Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
________________________________


 

Diesmal eine Peinlichkeit. (Immer noch außer der Reihe). Jonathan Littell. Die Wohlgesinnten. Lesenotate (7). Robert Merle bei Aufbau.

Robert Merle, Der Tod ist mein Beruf. Robert-Merle4Jonathan Littell, Die Wohlgesinnten. 9783827007384Littell 6 <<<<

Galina Ustvolskaja. Und also es geschah. Vorbereitung der Hörfunk-Produktion zu Marianne Fritz (2). Musikschnitte.

Ustvolskaja-FritzThe music of Galina Ustvolskaya is not 'avantgarde' in the commonly accepted sense of the word and for this reason was not openly censured in the USSR. However, she was accused of being unwilling to communicate and of ‘narrowness’ and ‘obstinacy’. It is only in the recent past that her critics have begun to realize that these supposed deficiencies are in fact the distinguishing qualities of her music. The composer Boris Tishchenko has aptly compared the ‘narrowness’ of her style with the concentrated light of a laser beam that is able to pierce through metal.
Galina Ustvolskaya’s works of the 1940s and 1950s sometimes sound as if they had been written today. Her specific idealism is informed by an almost fanatical determination; this should be construed not only as a typically Russian trait, but also – in terms of Dostoyevsky – as a 'St. Petersburgian' one. Shostakovich wrote to her. „It is not you who are influenced by me; rather, it is I who am influenced by you.“ People quote Ustvolskaya; she does not quote them.
<<<<

Sprecher 1 Ähm, Sie... Sie verfolgen, denke ich, eine bestimmte Strategie. Würden Sie unseren Hörern etwas dazu sagen?
Marianne Fritz (schweigt).

Kaffeehaus-O-Ton weg. Tzigane bleibt stehen, etwas in der Präsenz angehoben. Aber Vorsicht.
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Und also es geschah 1 <<<<

.... und Thomas Meyer zu Ustvolskaja. Wie Friedhelm Rathjen zu Fritz. Und also es geschah. Vorbereitung der Hörfunk-Produktion zu Marianne Fritz (3). Engführung.

Ustvolskaya ... ist keine Musik, die einem was zulieb tun will, sehr schwer verdaulich, und man kann sie auch nicht oft hören... Ich finde sie aber mit dieser fast sturen Beharrlichkeit, der bis ins Extreme getriebenen Kraft und Energie, einzigartig ..., mit diesen wuchtigen Schlägen auf den Holzblock ...
... versteinerte Vorgeschichte und eingeschlossene Erzlager; die Geschichte der Festung selbst wie die Geschichte ihrer Verteidiger und Belagerer; vor allem natürlich die nicht endende Abfolge von Haß und Krieg, von Tod und Gewalt. Nicht zuletzt stecken in den Sedimentschichten der Festung die verlorenen Geschichten jener Dörfer, die „vom Militär ausgehoben (...) und zum Verschwinden gebracht worden sind“.


Und also es geschah 2 <<<<

Tätowierte Penisse im erigierten Zustand.

Findet man hier nicht – auch wenn Google >>>> etwas anderes behauptet.

[Sti(e)lblütenreferrer.]

Erster Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 5. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

92Das HörfunkStudio II befindet sich auf dem alten Rundfunkgelände des aufgelassenen Rundfunks der DDR ganz am Anfang Köpenicks: ein riesiger Komplex direkt an der Spree, so gut wie kaum genutzt, vieles zerfällt, ein paar kleine Privatstudios sind vorhanden, einzwei große Hörspielstudios, die bisweilen die ARD-Anstalten nutzen; ansonsten leerer Raum, verlassene Gebäude, die Rasen zu Wiesen, ungemähten, geworden, verwunschen stehen die Bäume.82Alles voll der Poesie, die eine Verlassenheit gibt, die wächst, wo Biotope gedeihen und wieder Elfen im Halbschatten spielen, während außen herum Replikanten sprießen. Die Privatstudios sind bisweilen von Stars heimgesucht, die schattig aus den Gängen treten; Sting war vorgestern da, man treffe, erzählte mein Toningenieur Meinetsberger, schon mal Roman Polanski; bis vor kurzem wurde der große Musiksaal, der nun ebenfalls allmählich verwaist, vom Filmorchester Babelsbergs bespielt.73
Gerade mal eine halbe Fahrradstunde von der Arbeitswohnung entfernt... man findet dergleichen im Westen nicht, und Berlin dürfte die einzige Großstadt Deutschlands sein, die solch einen Schatz noch birgt – eben weil man ihn ebenso mißwirtschaftend brachliegend läßt, wie uns Bausubstanzen alleine deshalb erhalten blieben, weil die DDR kein Geld hatte, sie abzureißen.116Hier nun, in Block B - dem „Künstlerblock“, sagt Meinetsberger -, dieses Studio, in dem – und in dem gleich nebenan gelegenen größeren Hörspielstudio >>>> Otto Mellies manche Nacht durchproduziert hat... hier nun treffen wir uns; um 10 Uhr bereits >>>> Gerald Schaale, mit dem die Kaffeehaus-Szenen vor-aufgenommen werden, und um 11 Uhr kommen die anderen hinzu: >>>> Antje von der Ahe, >>>> Heidrun Bartholomeus, >>>> Peggy Lukac; Tina Schimansky, die Regieassistentin, und Meinetsberger sind selbstverständlich schon vorher da. Schaale klagt erst ein wenig, das tat er schon bei der >>>> San-Michele-Produktion, „das schaff ich nicht, das zu sprechen“, ich beruhige ihn, lächelnd, und dann wird er auch wirklich gut; es geht gerade bei meinen Texten oft nur erst einmal darum, in ihren Ton zu finden; bei Marianne Fritz gilt das nur um so mehr.53Die Schauspieler kennen einander, haben manchen Topf zusammen aus den Bretterfeuern geholt, das hilft. Schnell ist man sowieso, auch unter Unbekannten, per Du; ich halte auf Distanz, sehr freundlich, sehr verbindlich, so fühle ich auch, aber per Sie. Und tatsächlich läuft das Stück ganz wunderbar, ich muß selten trietzen, lasse die Sprecher ganz zu Anfang in die Musik hineinhören, damit sie einen Eindruck haben, damit ihr Stimmduktus ihn aufnimmt. 63Was tadellos, ja fast zu reibungslos funktioniert, so daß ich sie wieder etwas lockern, etwas agiler sein lassen muß. Es geht um sehr genaues Hören, es geht darum, Passagen abzuhorchen, gerade bei der Fritz muß aus dem Sprachklang heraus gefunden werden, was sie eigentlich erzählt.
Wir arbeiten mit ein paar, aber immer nur sehr kurzen Pausen, fast die ganzen acht Stunden durch; mal muß ein Brot gegessen werden, aber imgrunde wollen alle immer nur weitermachen.43Auch das kenn ich von meiner Arbeit nun, daß so gut wie alle immer hoch engagiert sind, so gut wie nie war einer genervt – unter der Voraussetzung, daß ich die Sprecher selbst zusammengesucht und ihnen vor allem habe das Typoskript rechtzeitig zukommen lassen. Manchmal gelingt ein Satz, der mir einen Schauer über den Unterarm jagt, manchmal gelingt es, fast weinen zu können, obwohl ich dieses Stück ja nun aus dem ff kenne. Gegen 16 Uhr sind wir mit dem gesamten Typoskript durch, wie können sogar schon mit den beiden Sprechfugen beginnen... sie einzustudieren beginnen. Um 17.20 Uhr entlasse ich die Sprecher bis zum Mittwoch morgen um elf. Schimansky, Meinetsberger und ich bleiben noch und legen für die ersten fünfsechs Minuten bereits den Ton an... nur die Kaffeehaus-O-Töne werden wir morgen tauschen müssen, weil ich eine CD in der Arbeitswohnung vergessen hatte.212


