13.07.17

Freudenberg

Drei Wohnungsbesichtigungstermine wahrgenommen, 3 Zusagen erhalten. Das ist, besonders für diese Stadt, ein voller Erfolg. Die Nachfrage ist immens. Die Preise sind horrend, die Ängste vor einem Wertverlust der Immobilie groß. Doch sie werden gezahlt und hingenommen. So wohnt man dann, als wäre man Gast, der sich stets mit Samthandschuhen verhüten muss. So bleibt es gefühlt: Immer nur auf Zeit. Die Etepetetedurchreise durch die Porzellanräume anderer. Bei keinem Termin war ich alleinige Bewerberin. Dass ich aber doch, obwohl ich keine Großverdienerin bin, mehrfach überzeugen konnte, stimmt mich froh, milde, zuversichtlich unser Reich, wie wir es brauchen, um uns niederzulassen, in nicht allzuferner Zukunft aufzutun. Man übergibt mir also gerne Porzellan. Etwas, das ebenso viel mit Projektion(en) zu tun hat, wie mein Chimäre Ich-Text. Projektionen, Annahmen, Erscheinungen, Abgleiche. Ich & Du.

Schon seit Weilen träum(t)e ich von den unterschiedlichsten Häusern, ihren Beschaffenheiten und ihrer Aura, Räume, die ja nichts anderes sind als Extensionen unserer Körper. Wenn wir sie annehmen, sie angenommen werden wollen. Im besten Fall sind sie mir gar dicke Schutzhäute, in denen ich ganz vergessen leiben und spinnen kann. Dass wir nun aber und bis dahin den Freudenberg beziehen und in ihn hinein, ist für mich ein wunderbares Zeichen, da ich ja aus dem einst schönen Dorf Freudenberg im Märkisch-Oderland komme, meine ersten Lebensjahre dort verbracht habe. Ein Ort, der mir mein heilig versponnener Kosmos war. Erste Wahrnehmungen: wie z.B. die Birke, die meiner Dachkammer, dem Fenster, in dem ich nicht selten herumturnte, gegenüber wuchs. Die stets traumelig ihre feinen Glieder dem Wind überließ. Freyas Baum. Mein mir nach meinem Geburtsdatum zugeordneter Baum. Und nicht zu vergessen, angrenzend der Wald: mein Spielplatz. Die Tiere und Menschen. Die kleine Kirche. Der See in der Mitte des Dorfes. Und die Schwäne, die uns immer wieder, wurde es ihnen zu bunt, die Dorfstraße entlang jagten.

Mein lieber Schwan in der Wanne, die wir nun haben. Auf die Waschwonnen freuen wir uns wie Kinder. Schrumpeln und Schwimmhäute kriegen. Wobei mir als Kind die Katzenwäsche lieber war. Gebadet wurde nur einmal am Sonntag, wenn wir den Ofen befeuerten. Eine Pisskeramik hatten wir nicht. Es gab nur ein Plumpsklo im Hof. Und Schauerreime, mit denen man den einst preußischen Hintern auf ganz eigene Weise das Fürchten lehrte:

... kack mann kack, gleich kommt er mit der Hack,
schiet mann schiet, jetzt isser nimmer wiet ...

Am Dorfteich. Hochzeit meiner Großeltern. 
Ganz anders als heute: Im Zeitalter der Porzellanwohnungen. Also Tannhäusers mons porcellanum (von porcus: das Schwein).

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