Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
________________________________


 

Engels Samen weinten: Ich

Sensenmann wiegt Leiche
im See. Schlangen weinten.
Menschen lagen wie Stein
in weichen Segmenten, als
gemaltes Wesen: InnenIch.
Nennst es Leichnam, Wiege.
Im Eise schwelgen Tannen,
meine Wangen essen Licht.

Bamberger Elegien (117). Aus der fünften Elegie, fünfte Fassung.

Das eingetrocknete Leibnest bricht unterm Absatz, und riesig die Augen vorm Selbstschreck geweitet, Verirrung von Gender, wie alle Correctness. Der abgetriebenen Föten nach Luft Schnappen vor Sehnsucht nach Müttern, die wollen. Ein Lied für die, denen der Kübel der erste und letzte Empfang war! So kußlos verschließt sich der Deckel überm Gewebe, selbst wenn es, das Herzchen, schon pochte. So tut der Geist es mit Kleinem fast immer, bevor es noch, daß es sich weiß, anfängt. Wer fände sich, wer, der nicht Frauenfeind hieße, welch nicht-Religiöser und Mann, die zu beklagen, die starben, bevor sie recht lebten? Verzweifelt ruft er. Die Tochter ruft er. Ihrer gar ist’s, ist die Stimme, jetzt neu, wieder und wieder, regnitzher hochwehend, über den Garten zur Mauer, zu mir? Wehe, so weht's, wehe, ich bin so für ewig hinweggekratzt worden! Du hörst du mich, Vater? Bin nur mehr ein Hauch, eimergeboren zurückentsorgt, Blutfetzchen war ich, Schleimblutungstochter, zersetzt mit dem anderen Abgang stille im Dunklen diskreter Nekrosen. Mein Wo? Frag nicht! Ich sag’s nicht. Ich habe für dich mein Tochter-Erbarmen. Wie wollte ich, Vater, und hofft' ich's: Tochter Dir sein! Autonomie? Sprechen wir davon? Wirft sie denn nicht, als wie die ungewollten Kinder, Liebe zum Kehricht wie ihnen voraus? Uneigentlich läßt sie uns werden und tauscht gegens Es, das es richtet, die Hinrichtung ein durch das Ich, feindlich den Pflanzen und feindlich dem allen, was immer Instinkt in uns war. Raub- und der Rückbau des amazonischen Urwalds der Ganglien: derart begradigen wir, und uns mit, und begraben und jubeln geschlechtsneutralen Befreiungen vor. Hörst du mich, Vater? Paar Blätter, sie stieben vom Kies hoch. Ein Anruf. Auch er nur ein Windlaut. „Wer ist da?“ Wir lauschen nervös. „Ist da wer?“ Wispriges Rauschen.

>>>> BE 118
BE 116 <<<<<

Yeşim. (Aus einem Entwurf, 1).

(...)
Eine trug das Kabelschloß ihres Fahrrads, das sie schob, um die Hüften, die viel zu breit warn, was man nur deshalb bemerkte. Eine war bis unters Kinn vermummt, als wäre schon Spätherbst; doch an den Füßen trug sie hohe durchbrochene Pumps, die Zehennägel leuchteten wie Himbeern über die Straße. Ihre Fersen waren schmal wie die Rücken silberner Messergriffe, beidseits die Knöchel glichen den provozierenden Versen der verlorenen Suren. Ich, Carah, folgte ihr, der vor Verlangen erblindete Sucher. (...)


Zu lieben heißt, ein Schicksal anzunehmen.

Du weißt, daß ich vom Schicksal überzeugt bin. Ich glaube nicht an Freiheit, wiewohl sie eine gute, sehr gute Arbeitshypothese ist. Wie Gott bei Kant: eine regulative Idee.

Körperflüssigkeiten auszutauschen.

Ist der unmittelbarste Ausdruck von Information. Ihr natürlichster. Der am wenigsten vermittelte. Anti-Entfremdung.

(DXI).

(Nur wollen manche manches besser nicht wissen.)

Klug! Mirko Schädel, Achilla Press.

>>>> Interview bei BuchMarkt.de.

Ich sehe die einzige Möglichkeit darin, vollkommen aus diesem System auszubrechen.

Die Condor-Predigten ODER Bischofslinskis Bosonen. Eingegeben von Denis Diderot.