>>>> Zweiter Produktionstag.
Und also es geschah 3 <<<<

Zweiter Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 6. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

102Kurz nach halb zehn Uhr morgens war ich bereits wieder am Studio; Meinetsberger saß bereits vor der offenstehenden Studiotür, trank einen Kaffee, rauchte und sah durch die Scheiben auf das kleine Rasenstück mit dem außer Betrieb genommenen Springbrunnen, der es einmal geziert hatte, bis jemand das Männeken Piß zur Anzeige brachte, das dort aufgestellt gewesen war; das war dann fortgeschafft worden, dann legte man den Brunnen still. Hübsch auch die Geschichte von den beiden Interims-Intendanten zur Wendezeit, als der DDR-Rundfunk abgewickelt wurde. Man produzierte ein Hörspiel über jugendlichen Rechtsradikalismus und hatte dafür eine ganze Menge Kleindarsteller engagiert, die draußen „Deutschland den Deutschen! Deutschland den Deutschen!“ skandieren sollten, was sie denn auch taten. Das drang bis hoch in den „Turm“, worin ganz oben die Intendanz sah. Die zuckte nun zusammen und kam überhaupt nicht auf den Gedanken, sich vielleicht mal einen Produktionsplan anzuschauen... nein, man zuckte zusammen und wählte 110. Woraufhin sich das Rundfunkgelände mit einer ganzen Flotte von Polizeiwagen flutete, die Kleindarsteller verhaftet wurden und und und. Der Regisseur des Stücks und Meinetsberger hätten den Teufel getan, da was richtig zu stellen, sondern nur noch gelacht. Und gelacht. Und gelacht.
Man muß wohl nicht eigens erwähnen, daß es sich bei den beiden Zwischenintendanten um Westdeutsche gehandelt hat; einen von beiden fand man mit einer Million ab, damit er seinen Posten klaglos verließ. Ob es dem anderen ähnlich dreckig erging, und was aus den verhafteten Kleindarstellern geworden, entzieht sich meiner Kenntnis; ich hab allerdings auch nicht nachgefragt.

Ab zehn saßen wir dann an den Schnitten. Ich wollte an sich bis zum Ende kommen, >>>> wie ich heute morgen schrieb, die Sprechfugen ausgenommen, und auch nur grob. Aber wir gelangten nur zur TS-Seite 21 – womit wir, unterm Strich gesehen, immer noch gut in der Zeit liegen, sehr gut sogar; ich hätte halt bloß gern gehabt, daß die Sprecher, wenn sie morgen um elf Uhr wieder kommen, das Bisherige einmal auch selbst durchhören können. Mal sehen, was wir von zehn bis elf erreichen...
Die Ustvolskaja-Musiken zu verwenden, war der beste Einfall, den ich haben konnte, und sehr gut, daß Leukert mich darin besonders bestärkt hat. Sie dienen teils für die Legati der Szenen, teils aber, und das ist ein Vor/allem, geben sie einiges von der gedrückten Zähigkeit wieder, mit der die Fritz ihr Werk durchgedrückt hat, auch einiges von dem Leid, das ganz sicher dahinterstand.
Nachsprechen müssen wir morgen kaum etwas. Um 17.50 Uhr schloß ich die Sitzung; Meinetsberger fuhr noch den Backup.
Vor der Tür saß rauchend >>>> Dieter Mann und wartete geduldig, daß das Studio freiwürde, damit er sein Hörbuch weitersprechen könne; mit ihm saß, wohl, die Regisseurin. Grüße, Viel Spaß, und ab ging's heimwärts.117
>>>> DRITTER PRODUKTIONSTAG.
ERSTER PRODUKTIONSTAG <<<<

Und also es geschah 4 <<<<

Dritter Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 7. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

[Arbeitswohnung, Ustvolskaja: Trio für Violine, Klarinette und Klavier.]
Die Fuge spielt gerade, die ich unter die beiden Sprechfugen des Stückes legen, mit der ich sie überhaupt erst bauen will. Das wird die erste Aufgabe für heute sein, erst einmal mit den Sprechern, später dann die musikalische Anlage; vielleicht werden wir genaue Positionen auch für die Musikeinsätze hörbar machen müssen. Und wir werden anfangs wieder mit dem Metronom arbeiten, uns dann davon lösen, aber den Grundschlag im Herzen der Ohren behalten.123
Jedenfalls: die beiden Fugen zuerst, ab 11 Uhr. Vorher, von zehn bis elf, das Stück im vorgesehenen Ablauf weiter- und vielleicht zuendeschneiden. Wär fein, wenn das klappte. Danach will ich, daß sich alle Sprecher einen ganzen Durchgang einmal anhören und von sich aus sagen, wo sie gerne etwas noch einmal sprechen möchten; sie brauchen dazu aber diese Übersicht; an sich möchte ich verstärkt dazu übergehen, „meine“ Sprecher in die künstlerische Arbeit mit einzubinden, die Identifikation mit dem künstlerischen Konzept festziehen, dann reagieren, um die Funken zu nutzen und ins Stück zu binden, die aus der Interaktion geschlagen werden. Das ist insofern heikel, als mir mit dem Voranschreiten des Hörstücks zunehmend klarwird, welch eine Depression Antrieb des fritzschen Welt-Kosmos gewesen ist; wir sitzen ja nicht etwa am Lagerfeuer und singen gemeinsam aufhellende Gospels...
Abends sollte das Hörstück dann einmal komplett „angelegt“ sein, so daß ab morgen die Feinarbeit losgehen kann. Mit etwas Glück gibt es heute um 17 Uhr schon mal einen Durchlauf, bei dem ich - logischerweise noch vor der Mischung - ein DAT-Band mitlaufen lassen kann, um das morgen früh hier über die Kopfhörer vorbereitend zweimal hintereinander abzuhören.

