Fix Zone

Duschgel als Beispiel

Redaktion: 

In einer Welt voll von generierten Bildern verändert sich der Auftrag der Kunst. Ein Nachdenken über diese oft hoch psychologisierten Bildwelten, die Formen der Bildwiedergabe und Bildrepräsentation ist zwingend. Die Relation von Bild und Sprache, Sprache und Körper, Bild und Raum, Objekt und Subjekt hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten rasant verändert. Während die originäre Bildgenese als primäre Aufgabe der Kunst entfällt, wird das Arbeiten mit bereits existierenden Bildern, Objekten und Räumen zum entsubjektivierten Ort der Reflektion. Es gilt, die Welt aus der Abstraktion zu begreifen und nicht die Abstraktion aus der Welt. Das Moment des individuellen Schaffens wird nebensächlich, das Moment der Überführung der Bilder und Gegenstände in den Kunstraum als solches irrelevant. Die visuelle Reflektion erfolgt rhythmisch, prozesshaft und seriell. Die Wiederholung im Seriellen vollzieht sich dabei weniger im Spannungsfeld von Differenz und Gleichem als in einer unabschließbaren Vernetzung; allein in der variierenden Spekulation kann gedacht werden.

Durchdringender, staccato-artiger Sound und die serielle Poetik inkohärenter Narrative treffen in Ed Atkins’ Videos auf die hyperreale Präsenz und Kälte animierter menschlicher Körper. Die Grenzen zwischen der vermeintlichen Immaterialität des Mediums und der Körperlichkeit des Betrachters werden bis zum Exzess strapaziert. Oberfläche, reale und virtuelle Räume, digitale Bildbearbeitung und analoge Inszenierung verdichten und überlagern sich in den Arbeiten von Michele Abeles zu komplexen Bildebenen und Bildbedeutungen. Ihre Arbeit verlässt die starre symbolische Ordnung der Dinge zugunsten einer stetigen Zirkulation der Bilder und ihrer wechselnden Betrachtung.

Die Ausstellung Speculations on Anonymous Materials bringt weltweit erstmals internationale künstlerische Positionen zusammen, die die Anonymen Materialien des rasanten und eingreifenden technologischen Wandels neu denken lassen.

 

Jörg Heiser im Feuilleton der FAZ über die aktuelle Ausstellung im Fridericianum:

"Erster Trend: Post-Internet-Art. Seit ein paar Jahren kursiert der Begriff für Werke von Künstlern, die in den achtziger Jahren geboren wurden und ihre Sujets und Methoden aus der digital vernetzten Alltagserfahrung schöpfen. „Post“ meint hier nicht „danach“, sondern „längst Alltag“. Das Netz wird als zweite Natur durchstreift, aus ihm werden Bilder extrahiert, Artefakte werden vom 3D-Drucker ausgespuckt. Es geht nicht um vergeistigte Virtualität wie noch bei den Cyperspace-Utopisten der achtziger Jahre, sondern im Gegenteil um digital frisierte Materialität.

Zweiter Trend: spekulativer Realismus oder auch neuer Materialismus. Eine Reihe von Philosophen, in den fünfziger und sechziger Jahren geboren, versucht, aus einem neuzeitlichen Axiom auszubrechen, dem zufolge man nur über das denkende Subjekt Zugang zur Welt finde, die Gesetze des Seins nicht ohne die Gesetze des Denkens fassen könne. Ob Immanuel Kant, dem dieser Gedanke zugeschlagen wird, damit Genüge getan ist, sei dahingestellt; aber es geht darum, dass sich nichtmenschliche Wesen und Dinge - Einzeller, Flüsse, Bäume, Smartphones, Galaxien - nicht einfach nur der Verdinglichung des Menschen unterordnen, sondern eigenen Gesetzen folgen. …

Die Ausstellung ist da besonders stark, wo es selbstreflexiv um Aneignungsprozesse geht. Was passiert mit den Dingen und Technologien, wenn sie künstlerisch einverleibt werden? Es geht darum, ein diffuses Gegenwartsgefühl in einen bestechenden Gedanken zu übersetzen. Endgültig erledigt ist das tabula rasa klassischer Avantgarden, die scheinbar aus dem Nichts Neues schufen - wobei doch in Wahrheit das Neue immer aus Bestehendem amalgamiert wurde. So ist es endlich im Bewusstsein dieser nach 1980 Geborenen angekommen."

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