Band, oder der Roman Seide Borowitz (1918). Anders als bei anderen Autoren werden bei Strobl die wenigen sf-artigen Erzählungen etwa "Der große Krieg am 15. Mai 2516" in Der verrückte Schwerpunkt (1923) oder "Sternenbotschaft" in Beelzebubs Meerschaumkopf (1924) nicht extra erwähnt, und es wird auch verschwiegen, dass Strobl Anfang der zwanziger Jahre die schöne Buchreihe "Geschichten um Mitternacht" im Verlag der Gesellschaft für graphische Industrie herausgegeben hat.Wie im ersten Band fällt auf, dass die Vorliebe des Autors der Utopie und Science Fiction gilt, während sein Interesse an Phantastik viel schwächer zu sein scheint; fast immer wird auf SF-Anklänge in den Werken hingewiesen, wie schwach auch immer. Über die Unangebrachtheit des Terminus "Fantasy" im Titel habe ich mich bereits in der Rezension des ersten Bandes geäußert. Man merkt diese Voreingenommenheit deutlich an manchen Beiträgen. So wird von Bergengruen etwa gar kein Buch hervorgehoben gewürdigt, oder von Paul Busson nur sein schwaches Werk F.A.E. Ein deutscher Roman (1920), nicht aber sein Hauptwerk, Die Wiedergeburt des Melchior Dronte (1921), ebenso werden von Ludwig Anton etliche seiner klischeehaften SF-Romane einzeln besprochen, nicht aber sein wohl bestes Buch, der phantastische Roman Der Mann im Schatten. Umso mehr überrascht es, dass manche Romane und Autoren in dem Lexikon gar nicht vorkommen, etwa Hellmuth Unger und dessen eigenartig skurriler Roman Morells Millionen (1921). Am auffälligsten ist wohl das Fehlen von Alexander Moszkowski (1851-1934), dessen Die Inseln der Weisheit (1922), "Geschichte einer abenteuerlichen Entdeckungsfahrt" eine der geistreichsten Utopien der Zeit ist. Das Buch wurde sogar ins Englische übersetzt und auch von E.F. Bleiler in SF: The Early Years sehr positiv gewürdigt. Von Moszkowski gibt es auch eine Reihe anderer unorthodoxer philosophischer Bücher, die von SF-Interesse sind. Aber im Allgemeinen ist die SF der Zeit ziemlich vollständig vertreten. Weniger gut ist es um die Phantastik bestellt, in der es viele Autoren gibt, über die man gar nichts weiß. Hier findet auch nicht so doch ziemlich prominente Autoren wie Hans Possendorf, "Peregrinus Tyss", Herzmanovsky-Orlando, Franz Spunda, Frank Thiess , Ludwig Tügel, Wilhelm Matthiessen oder Hans Watzlik; geschweige denn die völlig unbekannten wie Werner Bernhardy (Die Maske des Grauens, 1919), Walther Maczewski (Das Geheimnis, 1919), Arno Hach (u.a. Der Kopf des Maori, 1920), L.H. Goebel (Wahnsinn, 1920, Das Irrenhaus, 1925), Hermann R. Bartel (Der Mumien-Magier, 1924), Victor Klages, Hans Schmid-Guisan (Tag und Nacht, 1931) oder Hans Georg Wegener (Seltsamia, 1919). Zur Feststellung solcher Lücken ist die Zeittafel in Robert N. Blochs Bibliographie der Utopie und Phantastik 1650-1950 (2002) sehr nützlich. Bei einigen dieser Autoren könnte man vielleicht argumentieren, dass ihr hauptsächliches Schaffen in eine andere Periode fiel, aber gewiss nicht bei Matthiessen, Possendorf, Spunda und etlichen der anderen genannten Autoren. Auch dieser empfehlenswerte Band wird zweifellos zu einem Standardwerk werden, aber es gibt noch immer zahlreiche Lücken in der Aufarbeitung der deutschsprachigen utopisch-phantastischen Literatur, vor allem fehlt es an Material über jene Amateur-Autoren, die nur einige wenige Werke phantastischen Inhalts schufen; über sie ist vielfach noch immer so gut wie nichts bekannt. Auf den dritten Band dieses Lexikons, der die Jahre bis 1945 umfassen soll, kann man schon gespannt sein. 07. Mar. 2007 - Dr. Franz Rottensteiner Der RezensentDr. Franz Rottensteiner![]() Total: 59 Rezensionen Franz Rottensteiner Weitere Rezensionen
[Zurück zur Übersicht] |
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Home |
Impressum |
News-Archiv |
RSS-Feeds ![]() ![]() Copyright © 2007 - 2018 literra.info |