NACHTRÄGE (8.5.):132
Fugen sprechen.

Die Sprecher kamen teils vorpünktlich, besonders Schaale, der schon um zehn erschien und seines Geburtstages wegen Kuchen und Rotkäppchen-Sekt mitbrachte, dem dann erst keiner zusprechen mochte, weil man ja sprechen mußte, dem man aber schließlich einigermaßen d o c h zusprach, vor allem ich, nachdem wir einen ganzen Durchlauf des Rohschnitts gemeinsam angehört hatten und sich unter den Beteiligten eine Art Betroffenheit ausgebreitet hatte, Berührtheit, „das ist ja richtig ergreifend!“ sagte Peggy Lukac und wollte überhaupt keine Kritik lautwerden lassen; Mellies: „Das hätte ich nie geglaubt, daß das so dicht wird, daß das so berührt...“ Und, nachdem wir gehört hatten, fragte er mich auf dem Weg zum Gang, wo man rauchen darf: „Wer hat denn diese Musik ausgesucht?“ Heidrun Bartolomäus hatte einige kleine, sehr fachprofessionelle Einwürfe, dazu Mellies immer wieder: „Nein! Nein!“ Dennoch hat sie in zweidrei Punkten recht; wir hörten dann abermals zusammen hinein, überprüften, schmeckten ab.
Der Morgen b e g a n n aber schon gut: die beiden Fugen flutschten geradezu, wir brauchten kaum ein Anprechen und überhaupt keine Probe mehr; das Ganze hatte sich über den einen freien Tag in den Sprechern gesetzt und wurde mit Engagement, vor allem aber einer Energie vorgetragen, die einem jetzt, im Stück, wie vor den Kopf schlägt, ohne daß irgendwie überzogen wird. Tatsächlich behält alles die Ausstrahlung höchster Konzentration. Daß ich soviel Wert darauf lege, für dieAufnahmen immer alle Sprecher dabeizuhaben (das ist unüblich geworden, es wird unterdessen meist in Modulen gerabeitet, die dann am Schneidetisch zusammengesetzt werden), hat sich abermals enorm bezahlt gemacht: Die Schauspieler untereinander, egal, ob Star, ob Sternchen, hochkollegial, ja freundschaftlich, viel wird gelacht, viel wird erzählt, von früher, aus DDR-Zeiten, von jetzt; gegenseitige Achtung beherrscht das Feld – und so sprechen sie denn auch völlig gleichberechtigt, bei einigen muß man etwas heben, bei anderen etwas wegdämpfen oder umleiten, etwa, daß Mellies' Baß naturgemäß schnell in die Führungsrolle läuft, was hier aber nicht sein darf, zumal es das Stück über eine Frau ist... und sie ließen sich auch lenken, locker, wobei... als ich die Schnitte hörte, als wir schnitten, und dann mich selbst hörte, wie ich übers Mikro Sprachregie-Anweisungen gab, da zuckte ich denn doch zusammen, weil es ungemein autoritär klang. Das wurde akzeptiert, zu meiner nachträglichen Überaschung, und nachdem wir gemeinsam den Rohschnitt gehört hatte, wurde es auch berechtigt, bekam Grund, Erde, Sinn. Mellies, mit einer leisen Ironie, nannte mich hinterher ein paarmal „unsren Principalen“ und nannte das Stück einmal ein „Requiem“. Woran etwas ist, und nun ist es mein >>>> zweites, das ich für Künstler geschrieben, deren Konsequenz ich, ja: verehre..
Hübsch ist noch d i e s e Geschichte: Ein weiteres Mal verdanke ich mein herrliches Sprecher-Team dem Einsatz Antje von der Ahes: „Rufen Sie Heidrun Bartolomäus an, rufen Sie Peggy Lukac an... aber ich ruf vorher an und erzähle von Ihnen.“ Und dann kommt heraus, daß Sie letzterer erzählt hat, da sei ein ganz toller jüdischer Regisseur.... Also erzählte ich die Ribbentrop-Geschichte noch. Lukac: „Das stimmt, das ist wahr, als ein Ribbentrop hätten Sie nie etwas veröffentlichen können...“ „Ich hab wirklich gedacht, daß Sie jüdisch sind“, so von der Ahe, die jetzt ganz ganz leicht von den Socken war. Woraufhin dann das Thema nahelag, wie einen der Name in bestimmten sozialen Zusammenhängen tatsächlich bestimme, der Schein das Sein verbiege... sie hat selbst zu DDR-Zeiten einiges mit ihrem Namen zu tun gehabt, dieses - und sei es vorgebliche - Aristokratentum in einem Kleinbürgerstaat... entsprechend die Sanktionen.
Wir trennten uns am Nachmittag schon, ich gab von der Ahe meine „Undine“ mit und den beiden anderen Damen, die vortags geklagt hatten, daß es kaum Rollen für Schauspielerinnen um die 50 gebe, mein Nicht-Sirius Stück; dieses ebenso Otto Mellies.
Schimanski, die sich als Regie-Assistentin mehr als nur bewährt, die wirklich perfekt ist, sowohl in der Organisation als auch vor allem beim Schnitt (sie hat nicht nur jeden einzelnen protokolliert, sondern hört ihn, innerlich, wenn ich nach Versionen frage), sowie Andreas Meinetsberger und ich blieben noch dort, um ein paar Kleinigkeiten zu revidieren – aber imgrunde war die Luft jetzt erstmal raus. So ließen wir denn nochmal einen Durchlauf starten, aber nur, damit ich mein DAT-Band für >>>> die heutige Früharbeit bekommen konnte. Danach ging's heim, und bei mir gab es Am Terrarium einen Riesenberg Spargel.

