Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
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Des Rezensenten Ethos.

Schmerzhaft falsche Bilder.
Er ging zur Toilette, wo er lange sitzen blieb. (…) Er saß da, über einer Vergangenheit, die er wegspülen würde, die unbesehen verschwinden würde wie der Treibstoff einer Rakete (…)
Peinliche Stelzungen.
Das Mädchen mit der Brille war dagegen streng katholisch. Seine Beziehung zu ihr bestand hauptsächlich darin, daß sie miteinander redeten.
Stilistische Ungenauigkeiten.
Der Gestank erinnerte an den einer alten Gracht, in der das Wasser aufgerührt wird, nur irgendwie frischer.
Alles aus den ersten Seiten von Hermans' Die Tränen der Akazien


Doch ist ein Buch noch nicht notwendigerweise schlecht, wenn sein Autor bisweilen schlecht formuliert. Genau das muß ein Kritiker wissen, das macht seine Arbeit so heikel. Es kann sogar ein sehr g u t e s Buch sein; trotz allem. Nur ist es dann nicht vollkommen - eine mit Loyola gesprochen 'läßliche' Sünde.

Volo di Notte. Dallapiccola nach Saint-Exupéry.


Non abbiamo più essenza.

[Die letzte Mitteilung, die vor dem Absturz vom Abendland noch aufgefangen wurde.]

Zumutungen. Von Hermans.

Weil Carolas Leben so trostlos war, besuchte sie seitdem Lydie oft zu Hause bei ihren Eltern. Die Familie war nicht reich. Und das gefiel Carola so gut, denn sie war zwar auch nicht reich, würde es aber bestimmt noch werden.
Die Tränen der Akazien, aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert.

Romane. Von Hermans.


Es ist fast wie im Roman, deshalb hasse ich Romane wie die Pest. In ihnen passieren Dinge mit solcher Leichtigkeit, daß man denkt, in Wirklichkeit würden sie nie passieren. Romane werten die Wirklichkeit ab.
Die Tränen der Akazien.


[Mitunter stehen auch in mißlungenen Büchern gute Erkenntnisse, denen es dann nicht einmal etwas nimmt, wenn sie vermittels eines Klischees oder insgesamt schlecht formuliert sind.]

Und: Blasende Schimmel!


Sie reiten auf Schimmeln. Die vordersten blasen Fanfarentöne auf schrillen Trompeten.
Hermans, Die Tränen der Akazien

Von was sonst?

Mit jungenhafter Unbeholfenheit bleibt er stehen, doch sie läßt sich von ihm küssen, von seinen Lippen, die sich meist kaum bewegenbeim Küssenund dennoch alles sagen,und als wär das sprachlich nicht schon schlimm genug, setzt der Herr Hermans noch folgendes drauf:den Lippen, die, wenn er lacht, einen kleinen Teil der weißen Zähne freigeben, die unschuldig sind wie die Zähne von Kindern.

[Entweder ist der Text wirklich so schlecht oder die Übersetzung ein Skandal.]

Weltliteratur Oder Die Frauen von der Art.

Mit einem Lächeln im Gesicht, gewürzt durch das Wissen, daß er (zum wievielsten Mal schon?) wieder nicht dazu kommen würde, sein nicht benötigtes Geld auf das Sparbuch einzuzahlen, geht er um das Pult herum und erblickt eine Frau von der Art, die Männern zum Verhängnis wird.
Hermans, Die Tränen der Akazien

Die Tränen der Akazien: Der Rezensent und die Kleider des Kaisers.

Es ist Den Dschungeln schon bewußt, mit welchem Kaliber sie es offenbar zu tun haben, ohne aber, daß Hermans’ Ruf in diesem Buch auch nur irgend etwas entspräche… - da erreicht sie eine Mail:

Lese gerade deine sachen zu fw hermans. Sei da bitte ganz vorsichtig mit „stilistischen ungenauigkeiten des autors“. Fwh hat sich zeitlebens – nicht nur wg. der nazizeit – gegen übersetzungen seines werkes gesträubt, weil er es für unübersetzbar hielt. Habe in tiefsten ddr-zeiten sein ‘nooit meer slapen’ auf holländisch gelesen; wenn ich nur mal zeit hätte, es mit der vorliegenden übersetzung zu vergleichen.
In holland gilt er als einer der sprachmächtigsten dichter, und ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß die von dir monierten ungenauigkeiten auf das konto des übersetzers gehen…

