![]() |
![]() |
poeten | ![]() |
loslesen | ![]() |
gegenlesen | ![]() |
kritik | ![]() |
tendenz | ![]() |
news | ![]() |
links | ![]() |
info | ![]() |
verlag | ![]() |
poet | ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Katrine von Hutten
Beschreibung
Sehr gern würde ich zwei drei sätze schreiben die dir ähnlich sehen die so sind wie du bestenfalls kann ich dich beschreiben du bist ein wolf im wolfspelz und ein schaf im schafspelz das weißt du ja die ringe unter meinen augen ähneln dir auch wenn du durchspringst muß ich lachen du sagst oft hoppla auch wenn du es nicht sagst besser gesagt: du meinst es es ist erst halb sieben aber schon vollständig dunkel so bist du auch
Michael Buselmeier Im Jahr 2003 erschien ein von Ralph Schock und mir zusammengestelltes Buch für Arnfrid Astel zu dessen 70. Geburtstag. Unter dem an Hölderlin erinnernden Titel „Seit ein Gespräch wir sind“ sammelten wir Texte von Freunden und Wegbegleitern, die sich dem Jubilar und seinem Werk widmeten. Darunter fanden sich auch vier Gedichte von Katrine von Hutten ein, deren besondere Qualität mir damals leider nicht auffiel. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre war sie mit dem Dichter verheiratet, sie hatte seit 1968 einen Sohn Jakob mit ihm und arbeitete bis zur Trennung in der Redaktion seiner Zeitschrift „Lyrische Hefte“ mit. Huttens vier Gedichte reflektieren die Problematik des „richtigen“ Schreibens, das für sie ein Be- und Umschreiben ist. Aber sie sprechen auch Klartext; souverän und kritisch setzen sie sich mit der Person Astel auseinander, sie nageln den Lyriker gleichsam fest und lassen ihm keine Ausflucht. „Ich Vogel / pfeif auf dich Vogel“ lautet die Absage der Frau im vierten Gedicht. Vernehmbar ist ein künstlich naiver, sehr direkter Ton, der auf den ersten Blick nüchtern erscheint, obwohl darunter vieles dunkel und rätselhaft bleibt. Die 1944 geborene Katrine von Hutten entstammte dem fränkischen Zweig der berühmten Adelsfamilie. Ab 1964 studierte sie in Heidelberg, Marburg und Bonn Germanistik und Philosophie. Es folgte ein Studium der freien Grafik in Darmstadt. 1974 setzte sie ihre geisteswissenschaftliche Arbeit an der New York University fort. 1981 nach Deutschland zurückgekehrt, widmete sie sich vor allem der Tätigkeit des Übersetzens. Seit Anfang der neunziger Jahre litt Katrine von Hutten an Multipler Sklerose. Sie starb 2013 in einem Pflegeheim in Frankfurt. Veröffentlicht hat sie Gedichte, Prosa, Hörspiele, Drehbücher und belletristische Übersetzungen aus dem Englischen. Viel beachtet und besprochen wurde zum Beispiel ihr autobiographisches Prosabuch „Im Luftschloß meines Vaters“ (1983). Für das hier vorgestellte Gedicht erhielt sie 1969 in Darmstadt den Leonce- und Lena-Preis. Heute, nur wenige Jahre nach ihrem Tod, ist sie so gut wie vergessen. Unprätentiös und auf ihre Weise sogar heiter vermag das weibliche Ich im vorgestellten Gedicht über so ernste Dinge wie das Machtgefüge in einer Liebesbeziehung zu sprechen. Im Bemühen, den schwer zu fassenden Dichter-Schmetterling zu beschreiben, wählt sie eine bildstarke Redewendung, die – verändert – die Widersprüche des Dargestellten verdeutlichen soll: „du bist ein wolf / im wolfspelz / und ein schaf / im schafspelz“; aber „das weißt du ja“, schließt die zweite Strophe lakonisch. Er ist eben abwechselnd Wolf und Schaf und auch sonst mit allen intellektuellen Wassern gewaschen. Auch für „die ringe“ unter ihren Augen wird er verantwortlich gemacht. Und ohne Schuldbewusstsein springt er sogar hindurch, macht Scherze wie ein verspieltes Kind, sagt „hoppla“, worüber sie auch noch lachen muss. Der mit Du Angesprochene, mal Wolf mal Schaf, ist undurchschaubar in seiner Vieldeutigkeit. Er ist verträumt und witzig, kindhaft eigensinnig, kühl und egoistisch und obendrein voller Dunkelheit. Draußen, liest man, ist es „schon vollständig dunkel / so bist du auch“. Katrine von Hutten benutzt die Gedichtform virtuos zur Analyse wie zur Abrechnung mit dem einstigen Geliebten. Erst das Schreiben, die offene Sprache, der helle, direkte Tonfall, macht die Verhältnisse in aller Härte sichtbar und wirkt wie eine Befreiung: „Unsere Lieder gehen / nicht zusammen. Wir gehen / auseinander.“ Katrine von Hutten wurde 1944 in Lohr am Main geboren; sie starb 2013 in Frankfurt am Main. Im selben Jahr erschien das Buch „ungeschickte post. postkartengedichte“. Das vorgestellte Gedicht entstammt dem Band „Seit ein Gespräch wir sind. Ein Buch über Arnfrid Astel“, Gollenstein Verlag, Blieskastel 2003. Kommentar, 01.08.2018
|
![]() |
Gedichte, kommentiert
|
|
poetenladen | Blumenstraße 25 | 04155 Leipzig | Germany
|
virtueller raum für dichtung
|
![]() |