>>>> VIERTER PRODUKTIONSTAG.
ZWEITER PRODUKTIONSTAG <<<<
Und also es geschah 5 <<<<

Vierter Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 8. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

Um halb zehn am Studio gewesen, da stand der kleine BMW des Toningenieurs noch vorn an der Schranke. Wir grüßten winkend, ich radelte – es war bereits warm – übers Gelände, sommerlich floß die Spree. „An sich könnte man da einen guten Anleger montieren“, sagte ich mit Blick auf den Fluß. „Ja“, sagte er. Und wie immer, auf die Minute pünktlich, eine Minute vor zehn Tina Schimanski, unsere Regie-Assistentin, von deren Professionalität Meinetsberger mit Recht nur so schwärmt.
Kleines Gespräch am Anfang, ich kau noch mein mitgebrachtes Brötchen zuende, wie rauchen, dann geht es los: Wieder ganz von Beginn, Minute für Minute, von >>>> der Morgenarbeit hab ich meine Anmerkungen in grüner Schrift ins Typoskript geschrieben, „hier bitte Take 29, kann ich da bitte mal reinhören“; insgesamt sind bis zum Abend viereinhalb Minuten dazugewonnen, wir liegen jetzt bei 55'03''; das ist fast perfekt. Mehr will ich aber nicht hineinnehmen, sonst zerdehnt sich die Dynamik des Hörstücks. Wir werden morgen früh hören, ob nicht auch das jetzt schon zu viel war. Meint die Assistentin allerdings nicht. „Wann immer ich denke, das klingt jetzt ausgezeichnet, stellen Sie beide n o c h feiner ein...“ Meinetsberger, unterdessen sind wir denn d o c h beim Du, bessert bisweilen klammheimlich aus, wir hören, er stoppt den Lauf und richtet irgend etwas, hört, nimmt die Kopfhörer, hört abermals; dann wieder ich, will hier noch mal, da noch mal; nachmittags wird die Stimmung angespannt, unser beider, Meinetsbergers und meine, Nerven sind ein wenig bloß; aber wir haben's im Griff; jeder hält an sich; „jetzt wird’s aber Zeit für eine Zigarette“, aber es fällt ihm was ein, und er schiebt weitere fünfzehn Minuten zwischen die Zigarette und sich. So im Stück ist auch er. Ganz nah. Ganz daran. Immer Ustvolskaja, immer Fritz. Es stellt sich eine enorme Balance zwischen Musik und Sprache her: was ich seit je intendiert hab. Ich gehe unterdessen dazu über, schon mal nur einen einzigen Ton in das Hörstück einzumontieren – aus dem Zusammenhang eines ganzen Stückes genommen und, im Sinn dieses Stückes, dann wieder aufgenommen. Und ich merke: ich bin jetzt da, wo ich von allem Hörstück-Anfang an hinwollte:: Musik und Dichtung verschmelzen. Einen ersten Höhepunkt hatte das in dem >>>> San-Michele-Stück, jetzt aber bin ich n o c h einen Schritt weiter, auch (oder vielleicht: vor allem), weil ich mich auf eine einzige Komponistin konzentriere, es also kein Ausweichen gibt. Bei San Michele konnte ich noch zwischen Dallapiccola, Mascagni und Schubert „springen“, hier hingegen beharre ich auf einer einzigen Musikästhetik. Man kann in einer solchen Situation kaum noch schummeln. Und schon gar nicht bei Ustvolskaja, und schon gar nicht bei Fritz.

>>>> FÜNFTER PRODUKTIONSTAG.
DRITTER PRODUKTIONSTAG <<<<
Und also es geschah 6 <<<<

Wo Übertretung endet.

Hört alle Kunst a u f.

(CDXLXXI).

Fünfter Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 9. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

An >>>> Fritzpunkt.
buero@fritzpunkt.at
Wien
UND ALSO ES GESCHAH. Näherungen an Marianne Fritz. WDR 3, 22. Mai, 22 Uhr.
Sehr verehrte Damen,
sehr geehrte Herren,
am 22. Mai wird der WDR 3 um 22 Uhr mein Hörstück UND ALSO ES GESCHAH ausstrahlen. Falls Ihnen möglich, wär's fein, Sie kommunizierten das ein bisserl herum.
Es grüßt aus Berlin nach Wien:
ANH
www.albannikolaiherbst.de


NACHTRAG (am 10.5.):142Nun ist auch diese Produktion im Kasten; es war ja im Vorfeld eine schwierige Geburt, bis ich also einen Produktionstermin bekam; 3 ½ Jahre (!!!) hat das gedauert – die Produktion selbst aber gehört sicher zu den gezieltesten, bei der ich je Regie geführt habe; es gab rein gar kein Suchen und kaum mal ein Ausprobieren; alles stand, nachdem ich ein paar Tage vor dem und am letzten Wochenende selbst die Ustvolskaja-Musiken, und daß es n u r solche würden, festgelegt und geschnitten hatte, imgrunde schon fest: wir mußten nur noch ausführen, sauberschneiden; da war das Ohr des Toningenieurs Meinetsberger maßgeblich. Neben der Interpretationsleistung meiner Sprecher, selbstverständlich; ich selbst hatte ein bißchen was zu dirigieren, das war es dann aber auch schon... gut gut, ein wenig „Inspiration“ war s c h o n vonnöten, aber die ergibt sich immer aus der Kenntnis und der Erfahrung. Es ging diesmal vor allem um – Sorgfalt; sie war es, worauf wir unsere Zeit verwenden mußten. Maßgeblich war zu Marianne Fritzens Dichtung, dem Klang dieser Dichtung, vor allem Ustvolskajas Musik. Weshalb ich zu einem leisen Schrecken meiner Regieassistentin, die ganz hervorragend gearbeitet hat, mit einem on fait des WDRs brach, - verwendete Musik nämlich nur dann zu nennen, wenn sie eigens für ein Stück komponiert wurde, und es ansonsten bei der genauen GEMA-Meldung zu belassen. Es so zu halten, widerstrebte mir sehr; daß mein Hörstück jetzt diese Kraft entfaltet, liegt zu ganz großen Teilen an der Musik; also gehört sie an besonders herausgehobener Stelle auch genannt. Ich hab ja sogar noch ins Stück selbst eine Passage hinzugeschrieben, die sich auf die Musik bezieht; einen Brief Leukerts zitiert, in dem er sich für Ustvlskaja ausspricht. Es wäre absolut unlauter, eine solche Kondition zu verschweigen. Meine Arbeit beschränkte sich rein auf die Montage, ich mußte die Musiken genau kennen (manchmal geht es nur um Zehntelsekunden), um ihnen die richtigen Einsätze unter, zu und nach den Textpassagen zuordnen und sie genau, auf die Viertelnote, plazieren zu können. Und ich mußte, das ist aber, meine ich, für einen Regisseur ganz selbstverständlich, mein Team von meinem Typoskript überzeugen, und zwar nicht, indem ich bequassel und argumentiere, sondern indem ich zeige, indem ich sinnlich erfahrbar mache. Für die Arbeit mit den Sprechern, die ja unsichtbare Schauspieler, nämlich solche sind, die ihre, bzw. die Präsenz der Dichtung, rein in die Stimme legen und über die Stimme kommunizieren müssen, kann es auch nichts schaden, wenn man als Regisseur vorzumachen, sogar vorzus p r e c h e n versteht. Das muß und kann nicht die Klasse der dann lebendig werdenden Interpretation haben, aber deren Aura schon einmal vorwegzitieren.152Gut, ich bin zufrieden. Alles weitere werden wir sehen. Die Sendung wird am 22. Mai um 22 Uhr vom WDR ausgestrahlt werden. Ich werd sie in Der Dschungel einzwei Tage vorher noch eigens annoncieren und auch den Link auf den „Teaser“ legen, den der WDR als Hörprobe >>>> auf seine Website stellen will.CD-Cover