Je nun, was aber tun, wenn der vorliegende Text von Ungenauigkeiten, falschen Bildern und Tempuswechseln, unglaubwürdiger Personenzeichnung (wenn man von einer solchen überhaupt sprechen kann), vor allem aber schlechter Sprache so sehr strotzt, daß nicht alles der Übersetzerin untergeschoben werden k a n n ? Wie beurteilen, wieiviel auf ihr Konto zu buchen ist und was dagegen sich schon dem Original selber verschuldet? Was soll einer schreiben, der einen Mann nackt herumgehen sieht? Daß er bekleidet sei – nur weil es sich um einen Kaiser handelt?

Und welch ein Unrecht des Verlages! Zur möglicherweise ersten Begegnung mit einem Autor von - wie gesagt wird - Weltrang ein Buch von unterem Niveau zu machen. Das - im Deutschen jedenfalls - von allerhöchstens philologischem Interesse ist.

Von Eisenhauer.

Sie vertraute auf Worte, denn Worte schufen Distanz. Ich nicht. Körper hatten sie enttäuscht. Mich nicht. Mich hatten Worte enttäuscht.
Im Eis.

Goldkehlchen.

Es gibt großartige Maler, die haben Glück. Und ebensolche, die haben es nicht. Damit ist über das Verhältnis von Qualität und Erfolg alles gesagt.


(CXXXVII).

F a s t alles. Es gibt auch schlechte Maler, die haben kein Glück.

Zum auktorialen Erzähler. An die inzestuöse Schwester. Poetologie.

Schon aus handwerklichen Gründen bleibt er letzte Instanz, aber als Kausalität aus Freiheit, modellhaft sozusagen, und läßt sich jederzeit von jeder Figur aushebeln. Sofern ein Text über Figuren/Personen verfügt, sind sie ohnedies so viel stärker als ihr „Urheber“, dem sie überhaupt erst die Wirklichkeit geben. Was ich andeuten wollte, war bloß, daß wir ihn ebensowenig anheimstellen können, wie uns auf ihn berufen. Er bleibt die Vaterfigur, die wir brauchen, um sie zu töten. Ohne ihn, ob er sei oder nicht, w ä r e n wir nicht. Ich muß nicht eigens betonen, daß „er“ hier natürlich ebenso für die Mutter oder sogar „die Mütter“ steht... nur daß man denen, weil sie einen durch Hereinnehmen und nicht durch Differenzierung umbringen, mit Väterwaffen einigermaßen wehrlos ja gerade e b e n n i c h t gegenübersteht. Außerdem gibt es Mütter, die die eigentlichen Väter und Väter, die eigentlich Mütter sind: Ich h a b von jenen ein Exemplar. Natur scheint eine große Vorliebe für Travestien zu hegen. (Übrigens gibt es, faktisch gesehen, keinen „auktorialeren“ als den IchErzähler.)

Gestrichen aus INZEST oder DIE ENTSTEHUNG DER WELT.

Untergänge, mythisiert

Darf ein Schauspieler, der großartig einen F a u s t gegeben hat, ebenso großartig einen Hitler spielen?

[Bereits das Wort “Untergang” setzt einen Mythos voraus, den es dadurch schafft. Zumal der Begriff gegenwärtig nicht so sehr an Etzel und das furchtbare Nibelungen-Massaker denken läßt als an die T i t a n i c, also an eine moderne Trivial-Ikone. Auf diese Weise wird Hitler-Deutschland insgeheim zu Pop.]

So schlimm steht es noch nicht, daß dem Unbewußten etwa der Optimismus flöten ginge.

Als er an dem Programmkino vorbeiradelte und im Augenwinkel einen Spielfilm namens 2046 affichiert sah, beschloß er spontan, ihn sich anzuschauen, um im dann eines Tages eingetretenen Jahr überprüfen zu können, inwieweit sich denn alles bewahrheitet habe. Und da er nun fünfzig war, sah er sich noch im selben Moment mit neunzig: einen hageren, etwas vorgebeugten Dichter mit einem Lebenszynismus um die Lippen, doch der alten Trauer in den Augen. Und hatte einige Bücher noch v o r sich – oder endlich zu malen begonnen. (Der Satz hiervor, der sich auf den Alten bezieht, steht mit allem Recht im Imperfekt.)

