Wie wird ein Gedicht gemacht?
Alexander Nitzberg, Quelle: www.nitzberg.de
„Zunächst einmal ist es wichtig festzustellen, daß es gemacht wird, nicht etwa geschrieben. Die Frage, wo genau der Unterschied zwischen einem Gedicht und einem anderen Text liegt, ist eigentlich falsch gestellt, denn Gedichte sind keine Texte. Der Text ist nicht mehr als eine Möglichkeit der Konservierung und entspricht dem, was in der Musik die Noten sind. Ähnlich sinnlos wäre die Frage, wo genau der Unterschied zwischen Musik und anderen Noten läge.
Ein Gedicht wird gemacht, ein Objekt aus Sprache. Aber wo befindet es sich, wenn nicht als Tinte auf dem Papier? Dort, wo die Sprache sich ach sonst befindet: Erstens, im Menschen und, zweitens, im Raum. An der Entstehung des Gedichts nimmt der gesamte Körper teil: Das entzündete Hirn, das pumpende Herz, die ein- und ausatmende Lunge, die Kehle, der Gaumen, die Zunge, die Zähne. Die bewegte Gesichtshaut. Die Arme, die Hände. Das Ergebnis wird ausgehaucht. Der Vers ist eine Atemeinheit. Mit Hilfe von Stimme, Mimik und Gestik wird das Gedicht im Raum errichtet.“
Alexander Nitzberg in seinem lesenswerten Essay „Werden Gedichte wie Häuser gebaut?“, nachzulesen seit Mitte Januar im Poetenladen.
Neuen Kommentar schreiben