Burroughs zum 100.
aus: Oliver Harris' The Letters of William S. Burroughs 1945-1959
„Heute vor 100 Jahren wurde in St. Louis William Seward Burroughs II. geboren. In New York wird im April ein einmonatiges Festival zu Ehren dieses Schriftstellers, der vielen als einer der einflussreichsten Autoren des 20. Jahrhunderts gilt, ausgerichtet. Mit Ausstellungen, Konzerten, Film-Screenings, im Zuge derer u. a. John Zorn, Laurie Anderson, Lydia Lunch oder Steve Buscemi auftreten. Und im marokkanischen Tanger, jenem Ort, an dem Ende der 1950er-Jahre Burroughs' Meisterwerk Naked Lunch entstand, findet im November ein Kongress des European Beat Studies Network statt.
Dazu kommen unzählige Veranstaltungen, die heute zum runden Geburtstag des Schriftstellers weltweit über die Bühne gehen.“ vermeldet der Standard.
„Bei all dem Personenkult gerät längst in Vergessenheit, dass die Schreibweisen, die die Beatniks entwickelten, immer noch ebenso viel Aufmerksamkeit verdienen wie ihre Lebensweisen. Am deutlichsten zeigt sich das an Cut-up, der Montagetechnik, die Burroughs gemeinsam mit Brion Gysin erfand. Sie zerschnitten Textfetzen aus Zeitungen, Büchern oder Gesetzestexten und collagierten sie. „Er verwendete Cut-up, um die verborgene Bedeutung der Dinge hervortreten zu lassen“, schreibt Herausgeber Bill Morgan im Vorwort zur Briefsammlung.
Bereits bevor der Poststrukturalismus an den Unis seine große Zeit hatte, war Burroughs ein guter Dekonstrukteur. In den Briefwechseln bezeichnet er schon „Naked Lunch“ als Cut-up-Roman. Er habe ihn geschrieben, bevor er die Methode wirklich kannte.
Die Methode muss reinstes Fleisch sein
Und kein symbolisches Dressing
Wirkliche Visionen und wirkliche GefängnisseAllen Ginsberg 1954 in seinem Gedicht „On Burroughs’ Work“
Die Energie dieser Sprache konnte einen noch als aufbegehrender junger Mensch, der in der alten Bundesrepublik und in den Wendejahren sozialisiert wurde, erwischen. Für mich glichen die Texte Burroughs’ jenem „Kopfkino“, von dem der Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann einmal sprach. Burroughs schmiss seinen Projektor, die Schreibmaschine, an, und ein unglaubliches Gewirr an Wörtern entstand, meist ohne Handlungsstrang, kaum verständlich.“ Jens Uthoff in der taz.
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