[Ich entsinne mich einer Erzählung von Borges, in welcher der Autor als junger Mann sich selbst als einem Greis an einer Parkbank begegnet; sie sitzen beieinander und sprechen, und der Alte sagt dem Jungen manches, das diesem nicht gefällt, von dem er aber weiß, daß er es erfüllen wird. Ich weiß aber nicht mehr, wo diese Geschichte steht und ob nicht überhaupt ich selbst sie erfunden habe und - ohne größenwahnsinnig zu sein – ob sie, w e n n ich sie erfunden habe, nicht von Borges stammt. Um ihn variierend zu zitieren: “Ich weiß nicht einmal, wer von uns nun fünfen diese Seite schreibt.”]

Hier einen ganzen Scheffel voll Ideen.

Damit das >>>> Maß nicht hohl bleibt.

[Die künstlerische Verachtung, die Die Dschungel gegenüber dem Urheberrecht haben, weil es Kunst für Ware nimmt, ist derart groß, daß sie sich im Vertrauen darauf, sie machten es sowieso besser, auch gerne mal bestehlen lassen.)

Dichters Verhängnis.

Lust schöpft Leben, das Leid hingegen bringt nichts hervor als gute Kunst.


(CXXXIX).

Gregor Eisenhauer, Im Eis, Novelle. Notate.

Die Hauptperson ist immer gesichert, gibt sich nie schutzlos (dem Leser), das ist eine Schwäche des Textes; zugleich macht genau das aber die Hilflosigkeit der Frau deutlich, und eben da liegt die Stärke des Textes. Genau dadurch, daß der Erzähler - aus möglicherweise schutzhaft weggesteckter Sensibilität - solch ein Macho ist, gerät die Verlorenheit der Frau derart präsent in den Fokus - also nicht, weil sein Machismo ihr ein Unrecht antut, sondern weil sich die Verlorenheit durch diesen Machismo hindurch erst kenntlich machen kann.

Eingeschränkte narrative Plastizität, dafür starke Gefühlsgewalt.

Makellos war sie, denn sie hatte keine Schuld, sie hatte nie Schuld, sie hatte das beste Leben überhaupt, denn sie selbst hatte nie Schuld. Die Schuld der anderen hatte sie von jeglicher Verantwortung befreit.
Im Eis, 112. (Man überlege sich, was so etwas politisch aussagt.)

Der Text hat vor allem anfangs sprachliche Schwächen und hätte gut einen Lektor vertragen, aber in seiner schonungslosen, doch ständig weggedrückten und dadurch fast lapidaren Verzweiflung ist er von einer großen poetischen Kraft. Und dadurch - gegen alle germanistischen Einwände - wirklich gute Literatur. Zumal solche ungeheuren Sätze bleiben:

Glück löscht kein Unglück. Unglück löscht Unglück.
Im Grunde war ich glücklich mit ihrer Vergangenheit. Sie ersparte mir die Zukunft.

Luigi Pirandello. Eine Radio-Redoute.

Neu herunterladbar bei >>>> herbst & deters fiktionäre.

Nicht einmal e r.

Widersteht ihr.

Resa spielte nun ihre Rolle sehr gut. Es zeigte sich, daß sie ein ausgezeichnete Schauspielerin war. Welche Frau übrigens ist das nicht! Höchstens eine, die eine schlechte Schauspielerin ist.
Lernet-Holenia, Die Standarte.


[Die h ä u f i g s t e Versuchung, die einen Romancier ankommt, ist der sich aus einem eleganten Stil ergebende Kalauer. Wie ganz von selbst steht er im Satz.]

Die schöne Elisabeth Schneider. Entwurf. (1).

