Dienstag, 7. Februar 2012

Interview: Die Jobsuche ab 40 - Kein Problem!

Die Jobsuche ab 40 gestaltet sich für viele Menschen nicht ganz einfach. Bewerber ab diesem Alter haben mit vielen Vorurteilen und Schwierigkeiten zu kämpfen. Sabine Hildebrandt-Woeckel führt mit ihrem Projekt job40plus.de erfahrene Arbeitsuchende und Arbeitgeber zusammen.

Frau Hildebrandt-Woeckel arbeitet seit fast 20 Jahren als (Wirtschafts)Journalistin und Buchautorin. Sie schreibt über Themen rund um den Arbeitsmarkt und konnte in ihrer langjährigen Karriere jede Menge Erfahrungen sammeln, von denen jetzt Arbeitsuchende 40plus profitieren können.


Wie kamen Sie auf Idee mit job40plus, Frau Hildebrandt-Woeckel?

Ende der 90-Jahre entstand im Nachgang zu einer Buchveröffentlichung (Karriereberatung , dtv) die Idee, eine Veranstaltung zu machen, bei der wechselwillige Arbeitnehmer sich beraten lassen und auch gleich potenzielle Arbeitnehmer kennenlernen können. Seitdem habe ich gemeinsam mit einer Kollegin in unterschiedlichen Formen Jobmessen veranstaltet. Unser neuestes Projekt ist job40plus, die erste Jobmesse, die sich nur an erfahrene Arbeitnehmer richtet (www.job40plus.de ).

Warum konzentrieren Sie sich gerade auf den Jobwechsel 40plus?

Sowohl bei meinen Textrecherchen als auch auf den Veranstaltungen habe ich immer wieder erlebt, dass ein Jobwechsel ab 40 unter anderen Vorzeichen abläuft als bei jüngeren Kandidaten. Und das aus zwei Gründen: erstens, weil es in vielen Personalabteilungen noch massive Vorurteile gibt. Zweitens, weil ältere Arbeitnehmer auch vorsichtiger beim Wechsel sind – aus gutem Grund. Gleichzeitig gibt es in Deutschland einen Fachkräftemangel. Vor allem mittelständische Unternehmen sind also eigentlich darauf angewiesen, erfahrene Arbeitnehmer für sich zu gewinnen. Wir wollten ein Konzept entwickeln, das beiden, Unternehmen wie Firmen, eine offene Begegnung ermöglicht.

Ist das denn nicht eigentlich auf allen Jobmessen der Fall?

Nein, die meisten Jobmessen haben Absolventen und Einsteiger im Fokus. Und selbst wenn Professionals zugelassen sind, sind sie sehr oft in der Minderheit – und werden an den Ständen abgeblockt. Erfahrene Arbeitnehmer gehen daher zumeist auch gar nicht auf solche Events – oder nur dann, wenn sie bereits arbeitslos sind. Erfahrene Arbeitnehmer bewerben sich übrigens auch nicht gern online oder initiativ.

Warum nicht? Welche Probleme haben Arbeitnehmer ab 40 denn genau?


Da gibt es natürlich mehrere. Ein sehr entscheidendes Problem ist aus meiner Sicht, dass die normalen Bewerbungswege nicht funktionieren. Wer sich mit seinen Unterlagen bei einem Unternehmen bewirbt, trifft dort oft auf sehr junge Personalreferenten. Personal ist ein Einstiegsjob. Wenn dann jemand mit Ende 40 kommt, sieht man darin schnell die eigenen Eltern. Alle Menschen fühlen sich aber eher zu ihresgleichen – und damit auch zu Gleichaltrigen – hingezogen. Natürlich gibt es in großen Unternehmen Stellenbeschreibungen etc. Dennoch menschelt es eben auch. Bei einer Recherche für die FAZ haben dies viele Personalleiter bestätigt – inoffiziell natürlich. Und natürlich wissen das auch die Bewerber, entweder, weil sie selbst laufend Absagen bekommen, oder dies bei anderen erleben – trotz bester Qualifikation.

Gibt es besondere Bewerbungsstrategien für die Generation 40plus?

Viele Karriereberater raten dazu, den direkten Kontakt zu suchen. Das ist natürlich grundsätzlich richtig, aber auf vielen Jobmessen – wie oben geschildert – auch nicht einfach. Deswegen haben wir unseren Event so konzipiert, dass junge Bewerber gar nicht zugelassen werden. Wer zu uns kommt, weiß, dass die ausstellenden Unternehmen wirklich seine Erfahrung suchen. Daher kommen auch sehr hochqualifizierte Kräfte, die Unternehmen sonst nur über Headhunting erreichen.

Laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes beschäftigen mehr als die Hälfte aller Betriebe in Deutschland keine Arbeitnehmer über 50 Jahre mehr. Wie könnten diese Betriebe von älteren Arbeitnehmern überzeugt werden?

Also ich denke, dass hier im Moment in den Führungsetagen schon ein Umdenken stattfindet. Es geht ja auch gar nicht anders, wenn man die demografische Entwicklung betrachtet. Wir erleben das ganz deutlich: Als wir vor zwei Jahren gestartet sind, haben wir sehr oft gehört: „Die Idee ist gut und wir brauchen diese Kräfte auch, aber …“ Das war Neuland. Inzwischen haben bereits vier Events erfolgreich stattgefunden. Unser erster Termin in diesem Jahr ist fast ausgebucht. Und Anfang Januar ist das Konzept prämiert worden: job40plus ist „Ausgewählter Ort 2012“ im Bundeswettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“. Zum Vorsitz der Jury gehörte Professor Michael Hüther, Direktor und Mitglied des Präsidiums des Institutes der deutschen Wirtschaft in Köln.

Wie sehen Sie die Zukunft für Arbeitsuchende 40plus?

Die Chancen werden kontinuierlich steigen – und das ist keine Frage von Jahrzehnten oder langen Jahren mehr. Unsere Events zeigen, dass immer mehr Unternehmen das Potenzial erfahrener Kräfte erkennen.

Vielen Dank für das Interview, Frau Hildebrandt-Woeckel.

Wir freuen uns stets über neue Interviewpartner.

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