Die Treppe, deren Gehlinie durch die Nacht führt, knarzt anders in ihrem Lauf als diejenige, die sich durch den Tag ächzt. Wie gekörnter Draht flackern die dunklen Schritte, die sich selbst Wege erbauen und dabei zurückblicken, als würden sie den ganzen Körper atmen. Der starke Arm am Brunnen, die Hand an der Winde, beteiligt sich an den verlorenen Tropfen. Ich beobachte mich bei der Ausführung von Taten, die nicht von mir stammen. Dein Arm, der Fische ermöglicht, ist mir ein Wegweiser, der um die Stille in jedem Rumor weiß. Die Trockenheit der Ruinen mit ihrem gebrochenen ornamentalen Dekor; aus ihren Fugen dämmern die Erinnerungen, eine Zeit des Gestern wiederholt sich hilflos im diffusen Licht.
Jemand verschwindet und kehrt nie zurück, die Auflösung wird Zeugen haben, aber die Fensterscheiben übernehmen das Protokoll. Mit meinen Händen erarbeite ich mir Nahten, ein Glitzern in den Silben; vorhanden auch der Mond. Mit neuen Spuren beginnt der Tag, der Sinn der Wiederholung, der Jagd. Der Tisch, das Universum, die Verkettung ligierter Buchstaben. Es hat sie weiß gemacht der Mond. (Jemand sagt: „Suchen Sie nach einem Weg, ohne Echo in die Nacht hinauszugehen!“
Ich denke: Ja; Nachtstücke müssen es sein.)
Altes Los: Die Ewigkeit stirbt nur in Sekunden. Im Spiegel funktionieren die Züge deines Gesichts antriebslos, sie scheinen zurückzukehren. Du siehst dich an, aber du willst nicht sein, was du siehst. Du vertraust dir deinen Ausdruck nicht an, ein Schritt nur zur Seite, und der enge Raum übernimmt die Kontrolle an der Wand. Lachend bleiben auch die stehen, die Gifte wissen: Alt ist nur die Zeit. Das Los findet sein Mittel. Die bescheinigten Freiheiten auf gestampftem Papier, alle Wahrheiten von Märchen verschlungen. Die Kohlrübe, die Sinnloses spricht, erfroren neben dem Kopfstein, den Rinnen für ein Wasser, das niemals wieder schmilzt. In dein Eise geblockt sehe ich dich an, erstarrt am Putztisch, unterbrochen während der Toilette deines Tages.
Ich kam, als es die Berge noch nicht gab. Lichter irritieren die Schwermut, die schwarze Galle im hintersten Versteck. Der Brunnen fällt, seines Sinnes beraubt, unter die Kristalldecke.
Die Furchen im Acker, die Bilder im Schnee. Das Glitzern in den Silben, die Schritte malen können, die um jede Ecke ranken, das Haupt aus Torf. Manche Bilder erscheinen uns bizarr in ihrer Nacktheit, bunt. Bedeutend sind nur die Rahmen, die Leinwand braucht Gestalten wie diese, um sich zu fangen. Dort: die Treppe; dort: die Schritte.
Noch trug ich die Taschen der Endzeit bei mir, die Vulkane waren kaum erloschen. Kein Entkommen für den Fliederduft. Später saßen die Gäste um ein Lagerfeuer herum, erzählten sich von Mut und Gerechtigkeit, und stumm befand sich das Grauen bereits in ihrer Mitte.
Von den Klippen angefangen bis hin zur Startbahn gerann das Blut, und Kähne lichteten ihre Anker, ein Spektakel in Purpur, ein Aufruhr in Rot. Der Blick zurück im Zorn. Das Knacken der Zweige verriet auch andere Geräusche, und ihre Echos waren nicht vorhanden, sie schlummerten in den Bechern der Tavernen.