Hierhinein werden nunmehr des Propheten ----> HölderLines Condor-Predigten, sowie Bischofslinskis Nachtsuaden entweder verschoben, oder die beiden Herren nutzen diesen Platz kommentierend fortan gleich selber; Texte, auf die sie sich beziehen, lassen sich durch elegante Linksetzung - so schrieb einst gerne mein Herr: - schwerelos aufrufen; freilich zöge ich es vor, beide legten die Links immer schon aus eigner Kraft und Willkür.

Die Verschiebereien betreffen notgedrungenermaßen auch anderer Kommentatoren Beiträge, insoweit sie sich ----> auf den Propheten und seinen Narren direkt mitbeziehen.

Bamberger Elegien (119). Aus der sechsten Elegie, fünfte Fassung.

Denn braucht es, was wirkt, daß es wahr ist? Ist Freiheit selbst nicht Illusion? Ließ sie sich anders ertragen, Natur, ihr Unbedingtes, solang man nicht glaubt, selbst zu entscheiden, und folgt doch? Was läßt sie denn übrig vom Geist? Besser, wir schauen nicht hin. Solln vor der Physis hinab auf die Knie? Roboter tun so, Gerät, das Programmen gehorcht, aber doch wir nicht. Waschmaschinen, praktisch gebastelte, die! Tragisch erfüllt sich die Genesis >>>> technisch, in fremder techné, die es doch abwenden sollte, die Dinge für Dinge erschaffend, und immer Sturköpfe weiter, so lebhaft gewiß ist das Ich autonom. Bis wir mal ernstlich erkranken. Dann erst vertraun wir uns der Chemie an und rufen nach ihr, rufen sie an, fordern den Determinismus jetzt ein. Austauschbar sind die Organe; wir wolln sie dann austauschbar wissen. Wie hilflos das Selbst, unser vorgeblich freies. So lang es gesund in Funktion war. Danach werden Föten zu Formel und Nutzzeug. Wir nähren in Schalen Gene und Ei, Reproduktionsgut, steril archiviert. Gravidität wie bei Viehzucht. Kein Blick ist, kein Handschlag, was nicht Biologisches wäre, nicht Liebe, selbst Mutterliebe, enzymische, nicht, die vom Hormon kybernetisch organisiert ist. Kein Zufall noch Schuld. Schuldlos, so fallen die Blüten und tanzen im Herbstwind; der Fluß, schuldlos, er fließt unaufhaltsam dem Wehr zu, trägt die Geschicke, turbinen zershredderte neben des Steinmüllers Haus, zum Rathaus unter die schmalere Fußgängerbrücke, als Gischtkraft, in Strudeln, und weiter. Wie können wir hoffen, mehr als ein Bündel aus konditionierten Reflexen zu sein?

>>>> BE 120
BE 118 <<<<

Friedensnobelpreis 2009.

Wofür bekommt er ihn? Dafür, daß nicht ein einziger Guantánamo-Folterer vor Gericht gestellt ist? Man mag das politisch einsehen, aus Gründen vielleicht innenpolitisch notwendiger Kalküle, um vielleicht eines Tages eine andere USA-Politik möglich werden zu lassen, - aber: dafür schon jemandem den Friedensnobelpreis geben? Obama bekam ihn, letztlich, d a s ist die Wahrheit, nix anderes: weil er als USA-Präsident – s c h w a r z ist. Er bekommt ihn aus Rassismus zuerkannt. >>>> Diadorim, das ist ein A x thieb ins Gesicht Nelson Mandelas. Und die Leute werden jubeln wie am Großen Stern. Und, wenn es die Zeit ist, auch wieder die Hand heben.

(Nobelpreise scheinen insgesamt zu reinen Gesinnungspreisen zu werden. Es sind Preise der kapitalistischen Sozialdemokratie, genau so, wie Gerhard Schröder ein deutscher Kanzler der kapitalistischen Sozialdemokratie gewesen ist; er hätte den Friedensnobelpreis, so gesehen, sehr viel mehr verdient. Und zwar zusammen mit Putin.)

Die große Verkündung


Thermodynamische Absurdität
in einem bis eintausend Akten.