“Was ist los?” fragte ich denn endlich.
Verwirrt lenkte er den Blick zur Seite; er war ganz matt, als wäre etwas Trübes in die normalerweise ausgesprochen harten Augen geraten.
“Das kann nicht sein”, sagte Manfred.
“Also komm schon, w a s kann nicht sein?”
“Erinnerst du dich an Betty?”
“Betty? – Momentan…”
“Elisabeth Schneider.”
Dämmerig kam mir eine Kommilitonin in den Kopf, mit der wir die ersten paar Semester studiert hatten; sie war dann aber nicht mehr zur Uni gekommen, mit Beginn des Sommersemesters vor anderthalb Jahren, wenn ich mich jetzt richtig erinnerte. Eine hochintelligente, in ihren Repliken wohl ein bißchen zu spitze, körperlich ziemlich unauffällige Frau; indessen machte ihr Ehrgeiz auf sich aufmerksam, zumal sie sich mit hoher Aggressivität in sämtliche gender-Diskussionen mischte, die sie zudem in unsere juristischen Seminare trug. Das hatte etwas ebenso Gequältes, wie es ausgesprochen lästig gewesen war. Insgesamt hatte Betty wie die Vertreterin längst erstrittener Frauenrechte gewirkt; ihre zotteligen Kleider hatten selbst dann noch eine Tendenz zum Violetten, waren sie knallegrün. Dazu dann sommers die unvermeidlichen dicken Sandalen und im Haar bunte Schnüre, die durch Holzperlen und, glaube ich, einigen esoterischen Billigschmuck gefädelt waren. Ebenso zottelige Tücher waren meist, auch wenn es sehr warm war, um ihren Hals geschlungen und über die Schultern geworfen.
Ich habe Betty nie in Begleitung gesehen, fällt mir noch ein, auch nicht in Begleitung anderer Frauen. Sie hatte bloß immer diesen Cipboard bei sich, vierfünf Blatt eingespannt, am Band einen Kuli, so schrieb sie mit; über der Schulter eine Art Jutesack, aber das setzt wahrscheinlich meine Fantasie jetzt hinzu.
“Und was i s t mit Betty?”
“Ich habe sie eben, glaube ich, gesehen.”
“Ja und?”
“Sie ist wunderschön.”
Ich hätte fast meinen Bissen über den Tisch gespuckt. Zum einen paßte eine solche Bemerkung absolut nicht zu meinem sonst so nüchternen, wenn nicht zynischen pragmatischen Freund, zum anderen war sie in sich selbst absurd.

Die schöne Elisabeth Schneider (3). Schubert.

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(Die Singstimme ab dem (hier) neunten Takt eventuell als Motto rechts über dem Text.)

Die schöne Elisabeth Schneider (2).

Die Sache ließ mich nicht los. Es konnte zwar immer noch sein, daß wir uns irrten, Manfred und ich: nämlich daß wir uns die frappierende Ähnlichkeit dieser einem jeden Atem nehmenden Frau mit unserer unscheinbaren grauen Betty – schließlich eine, will ich einmal sagen, nicht ganz diesseitige Ähnlichkeit - in der Art eines von ihm auf mich übergesprungenen, zwar ein wenig pubertären, doch insgesamt sicher ungefährlichen Wahns bloß einbildeten. Um eine folie à deux mochte es sich also handeln. Daß es das gibt, war mir immer bekannt; man nennt es heute nur meist nicht mehr so1). Andererseits neigte nun gerade der trockene Manfred nicht zur psychischen Instabilität, noch riskierte ich eigentlich etwas, wenn ich mich ein wenig um die Angelegenheit kümmerte. Betty mochte auch gar nicht mehr in Berlin leben; und wenn sie es wirklich gewesen war, die Manfred im JÄSCHKE gesehen hatte, war sie vielleicht einfach für ein Shooting hiergewesen und wohnte sonst ganz woanders, in Hamburg vielleicht, in München, auf Capri oder in California sogar. Also was man sich von solch einem model gemeinhin so vorstellt. Das jedenfalls war als erstes herauszubringen.


1) [Arbeitsfußnote, die aus dem fertigen Text später gestichen werden wird: -“sondern: “Induzierte wahnhafte Störung”.]

Die schöne Elisabeth Schneider (4).