Die kleinen fetten Finger wischen Schmalz; die kleinen fetten Finger dringen tief; die kleinen fetten Finger öffnen Knöpfe und helfen dem Kleid aus dem Körper. Ihr quadratischer Schlund öffnet Augen, dahinter räkelt sich eine versunkene Welt. Im Rachen der Riesin steht die Luft, der Himmel ist fleischig und nass.
Ich vergewissere mich nicht, ob noch etwas vorhanden ist, wenn ich den Raum verlasse, etwas wie ein Zeichen, eine Zusammenkunft der Gegenstände, die nun auch in mir zur Anwendung kommen. Raum und Körper; und ich vergewissere mich nicht, ob sie sich von selbst bewegt haben, und ich bebe, weil all das fremde Stimmen sind. (Manchmal ist es der Sound, der die Pferde mästet).
Du darfst nicht vergessen, dass in den Kloaken Zaubermenschen dein Horn, dein Haar zu etwas Neuem formen und es dir als Doppelgänger entgegenschicken. Nur unterscheidet sich der Faltenwurf der Haut und der Geruch unter den Bettdecken. Deine Handlungen sind Zirkusnummern, elefantenköpfig die Zuschauer, mit Rüsseln voller Schleim und mit Stöcken von gefährlichen Bäumen. Dein Kleidchen hebt sich, senkt sich in den Sand, der vorher schon dein Spiegel war.
Auch mit öligen Traumfingern griff ich nach dem Lichtscheit, und willentlich entfachte ich kein Feuer, obwohl die Vermutung nahe lag, dass ein Kamin das Problem der Dunkelheit lösen könnte; aber die Schatten. Aber die Schatten, die dann wären. Sie würden die Geometrie verschlucken, die vollständig nur zu berechnen ist, um das Empfinden von Realität zu gewährleisten. In sie getaucht – ich verschwände. Um sie gebogen – ich müsste in Zwischenreichen stöbern. Die Stimmen sind nicht mit den Wellen identisch, die Worte an die Zimmerdecke malen. Oft haben wir uns Dinge gesagt, die gar kein Gemälde ergaben. Ich stand dann vor dir und ich sah, wie du durch meine Blicke größer wurdest, so groß nämlich, dass du die Worte an der Zimmerdecke korrigieren konntest.
Der Kranich steigt aus dem Sumpf, über dem Schlot des Hauses gastiert er, mit den Hüften pfeift er den Türen nach, den blinden Fenstern, nachtgeschlossen, Röcke für die Blöße bläht der Wind, und drunter wird sichtbar das blankhautene Gebinde, das geteilte Geschlecht im Keller der Kohlen, der Hitze für einen Tag und eine Nacht. Durch die Lippentür und über die Schwelle erhebt sich der Damm, es ist Winter, der Kranich steigt der Herde nach, entfellt alle, die sich um die Suppe herumdrängen, die warm vom Magen her schon das Kleid für morgen schafft. Sie stehen, aber manche liegen schon im lichten Fön der Lampen, von der Decke ächzt ein Lied, verteilt gerecht die Noten, um sie am rechten Platz zu keuchen.
Wenn im Fenster keine Katzen zu sehen sind, hat man nichts als die falsche Zeit gewählt, hat man nichts als einen umständlichen Weg zurückgelegt, die Bekanntheit der Fassaden, kühl; die Gärten im Schlaf, die Dornen ungefährlich bis zum nächsten Frühling. Da schleiche ich mir hinterher und gehe mir auch vornweg. Ich kenne mich nicht, aber ich habe mich schon einmal gesehen, als ich in Farben taumelte, als Katzen in den Fenstern saßen, als Lichter im Hintergrund einer Unendlichkeit schienen, als noch Treppen in die Höhe führten; dort wähnte ich mein Revier, meine Schritte ohne Echo. Dort wähnte ich die Leinwand der Vergangenheit im Keller hängen, Nägel verfinsterten die blanke Wand. In alten Schränken bleibt nichts zurück; der Staub vielleicht, der nur die Uhr ersetzt.
