Europäische Begegnungen
Sowohl Durs Grünbein (geb. 1962), dem 1995 mit damals erst 33 Jahren der Georg-Büchner-Preis verliehen wurde, als auch Katarina Frostenson (geb. 1953), die 1992 als zweitjüngstes Mitglied in die Schwedische Akademie aufgenommen wurde, haben bis heute bereits ein umfangreiches und mit höchsten Preisen gewürdigtes Werk vorgelegt. Im Zentrum ihrer Dichtung stehen große, universale Themen der europäischen Dichtungstradition – im weiten Hallraum v.a. der antiken Literatur, der Geschichtsschreibung und der Mythologie. Doch sind kaum eine Handvoll ihrer Gedichte in die jeweils andere Sprache übersetzt worden. Die „Europäischen Begegnungen“ (die Anfang 2013 initiierte Reihe der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung) wollen deshalb mit diesem Abend einer verstärkten wechselseitigen Wahrnehmung deutscher und skandinavischer Poesie den Weg bereiten: mit einer zweisprachigen Lesung – u.a. von unveröffentlichten Versen – und einem Dialog der Autoren über die einschlägigen Verhältnisse in ihren Ländern.
Moderiert wird der Abend von Michael Krüger. Simultandolmetscher: Adolf Krämer.
Am Mittwoch, dem 04. Dez. 2013 um 20:00 Uhr im Lyrik-Kabinett München in der Amalienstrasse 83 / Rückgebäude.
Katarina Frostenson
Votivbild
Die Stelle zwischen den Ohren ist ein Geschlecht. Befingert:
ein Geschlechtsboden zum Wellenkamm geformt, er wogt. Schlängelt
in Linien von Ungehörtem, in der Form einer Barke. Ein Kahn. Darin
lag alles sichtbar und nackt zu fühlen. Zu salben, den Finger
ringsherum zu führen, bis der Tropfen rollt. Mit Hitze zieht es
sich zusammen, und stößt seine Flüssigkeit. Ein Geriesel, still
gleitet sie gesalbt ihren Schlängelweg weiß, zum Paarungsort
wo die Schuppen fallen es ist eine Schlange im Ohr
Aus dem Schwedischen von Verena Reichel
Aus: Die in den Landschaften verschwunden sind. Gedichte.
München Wien: Carl Hanser Verlag 1999
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