Historische Avantgarden
aus: Gerda Breuer, Elina Knorpp Gespiegeltes Ich.
In den historischen Avantgarden der 1920er Jahre spielte das Selbstbildnis eine besondere Rolle. Auffallend häufig porträtierten sich VertreterInnen der angewandten Künste mit dem damals neuen Medium Fotografie. Die schnell und einfach zu bedienenden neuen Handkameras boten ihnen Gelegenheit, den Status des Subjekts durch Selbstbefragungen, Rollenspiele, Maskeraden und Transgressionen ins andere Geschlecht zu reflektieren. Insbesondere Frauen überprüften in dieser Zeit die Vorstellung traditioneller Geschlechteridentitäten und Klischees weiblicher Repräsentation.
Einen besonderen Impuls erhielten die Selbstbefragungen mit dem neu und ebenso rasant aufkommenden Bild der "Neuen Frau". Was bis dato als Feminisierung der Kultur negativ konnotiert war, wandte sich nun selbstbewusst in sein Gegenteil. Die Frau wurde quasi "angerufen" (Althusser), den modernen Konsumismus zu vertreten. Das neue Frauenbild wurde von Designerinnen und Fotografinnen in Szene gesetzt, an ihrer Durchsetzung haben sie mitgewirkt.
Im Zentrum dieses eben erschienenen Buches (das zurückgeht auf ein Symposium in der Bergischen Universität in Wuppertal im November 2012) stehen unter anderem Künstlerinnen wie Marianne Brandt, Marianne Breslauer, Claude Cahun, Florence Henri, Lotte Jacobi, Germaine Krull, Dora Maar, Lucia Moholy, Ré Soupault, Grete Stern und Varvara Stepanova.Der Band mit seiner Vielzahl an faszinierenden Fotografien, spiegelt das moderne Selbstverständnis der Frau in den 1920er und 1930er Jahren.
Gerda Breuer, Elina Knorpp: Gespiegeltes Ich. Fotografische Selbstbildnisse von Künstlerinnen
und Fotografinnen in den 1920er Jahren. 192 Seiten | 20 x 28 cm | 115 Abbildungen. Nicolai Verlag Berlin.
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