Es gab sicher Hunderte Elisabeth Schneiders in Berlin und darunter zahllose, die sich, wenn überhaupt, nur mit E. Schneider oder unter dem Namen ihrer Ehemänner ins Telefonbuch eintragen ließen. Ich sah deshalb gar nicht erst nach. Mir wäre sowieso der Masochismus abgegangen, Nummer für Nummer durchzuprobieren und mich permanent entschuldigen oder ‘falsch verbunden’ stammeln zu müssen. Statt dessen setzte ich mich aufs Rad und fuhr hinunter zur Mollstraße,um so nah wie möglich an das Plakat heranzutreten und nachzuschauen, ob es nicht vielleicht doch einen anderen Hinweis als nur dieses so unbekannt-bekannte Markensignet gäbe. Und so war es dann auch. Ich mußte über eine Absperrung klettern, um nahe genug heranzukommen; aber der Blick dieser Frau sog mich sowieso an, der ganze Umstand machte mir rein gar nichts aus. Zwar blieb ich noch ein paar Momente stehen, den Kopf weit in den Nacken gelegt, und sah der Frau in ihre tiefen Augen… mir war so schwindlig, als ob ich in das Rohr eines Trichters fiele, das etwas von einem Strudel hatte, ohne sich jedoch zu zentrifugieren… und keine Frage, das war Betty, irgend etwas nicht recht Geheures hatte sie mit sich anstellen lassen – man müsse sie, so schoß es mir plötzlich durch den Kopf – vielleicht retten…jedenfalls machte ich mich, mir einen Ruck gebend, endlich daran, über den Zaun zu kommen, stolperte dann durchs ziemlich dichte Unterholz der jetzt im Frühjahr bereits zugewachsenen Brache und stand endlich unterhalb des Plakats, das ein wenig über meinem Kopf begann und gewiß fünfzehn Meter breit und an die zehn Meter hoch war. Und tatsächlich. Geradeu heimlich klein stand da ganz rechts unten in höchstens fünf Zentimeter hohen Kapitälchen der jeden letzten Zweifel ausräumende Satz: KOMM ZU BETTY NACH BERLIN. Dahinter war eine Adresse angegeben, kein Firmen-, sondern nur der Straßenname und die Hausnummer: Alte Potsdamer Straße 5.

Die schöne Elisabeth Schneider (6).

“Wir haben die Sache, so gut es ging, unter uns geregelt. Was hätte Betty davon gehabt, wenn ich… Sie wissen schon, Polizei, Presse wahrscheinlich, das Gerede in der Schule.”
“Sie haben sich getrennt damals?”
Sie nickte.
“Und er?”
Sie zuckte mit den Schultern.
“Sie haben keinen Kontakt mehr?”
“Betty war sehr gut in der Schule, es war später gar kein Problem mit dem Studienplatz. Sie ahnen nicht, wie stolz ich war.”
War?”
“Sehen Sie, das i s t es ja... Eines Tages… also, das heißt… warten Sie, ich weiß das genau… - Aber vielleicht interessiert Sie das ja alles gar nicht.”
“Aber ja doch.”
“Nur: Deswegen sind Sie nicht hergekommen?” Sie war zwar schon aufgestanden, um irgend etwas zu holen, hatte sich aber im Moment wieder besonnen und sah mich mit einem so gestoßenen Mißtrauen an, daß es mir augenblicks das Herz zusammenzog.
“Ich bin gekommen, weil… ich möchte ehrlich zu Ihnen sein.” Ich schwieg einen Moment.
Auch sie schwieg.
“Ich, ja, wie… Wissen Sie, seit ich Ihre Tochter auf diesen Plakaten gesehen habe… sie geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.”
“So sehr hat sie sich verändert?” fragte Frau Schneider mit einem Ausbruch von unmittelbarer Lebensklugheit. “Sie haben sie früher nie angesehen, aber jetzt…”
“Um es kurz zu sagen. Ja.”
“Raus”, sagte Frau Schneider.
“Wie bitte?”
“Ist das nicht deutlich?”
“Aber wieso?”
Raus, junger Mann. Wenn ich überhaupt noch etwas für meine Tochter tun kann, dann doch wenigstens das, jemanden wie Sie hochkant aus ihrem Elternhaus zu werfen.”

Wundervoll! Emule’s Spott.