>>>> DIE PRODUKTION.
VIERTER PRODUKTIONSTAG <<<<
Von Fritzpunkt/An Fritzpunkt (2) <<<<

Die Shoa zum Kuscheln.

Es ist nicht zu fassen, aber die deutsche BewältigungsSchuldIndustrie setzt der Verlogenheit immer noch eins drauf. Nach der florierenden Verdinglichung, die nach wie vor prosperiert, sind wir nunmehr beim beauftragten Kitsch angelangt. Ganz offen, quasi* überm verdeckten Führerbunker. Man könnte ihn einen begrabenen nennen.
[Weiter >>>> d a. Mit den Kommentaren.]

Tobias Mindernickel über Daniel Kehlmann und über meine Herkunft.

>>>>Und da zählen die wahnwitzigen Fantastereien des Ribbentrop Enkels Alban Nikolai Herbst noch beileibe nicht dazu.<<<<So lebt die Recherche >>>> in Einem fort. Schlecht steht`s zumal um die kommunistische Zukunft in Österreich, wenn sie sich >>>> hinter Thomas Mann versteckt, weil nur noch bürgerliche Rücken breit genug sind. So gönnen wir dem Mann besser das Pech, wirklich ein Mindernickel zu heißen.

deine nächte sind meine tage

schwingenschläge in leichterer luft
zeit und rauch
kein hauch, kein duft
auf deinen roten lippen any more

dein zartes hirn - schon wieder entwirrt
und alles ist fort
kein wort das noch irrt
auf deinen nachtblauen lippen

versiegelt im nichts bist du jetzt
kein rauch, keine zeit
nicht mehr bereit und unverletzt
in der großen idiotischen ewigkeit

ich bin das letzte reservoir
das dich noch enthält
die welt war so wahr
wie nie and probably never will be.

Männliche Identität, sich bewußte, im Denken.

Ortega-Titel
(>>>> Daraus).

Die Kritik. Pynchon lesen (gelesen h a b e n). (11). Thomas Pynchon: Gegen den Tag. Im FREITAG.

Jetzt >>>> dort.

Und ebenfalls dort, >>>> aber d a, von Mario Scalla, eine zweite.

Die vierte Bamberger Elegie (Teaser).

Wo aber bleibt es, das bleibende Tier? Ging‘s wie Ozon
uns und der Erde verloren, gewesenes Tier, das zum Sterben
kauert... die schmerzenden Bindehäute verkrustet... so siecht es?
Floh es, weil wir es vertrieben? Es hockt nun versteckt - und es lauert?
Wenn uns der Geist von den Körpern so ablöst, wo bleibt sie, die Welt, dann -
wo bleiben w i r? Zweiwertig ist er und kennt nur die lichten
Schatten. Denn gegen die dunkelen trat er, die Leidenschaft scheuend
wie einen Irrtum von Irren, grad an und korrigierte
die Emotion ins politisch Korrekte, damit es, das Tier, nichts
reißt. Doch Vereinen heißt immer auch Nehmen. Ein Fortnehmen heißt es,
niederzureißen das Ich, ab- und es wegzuzerreißen.
Ach, mein nomadischer Leib! Geist ist Monade, er zeugt nicht,
sondern geht ganz auf die Kosten der Schöpfung, sieht nur noch Moral;
lauwarm gedämpft will er Ausgleich – ein schales Ersticken, das blaß
zwischen den Koordinaten verweht, vegetarischen Gittern
einwertig wohldefinierter Zivilheit von Anstand, an dem
Berber, wie Tiere verhungern, müd eingehen: klaglos den Blick
um spätre Rente gebrochen, um Futter zu Fütterungszeiten,
denen man zusieht, belustigt die Kinder, die Fingerchen zeigen -
plötzlich ein Schatten auf einem Gesicht
der huscht von einer Erinnerung her
die mehr weiß als er
doch weiß sich nicht mehr
und sucht -
( - Die ganze Elegie >>>> d o r t. Mit den laufenden Kommentaren.)

Lazarus von Christobal Halffter. Zur Uraufführung in der Oper Kiel.

GHelbigs Kritik >>>> h i e r.

Der Wind hat im Abend sein Haus.

(Zweite & Dritte Fassung:)
Im Wind hat der Abend sein Haus
und der Abend (rot) im Wind

Durch fliegende Türen, mein Kind
gehen (da) Gäste ein und aus
die grad gestorben sind

Wie sich von Bäumen die Wipfel,
deren Blätter von bleibenden Orten
träumen und rauschen im Wind

der zerrt an jedem Blatt und Zipfel,
noch um die Zweige bauschen
die doch schon knickten, Kind

so möchten in den Türen dorten
als ob sich Leib und Licht verflöchten
die Toten jeden, der noch steht

mit ihrem Abendrot berühren
bis es auch den, mein Kind
für kurz an durch diese Türen weht

als Gast ins wehe Abendhaus
und dann für je zur Nacht hinaus.
[Erste Fassung vom Vormittag:Im Wind hat der Abend sein Haus
und der Abend im Wind

Durch fliegende Türen, mein Kind
gehen Gäste ein und aus
die längst gestorben sind

Wie in den Bäumen jeder Wipfel
wenn er träumt
von einem letzten, festen Ort

noch an den allerletzten Zipfel
Hauch sich klammern möchte
so versuchen dort

die Toten in den Türen
als ob sich Leib mit Stock verflöchte
uns und jeden, der noch steht

weiters zu berühren
bis es auch ihn, mein Kind
wie sie in diese Türen weht

als Schattengast ins Abendhaus
und dann hinaus als Wind.
[>>>> Was vom Wind berührt wird.]

Embryohybriden. Stammzellenforschung als Anthropovolution.