Die Schatten grauen sich nicht vor dem Anbruch des Tages, Land dauert an, spendet Zweigentwürfe der lauernden Furcht. Erhebt sich Schall aus späten Träumen, hängt er als Nektar überall. Ein Gefälle wie von Zwergenhand beträufelt, eingeschüchtert von Dämonen, die auf den Winter warten, das Fallen der Erdkreise. Aus der Furcht wächst die Klage, das Relief geschliffen scharf. Die eisigen Borden der Stores, der Vorhänge, das Singen des klirrenden Gebäudes, das sich in der Epoche vertat.
Manchmal ist das Wunderliche ein unaussprechlicher Vorgang, aber ohne Worte ist er nicht. Manchmal suche ich die freien Zellen auf, die in den Klosterwänden eines Claustrums der Ruhe, nicht des Glaubens, stecken und hinausführen in ein Zwischenreich. Keine Norm begrenzt diese Zellen, sie entsprechen in ihrer mathematischen Genauigkeit exakt dem Kosmos der Frage, die man stellt (sich stellt oder niemandem stellt), und die man stolz wie eine Wunde trägt. Die Türen sind rund wie ein Laib Brot, und auch die Röhrenförmigkeit so mancher Zellen gewährt einen ungewohnten Aufenthalt. Die euklidische Geometrie stellen sie in Frage für den, der Fragen hat, die er sich gerne selbst stellen möchte. Der Frager benutzt einen Spiegel, der in diesen Zellen in der Tasche des Besuchers heranwächst, nie größer als sein eigenes Gesicht, damit nicht zu viel Licht und Schatten von den Wänden bricht. Die Tage lasten wie ein schweres Gewicht. Hier aber ist die Schwerkraft eine andere, hier ist man nur so schwer wie man wirklich ist, der Ballast ist das, was man sich selbst aufgeladen hat; man erkennt ihn oft nicht, weil der Körper seine Dominanz behauptet und zum Beweis die Waage fordert. In den Zellen sind Worte zu wagen, einzeln zunächst, ungeachtet der Rohform, die sie den Sätzen sind. Ohne Sinn erst werden die Worte klar, sie erscheinen ohne Staat und Hof, bekleidet sind sie nur mit ihrem Klang, ihre Deutung ist nicht erforderlich. Die Ruhe der Klausur ermöglicht das Eindringen in sich selbst, ein Gewaltwort freilich, wie vieles: eine Aussage der Tat. Das Eindringen aber erfordert nur den Respekt der Suche.
Ich nähere mich dem Zementloch nur in der Vermutung. Wo es strotzte, randgefüllt mit Werbewassern aus den baldigen oberen Stockwerken. Auch darin sitzt eine Höllenmetapher. Kommt ein versengter Engel an, kommt niemand mehr ihn holen. Und schon verklungen ist der Kräne Zank, die Kettenmanöver im Wettbewerb. Zur Eröffnung bleibt ratlos der Sekt im Halse der Flasche stecken, will auch dann nicht aus der verjüngten Öffnung fahren, als ein Kellnerfinger ihn ruft.
Die Kälte trieft und reift vom Dach. Zuerst. Doch dann ergreift die dunkelblaue Wassermacht Spaliere und Ecken, Kanten, kurz: das ganze Habitat. Der Leuchter Kronen springen tausendscherbig scheinbar in der Luft, die kaum zu atmen ist, so geschwind ziehen die Jahre vorbei,hinterlassen rohgefranste Kürbisfelder weiß, ein Schimmelkern zerbirst in jeder Nacht, die nur Sekunden währt. Rebellisches Scheiden am Scheitergrund, am Ufer der Abschiede, Les Adieux – der Klang verweht schon tiefgekühlt. Wer hat je schönere Noten gesehen? Ein Zappelphilipp stillt seine Glieder, ein Mandelkorb fällt übern Zaun, kein Flügelschlag surrt das Verderben an. Und wenn du leise von mir gehst, dann bitte ich dich zum Tanze.
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