Jedenfalls: Lebendigen Kuchen soll(t)e ich essen. Das erinnere ich noch. Es war mir grausam. Grausam, Lebendiges zu essen. Doch tun wir es. Tagtäglich. Entwickeln gar Vorlieben und Abneigungen. Kulturspezifische. Wir züchten, greifen ins Erbgut ein, halten, mästen, schlachten. Produzieren Rieseneuter, die vor Milchmengen schier platzen. Ein Horror ein Schmerzleben lang so auf Hufen zu stehen. Denke wieder an das Schwein, von dem ich träumte, dem man die eigene Haut ab- und überzog, es darin vernähte.
Sie riskieren. Tatsächlich und buchstäblich. Die eigene Haut. Wer tut das schon auf eine aktive, entschiedene Weise?! Wenige. Manchmal Künstler. Solche, die man daher auch als Marsyaner bezeichnen könnte.
Sich gegenseitig ansonsten Verzehrende sind entweder Kannibalen oder Liebende. Oder es sind Katatzen:
“Dann reit’ halt auf mir!” sagte die Katatze missmutig. Der Treklin hatte sie nämlich mit einem Gedicht betört und wer etwas über Katatzen wissen wollte, der müsste schon ein Dichter sein. Daher traf es sich gut, dass bei den Treklinen der Gesang neben den Festereien als eine sehr geachtete Kunst galt, die noch über dem Bäumeschütteln rangierte. Die Katatzen waren alles andere als zahm, ganz dem zugegen waren es wilde Geschöpfe und auch so verrückt in ihrem Liebesspiel, das ihnen als die höchste Freude galt, die es auf dieser Welt nur zu finden gab, dass sie sich einander aufaßen, was ihnen dann nachher leid tat, denn etwas, das man gerade aufgegessen hatte, konnte man nun nicht mehr weiterlieben. So setzte regelmäßig der Liebesschmerz ein und so voller Trauer glitten die schmerzvollsten Töne durch die Nacht, dass einem selbst ganz blümerant zu Mute wurde. Nach etwa zwei Wochen aber war der größte Kummer abgeklungen und man fand die Katatzen wieder beim gegenseitigen Betören, bevor einer der beiden Kandidaten dann erneut geliebt und selbst liebend, im Magen des anderen verschwand. Liebe hieß den Katatzen essen. (von Michael Perkampus)
Denn wirklich gefressen sind wir erst dann:
Kein Märchen heute, nur die Neige Nacht
Überrumpelt, die Hex',
ihr Körper taubengrau,
liegt unter einer Eibe.
Der Hahn ist tot,
das Gras ist schwarz,
rückst keinem mehr zu Leibe,
jubelte Hänsel, jubelte Gretel.
Da war es dann ganz still im Walde,
so tranken beide bang noch Nacht.
Ihre Bürde war die Neige.
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