A large dairy animal approached Zaphod Beeblebrox's table,
a large fat meaty quadruped of the bovine type with large watery eyes,
small horns and what might almost have been an ingratiating smile on its lips.
„Good evening,“ it lowed and sat back heavily on its haunches,
„I am the main Dish of the Day. May I interest you in parts of my body?
(...) Something off the shoulder perhaps? (...) Braised in a white wine sauce?“
„Er, your shoulder?" said Arthur in a horrified whisper. „But naturally
my shoulder, sir,“ mooed the animal contentedly, „nobody else's
is mine to offer. (...) Or a casserole of me perhaps?“ it added.
„You mean this animal actually wants us to eat it?" whispered Trillian to Ford.
(...) „That's absolutely horrible," exclaimed Arthur, "the most revolting thing
I've ever heard.“
Douglas Adams, The Restauerant at the End of the Universe.

Eine gewisse Regression liegt schon darin, Weiterentwickeltes mit Einfacherem zu verschneiden; der Sinn ist Praktikabilität, auch rettende. Wo aber Rettendes ist, wächst die Gefahr auch. Auf dem Designtisch der Labore liegt nun der Mensch, und eben nicht als Körper, sondern in seiner ganzen Anthropologie, die >>>> das britische neue Gesetz zur Stammzellenforschung immerhin noch mit gewohnter Natur kombiniert und so bis zu vierzehn Tagen Dauer leben lassen will. Danach wird getötet. Bei Knochenmark reichen vierzehn Tage aber nicht. Zehn Kilogramm solle, heißt es, ein Spender schon wiegen; da wär so ein Kind dann etwas älter als zwei Jahre.
Es geht um die Herstellung minderwertigen Lebens: um lebende Ersatzteillager, die für Ersatzteile gezeugt und deren Körper wie Geräte nach nutzbaren Modulen ausgeschlachtet werden. Welch hübsches Bild, in zweierlei Kleidchen, wenn die pubertierende Kranke ihr Schwesterchen zum Spielplatz führt, das ihre Zweitorgane trägt. Und wie wohl nennen's die Eltern? „Rückenmärkchen, magst ein Eis?“
Es geht um die Herstellung minderwertigen Lebens. Um die Frage nach dem Eis zu vermeiden, die zu ihrer gewiß auch so empfundenen Peinlichkeit vor allem eine nach der Zwischenlagerung ist, sollten nach Art von Farmen organisierte Heime eingerichtet werden, was wiederum nach deren Finanzierung fragen läßt. Es empfiehlt sich, die Eltern zu einer Kindersteuer beizuziehen, einem sozusagen umgedrehten Kindergeld, zu zahlen von denen, die sich gegen solche Krankheiten ihres Nachwuchses versichern lassen wollen, die organische Materialspenden erfordern.

Es liegt auf der Hand, daß ein Ausstieg aus der Stammzellen- und Hybridenforschung oder überhaupt der Verzicht auf sie unmöglich ist, wo sich Sozialitäten weder mehr nach Staaten noch gar Familienverbänden organisieren, geschweige von äußeren Einflüssen mehr abschirmen können. Da kann der Islamismus bomben, was er will. Es wird bei den vierzehn Tagen, schon gar den zwei Jahren nicht bleiben, denn schon für Anti-Terror-Zwecke entwickeln wir den Wolfssoldaten; kein Werwolf muß nun mehr erwachsen. Und auch der Mythos kommt zu sich, von dem wir den Halbgott klug subtrahieren, sonst wäre ein Ersatzteilleben ja m e h r als seinen Mehrwert wert.

Das ist nun insgesamt ein Rückfall, der zugleich die wichtigste Nachricht für die ganze Menschheit ist. Am Fuß jeden Fortschritts steht ein Regreß. Dem f o l g t erst das Hirn in Maschinen. Das >>>> Institut für Stammzellenforschung in Wolfsburg, fusioniert um >>>> Lion Bioscience.

Ich saß bei den Platanen.

Wie sie mir kochen,
Lymphe, Lenden, Leukozyten,
das Stammblut, das den reinen
Geist, ihn zu verneinen,
unterströmt - die dunkle Saat
der Lust, der Körper-Proselyten
und Hedonisten, die
sich für frei benennen, wie
als ob sie f r e i erbebten
und kennten nicht das Rad
auf das es uns flicht
und flicht
und bricht mir die Knochen:

Wir s i n d gebebt.
So ist die Erde von Vulkanen,
wenn sie noch lebt.

(Ich saß bei den Platanen
vor einer südlichen Bar
die mittags offen war
und gnädig dem Erlebten.)

Bamberger Elegien (105). Aus der zweiten Elegie in der Vierten Fassung (1).

(...)
Und auch die Gärten! Ach, und die Tage, die Monate fließen!
Wir stehen schaudernd und geben dem Ausdruck, der, hoffen wir,
bleibt – formen u m, daß es bleibe. Schon wieder ist fast ein Jahr
unvermerkt fort... Kunst will es fest|halten und hält's nicht.
Deshalb besingt sie es. Alles ein Wäre, sofern es nicht Weibchen
blenden will und sie betören – nur dann wird sie Jubel und kost
seltsam das Wort Beatrice. Als wäre ein Name der Leib,
bemoost von Dauer
aufzuerstehen, indes alles Wasser doch wegstürzt und spritzt
jahrlang ins Ungewisse hinab über die Klippen
über die Mauer:
aus meinem Studio, die Glastür hindurch auf den Holztritt, den Kies,
den man nicht hört, der Terrasse, und weiter, hinab in den Garten,
über Rabatten, die Rosen, den Rasen, es blitzt was, zur Regnitz,
da durch das Gatter, und du, der du sitzt, rinnst da selbst mit -
wie wir zur Nacht durch ein Dämmern gehn, merkst es am Rascheln,
eingebildetem, an einem Was in den Büschen, am Gras
- zirpt so denn Wind? Singen so Wipfel? Ein Mythisches kommt uns,
schreckhaft und kühl wie die Vorzeiten sind, die sich zurückholn,
i n uns, die Aufgeklärten, mit schlechtem Gewissen, die meinen,
Mörder, wo Menschen, weit abseits von jeder Gemeinde, kaum sind,
lauerten hinter die Hecken geduckt, waldtief, wo Menschen
kaum einmal hinkommen – was fürchten wir wirklich da? Mörder?
(...)

BE 104 <<<<

Das Sexuelle. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (95).