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Als jemand, der einerseits den Wortlauf US-amerikanischer Rechtsformulierungen nur allzu gut kennt und dessen Werk, andererseits, unter Umgehung jeglichen Urheberrechts ebenfalls, wenn auch nur teilweise - doch ohne gefragt worden zu sein -, über solche Tauschbörsen verbreitet wird, darf ich mir über den nahezu wiehernden Spott dieses elektronischen Maultiers sehr wohl ein herzliches, ja hell-sympathisierendes Lachen gestatten.

Die schöne Elisabeth Schneider (5).

Das Haus war wie aus Metall, so glatt, so kühl. Ich konnte nicht anders, als, wieder über die Straße hinüber, meine Hand neben die Tür an die Wand zu legen. Wo es übrigens kein Schild gab, kein Namensschild, keine Klingelschilder, rein gar nichts, womit man hätte jemanden auffordern können, die Tür für einen zu öffnen. Aber das Gebäude war offenbar auch noch gar nicht fertiggestellt oder nur bis zum dritten oder vierten Stockwerk; es gab nämlich da oben Gerüste, unten an der Straße aber nicht mehr, weshalb man den Eindruck haben konnte, die Renovierungsarbeiten seien von unten nach oben erfolgt und nach jedem abgeschlossenen Bauabschnitt die Außengerüste abmontiert worden. So daß nun erstaunlicher-, wenn nicht erschreckenderweise all die Bretter und Leitern nicht von der Straße her abgestützt, sondern vielmehr vermittels eines mir unbekannten Konstruktionsprinzips am Dach aufgehängt zu sein schienen. Mir wurde geradezu schwindelig von dem Anblick, - als mir zu alledem einfiel, daß auf dem Plakat überhaupt kein Datum angegeben worden war, also wann man denn nun zu Betty kommen solle – wobei mir obendrein die diminutive Verniedlichung unangenehm spürbar wurde, die dieser Spitzname angesichts des, muß ich schreiben, neuen Gesichts meiner so lange vergessenen Kommilitonin ganz offenbar bedeutete.

Wein und Decolletée. Ein Paket. Vorher. Nachher.

wein1wein 2

Was setzen schöne Seelen ein.

Die etwas ganz unbedingt erreichen wollen?
Ihre Körper.



(CXC).

(Möglicherweise wird Elisabeth Schneider diese Sätze sagen. Sie könnten aber auch von Melusine Walser stammen.)

So Sätze. Melusine Walser. (4b).

Aber noch vor drei Tagen schrieb ich: Bis zum Verrecken will ich mich dir hingeben. Also m u s s es sein.

>>>> MW 5
MW 4a <<<<

[Geklaut. Aber für MW wie geschaffen. Denn aus der Realität in die Fiktion kopiert. Immerhin: Darunter - unter dieser, unter jener? - liegt ein versteckter Link.]

Deutsche Kontinuität: Die Innere Korruption.

Rezensionen über Bücher eines Autors n i c h t schreiben, weil man andernfalls berufliche Nachteile fürchtet. Wider eigenes Wissen Qualitäten verschweigen, weil sie nicht dem mainstream noch ins Machtspiel passen.

So und nicht anders hat der Anschluß funktioniert, sowohl Österreichs als auch der innerdeutschen Universitäten. Und nichts, gar nichts, hat sich geändert. Die im Feuilleton am lautesten nach Aufarbeitung der Vergangenheit schreien, stehen an allererster Front, wenn es darum geht, sich ‘neuen Verhältnissen’ zu beugen. Nur daß nicht mehr das eigene Leben, sondern die nächste Leasingrate auf dem Spiel steht.

“Sie sind ja ein Vielschreiber!”

Freilich ließe sich mit einem lässigen Hinweis auf die Werkverzeichnisse Goethes, Wielands, Dostojewskis jeder vorlaute Mund schnell stopfen, der an das Viele mindere Qualität heften will. Sofern der dem Mund gehörende Kopf von Intelligenz nicht völlig verschont blieb. Freilich.

(CXCII).

“Haben alle Menschen das Recht, eitel zu sein?

Ich sah gestern einen, der hatte zumindest physiognomisch keinen Grund. Sein Antlitz, seine Haltung und seine Anatomie schienen mir ein Recht auf Eitelkeit sogar v e r w i r k t zu haben, auch wenn er als ihr exklusiver Anwalt auftrat.”
 



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