17.08.17

Hinter den Aufbauten der Welt

Das Leben eines Geschichtenerzählers ist voller Eingänge, Durchgänge, Abgänge, geschlossener Türen und offener. Fenster, durch die man einsteigen kann, wenn man sich nur ein Herz nimmt. Manchmal auch Schaufensterfronten, auf denen fingerdick der Dreck von Jahren klebt. Dahinter stieren, zerlegt und durcheinandergeworfen, Kleiderpuppen mit leeren Gesichtern, auf denen schon vor langer Zeit die Beschichtung gerissen und abgebröckelt ist, direkt durch einen durch. Sie waren einmal weiß, aber mittlerweile hat die Sonne sie gilb gemacht.

Es ist eine Passage, die man nur durchqueren kann, wenn man den verborgenen Zugang kennt. Oder durch Zufall entdeckt. Direkt neben der lebendigen Touristenhauptschlagader einer blühenden Weltstadt.  Wenn einem das Ambiente gefällt, kann man sich zu den ausrangierten Plastikkörpern in der Auslage gesellen und leer auf die Straße starren. So tun, als gehörte man dazu. Zu allem.

Das tausendstimmige Murmeln von draußen schwirrt durch die Stille dieses abgelegten Orts. Es kann etwas Befreiendes haben, ganz nahe an der Welt zu sein, und trotzdem unbemerkt. Man kann die Umgebung völlig ungeniert beobachten. Dabei den sommertäglich flirrenden Staub tief in den Brustkorb inhalieren und sich bewusst darüber sein, dass es die Reminiszenzen längst vergessener Tage sind, was einem da in der Lunge kratzt. Kleingerieben von unaufhaltsamen Äonen. Das anschließende Husten befreit. Macht den Moment nur umso wertvoller.

An Tagen wie diesen, auf Stimmungsjagd, beim Pflücken von Hintergründen für seine Geschichten, beim Fremdsein in Geborgenheit, weiß man, was man daran hat, ein Mitteiler sein zu dürfen. Man wandert auf leisen Sohlen durch die Aufbauten und Verstrebungen hinter den Alltagskulissen und sucht sich geeignete Gucklöcher, um die Dinge aus ungewohnten Perspektiven wahrnehmen zu können. Man trägt den farbenprächtigen Strauß an Eindrucksblumen, den man sich in liebevoller Kleinarbeit zusammensucht, stets mit sich herum, um ihn bei jedem gegebenen Anlass hervorzuholen und stolz der Welt zu präsentierten.

Nun gut, vielleicht nicht der ganzen Welt. Halt jedem, der ihn sehen will. Aber immerhin.

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