Weil es die - abgesehen von Hunger und Durst - ursprünglichsten Lebenskräfte des Menschen direkt mit den allervermittelsten, denen durch Geist, konfrontiert. Der Auflösung des organischen Körpers im Netz, der ein chemischer von Stimulans und Reaktion ist, wird dadurch begegnet, daß man sich zu ihm radikal zurückbeugt. Interessanterweise ist neben der Destruktion von Organen (militärische Entwicklung) die Rekonstruktion der Organe (Sexuelles als letzten Grundes zeugend*) nach wie vor das wichtigste Standbein des Internets; sozusagen h a t es nur zwei. Wie der Mensch. Alles andere dazwischen sind moderierende Sublimationen, die man Hände nennen könnte – entwickelt, weil der Fang nicht mehr reicht. Die Reihe, so gesehen, wäre: aufrechter Gang, Rückgang des Reißzahns/Entwicklung der Hand, das Werkzeug schließlich, daraus die Verfeinerung der Zunge, daraus wiederum die Sprache (ohne die der Glaube nicht wäre und nicht die Kunst), und schließlich das Internet. Die Fortpflanzungsorgane sind quasi unverändert geblieben.

Imgrunde müßte einer wie ich, der es mit dem Internet ernst meint, gleichzeitig zum Ackerbau und/oder zur Jagd, bzw. Fischerei zurückkehren; er käme sonst nie in den Tiefen an, noch berührte er jemals die Höhen. Sondern verbleibt im Zwischenraum.

Immerhin sind Kinder da. Ohne die wäre es sowieso müßig.

[*) Auch wenn Sexualität qua Kontrazeption von ihrem Grund
entbunden zu sein scheint, bleibt sie doch auf Reproduktion gerichtet;
das b l e i b t der Suchtgrund und die Lockung,
letztlich ist Wollust ihr Geschmacksstoff.]

94 <<<<

Leserinnenpost aus Manhattan. Email-Anhang.

Leserpost-aus-Manhatten(hielt. Und so spielten sie, vereint und ohne eine andere Leitung als ihr innerstes Ohr, man konnte es von den Berghängen schluchzen hören bisweilen, dann lachte wer. Sky hatte sich auf eine Treppenstufe gehockt, seinen Kopf schief auf den Handflächen, Ellbogen auf Knie, so hörte er zu. Welcome to a wonder: Wer hatte uns Ungeschickten Ausgerotzten dieses Spiel gelehrt, wer führte uns die Hand den Bogen? Wer machte es, daß unsre Finger links über die Stege rasten, als hätten sie niemals Frost abgekriegt, als wären sie nicht zahllose Male gebrochen und die Fingernägel rausgerissen, als die Wunde sich eitrig aufgeschwärt hatte? Woher nahmen diese Menschen ihre Kraft, nicht an eine bessere Zukunft, an Gerechtigkeit und Jenseits, denn damit hatten sie abgeschlossen, doch an das Leben selbst zu glauben? Wer hatte dieses Glühen in sie gegossen, den lachenden Ruf von Klippe zu Klippe durch Böen in Augen: ein alter gebrechlicher Kauz namens Olsen, über den sich der halbe New Yorker Musikbetrieb eine Zeit lang nur amüsieren konnte? Tatsächlich er? Oder etwas – wer? - durch ihn hindurch? Schlußakkord. C-Dur?
PAUSE
(Applaus, zögernd, misterioso -
Applaus, molto energico - Erste Leute stehen auf -
Applaus, morendo, zerfasert)
Manche blieben sitzen, andere rannten ganz aufgeregt umher. Waren Reporter dabei? Sonst sind Journalisten doch immer zur Stelle... Man war nur sprachlos. Und was Neill in seiner Loge tat - ja daß er überhaupt da war -, spielte gar keine Rolle. Aber erstes Gerede durchlief die Hänge: daß Maestro Chopstick von der CIA verhaftet worden sei oder)

GHelbigs "Raoul" von Gershon Kingsley und Michael Kunze am Theater Bremen.

Jetzt >>>> hier.

Fotzen. Bamberger Elegien (106). Aus der zweiten Elegie in der Vierten Fassung (2).

(...)
Ein wie Verratenes rächt sich, als ob uns das furchtbar zurückholt.
Erlkönigs Hand blieb auf den Lappen des Großhirnes liegen.
Davon der Schauer, vom Daumen des Elbischen, wenn er es reindrückt.
Wissenschaft, strenge, erfaßt es nicht - aber Gedichte? wo Opfer
immer noch lauschen wie Tiere, doch hinsehen nicht, sondern bangen.
Menschenart s c h a u t, Menschenstolz, und will wissen. In bösesten Träumen
und in dem Dämmern von Nachtwald jedoch, wenn etwas wartet
hinter der Tür und kein Wille bewußt ist, da sind wir dem Tier
wieder ganz gleich: der Instinkt läßt uns fliehen, anstatt uns zu stellen,
statt daß wir‘s stellen, was hinter der Tür ist. Die Wissenschaft ist,
tagsüber nachzusehn, ob das Was war... Kunst schaut bei Nacht,
darin Geschlechtslüsten gleich, die wie sie Emotionen zu erden
mit den Empfindungen weiß und verschmilzt. Bilder, die v o r dem
Ich sind, noch ungetrennt, zieht sie heraus, noch bevor es geformt war,
ihnen, den Ängsten, gepanzerte Schultern zu zeigen und daß
man sie hart anpackt. Jedoch, die Dämonen, sie wollen nicht weichen,
Schlafende sind sie und wie Palimpseste, zusammengenietet
uns in den Cortex gestanzt und in Männern gebannt von den Frauen,
nicht-sexuellen, wie Kinder sie wiegenden, pränatal dunklichte
Mütter, die Frau gar nicht sind, ja Person nicht, bloß schlickhafte Matrix,
nährende Fruchtwasser-Fassung, worin wir nur Teilchen gewesen,
Teilkörper e i n e s umleibenden Körpers, an den wir uns ungern,
weil er dem Geist fremd ist, erinnern, und beugt ihn organisch -
unbestattetes Rufen, so hallt das von Schädelwand hier nach
Schädelwand da als lebendig Begrabnes. Verzweifelt und wütend
kann es nicht sterben, verklingt nicht und giert in dem Mann, der es scheuend
sucht und hinstarrt, und wieder... erbärmliche, herrische Sucht,
fotzen*fixierte, durchdringen zu können, durchdrungen zu haben-
klaffende Spalte, die ansaugt und leckt von dem bebenden Schaft die
Männermilch bis zu der Neige
du Ohnegleiche meinen Schnee
zu schlagen und
zittert im Skrotum wie Schollen, gepflügte, die springen, minutenlang
nach -
(...)

(Zum Sprachgebrach siehe „Etymologie“ >>>> hier. Ich hatte erst
„Möse“ dastehen, aber es geht auch um den Klang, um das
schmatzend-Organische, das das Wort Möse, das insofern verniedlicht,
nicht vermittelt. In der Abfälligkeit des Wortes Fotze/Votze schwingt
die Verachtung des Organischen mit, Verachtung des Geistes gegenüber
dem Schleim. Wir wollen unsere Herkunft nicht wissen, aber sie dringt
aus unserer Wollust immer wieder heraus, was übrigens wohl ein Grund
dafür ist, >>>> daß die reale Darstellung sexueller Vorgänge nach wie vor als
pornografisch sanktioniert wird
, mit den Worten des verlinkten Kritikers
als etwas, das „der Leser“, mit dem sich Richard Kämmerlings
selbstverständlich selbst meint, „nie über Sex von Schriftstellern
zu wissen wünschte.“)

[Mahler, Zehnte Sinfonie, >>>> Barshai-Fassung. (Auch ich favorisiere entschieden >>>> Wyn Morris).]

BE 105 <<<<

Das Cello.

Es ist ein sehr schönes, im Ton ausgesprochen kräftiges Instrument, das mir durchaus entspricht: der Klang ist nicht so schön wie der des (viel kleineren) Cellos meiner Lehrerin, das dunkel und samtig klingt, mit sehr viel Schwingung und, ja, Frauenseele. Das größere Instrument aber hat Leidenschaft, die auch einen bösen Ton, den man aus meiner Lehrerin Cello nie herausbekäme, nicht scheut. Es kann samtig, aber auch sehr sehr hart klingen. Es mildert nichts, jeder falsche Griff wird rücksichtslos wiedergegeben. Ein Instrument für stark Dominante. Hätte ich das Geld, ich würde es kaufen; da ich das Geld aber n i c h t habe, bedauere ich es nicht, mich diesem Instrument nicht aussetzen zu müssen. Außerdem, das Instrument meiner Lehrerin sagt: da gibt es andere Instrumente, die zugleich diesen Anspruch stellen u n d mehr Samt haben, teurere, gewiß, aber du sollst nicht ein Instrument begehren, hinter dem schon ein nächstes steht.
Es sieht anders aus, als es klingt, es sieht m i l d e aus, dunkel im Holz, wie ein lasiertes dunkles Feuer, das allezeit leise glimmt.

life

life is the breathtaking breathtaking of a reptile
that used to be me.

Das Essen und die Sprache des Menschen.

„Vergessen Sie nie: Wir verdanken dem F e u e r die Sprache.“

[Nachdem der Mensch gelernt hatte, die Speise zu garen,
verfeinerte sich seine Zunge. Durch die Ausdifferenzierung
seines Geschmacksinnes wurde er fähig zu sprechen.
Eine Erzählung >>>> Frank Brunner-Robinsons.]

気 und Lancôme oder Die Aufladung. Bamberger Elegien (108). Aus der zweiten Elegie in der Vierten Fassung (3).

(...)
Wie aus der wolkenzerrissenen Bamberger Nacht nun die Sonne,
Anahit, meine Geliebte, heraufsteigt. Doch drehn wir uns drunter.
Alle die schlummernden Dächer und Wipfel, die über dem Hainpark
rotgelb erwachen. Das geozentrische Weltbild, darum
wir uns drehn, Junge, die Astronomie, ja, die Physik.
Innere Astronomie aber auch, die vom Menschen gemachte,
magisch, dem Menschen beschworen, besungene Inkarnationen
spiritueller Enthobenheit, g i l t: S i e ist das Nahe,
nicht die Mechanik. - Ein Lyriker, abends, als wir das rote
Bergglühen Innsbrucks bestaunten, er zuckte die Achseln und sah nichts:
„Ist nur Natur. Das beeindruckt mich nicht.“ Er begriff nicht, daß Himmel
innere sind - denn Auf|ladung ist das Geheimnis, aus dem

die Verklärung ihr Brot backt
das Format des Gefreiten
der einem Befehl nicht gehorcht
und sich erschießen läßt
Standrecht und Stolz

seiner eigenen Sterne
hinter der Stirne
in die ihn ein einziger Blick
dem Analyse nicht zukam
hineinhielt zur Exekution

Die Polin wandte sich um
als man den Leichnam
fort
schuf die tief
aus Liebe Undankbare -

tat ein Mädchen, Lilly,
Vater, tat später
Lilien
auf das Feld des
unbekannten Soldaten

Täten wie der tat die Nüchternen auch? und verrechnen
nicht erst zuvor Sinn mit Erfolg, projektiertem, und rechnen
instrumental Relevanzen voraus? Was nimmt denn das Licht
fiebernder Lockung vom Meer ab? und wer hört die Teiche erglühn
moorhaft im zaubrischen Grün, wessen Antlitz ergibt sich dem gerne?
Wer noch? Sie schneiden doch alle nach 気 mit Skalpellen, anstelle
daß sie aus Bäumen Basiliken bögen. Wem bläst denn noch Pan
unter dem Dach solcher Kapellen die Syrinx? wie Segel
blähten die Äste ihr gotisches Blattwerk um Himmelfahrt spitz,
Erdwinden fügig, dem Elysium letzter verheißender Inseln,
blitzender, z u: ferne von Zukunft erzählender Sterne,
so schon vergangen, so v o r aller Zeit in die blankenden Achsel-
höhlen die Arme zum Richten des Haars hebender Ištars
(Ištaratu) gestreut wie Lancômes funkelndstes Makeup zur Nacht,
glitzender Puder an Holderneck-Strings, Schatten betonend,
Eyeshadow's Duft, wenn ein Gesicht sich hinabbeugt, uns Mondstaub
unter die Herzen zu flüstern: die hastigen Küsse verkühlten
unter den Haupt|sätzen der Thermodynamik; wie Hagel,
apokalyptischer, schlug sie uns leck. Ištar erstarrte.
O wie es wahr | wurde, daß Götter nie sind und nicht waren!
Jobsuche ist und ist Rente, ist Präservativ und Retorte,
Regen ist Niederschlagsmenge, und Planwirtschaft ist und Kalkül,
ist demokratische Vorsorgewaltung, Verwaltung, Gewerkschaft,
Straßenverkehrs- und Steuerrecht sind, ist Erstehungsgebühr,
bruttosoziale Entladungen, laufend, Entschleierung, Häutung,
aber die Aufladung b l e i b t das Geheimnis -
(...)

>>>> 109
1BE 107 <<<<
 



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