Personen:
ANH ... Denker u. Dichter
Diadorim... Suchende Dichterin und Denkerin
Parallalie... Dichter u. Denker
Condor: ein Wissender


Condor
tritt auf und blickt sich um

ANH, DIADORIM, PARALLALIE u.a.
sitzen schreibend unter den Bäumen und sind in
stillen Gesprächen miteinander versunken.


Condor
Zieht sich eine Kutte über und Sandalen an die Füße,
holt ein Megafon aus seinem Rucksack und brüllt hinein:

„Alle mal herhören. Ab heute ist hier Schluss mit lustig. Die Menschheit
hat lange genug in der Bedeutungslosigkeit gelebt. Dagegen hab ich jetzt
ein Rezept. Die ultimative Formel für...
Es geht um .... äh...... (Faltet ein Blatt auseinander)

ANH
blickt genervt von seinen Bamberger Elegien auf

„Wer stört uns hier in der Kontemplation?“

Condor
„Ich hab genau verstanden, was Sie gefragt haben, aber es ist nicht von Belang. Sowieso kann man, wenn man genau hinschaut, erkennen, dass bereits früher nichts von Belang war. Genaugenommen ist die ganze Evolution bis hierher ein einziger belangloser Vorgang. Ein belangloser Irrtum sozusagen. Sie alle und Ihre Dichtungen inbegriffen.

Diadorim:
"Aber mein Arm schmerzt, und ich spüre mein Herz klopfen. Was ist damit?"

Condor:
Thermodynamik. Nichts als Thermodynamik. Da ist ein kleiner Gärungsprozess im Gang. Mehr nicht. Das Herz. Hahaha. 5,7 Hertz. Mehr ist das nicht. Da müssen Sie nicht so ein Geschrei machen.

Diadorim: schweigt betreten.

Parallalie: rezitiert leise
„Wald
in dem
ich ging
für mich
so hin...“

Condor
tippt sich an den Kopf
"Da haben wirs. Die totale Verirrung des Menschen.
Wem soll man jetzt den Vorwurf machen? Der Physik? Oder vielleicht einer Bande von Halbaffen, die da die Revolution ausgerufen haben?"

Parallalie
schüchtern:
Goethe. Sein Name war Goethe.

Condor
"Wollen Sie mich belehren? Ich habe Goethe studiert. Ich habe ihn analysiert, infiltriert, destilliert und spontifiziert. Mit einem einzigen Ergebnis: Der Belanglosigkeit."

Parallalie
"Oh."

Condor
"Goethe war ein Schwachkopf. Wie Newton Joyce auch. Überschätzt. Alle miteinander. Haben alle nicht begriffen, dass die physikalischen Erkenntnisbewegungen nun einfach mal eine ganze Ecke vorgerückt sind. Und was da passiert ist. Und wie es passiert ist. Und warum es passiert ist. Nichts haben die begriffen. Überhaupt nichts. Das gehört aufgearbeitet. Und eingeordnet in eine neue Welt – und... ähm....
schaut auf seinen Zettel
...prozessbegleitende Gesamtverständigung. Aber dafür bin ich ja jetzt da."
(will Parallalie seinen Goetheband entreißen.)
"So, und das geben wir jetzt mal dem guten Onkel. Her damit!"

Parallalie

klammert sich an sein Heft
"Halten Sie ein, das ist doch Dichtung."

Condor
"Machen Sie sich doch nicht lächerlich! Minzgeschmack. Nichts als Minzgeschmack. Geklagte Ausscheidungen. Tschüss Goethe und Danke."

Parallalie
Gibt ihm traurig das Heft.

Diadorim leise zu ANH:
"Nun unternehmen Sie doch etwas."

Condor:
"Das hab ich genau gehört! Aber wahrlich, ich sage Ihnen:
Wer dynamisiert, und sagt: "Ich unternehme." - der partizipiert, und prosperiert, in dem er seinen Ort in einer Strömung behauptet, der jederzeit von jemanden Anderen eingenommen werden könnte. Dieser Ort aber ist ein Futterort!"

ANH:
"Ich hab Hunger. Könnten Sie sich ein wenig beeilen mit Ihrer Verkündigung?"

Condor:
"Also hören Sie mal, solange Sie sich von dieser Mechanik nicht emanzipieren können, werden Sie nicht erwachsen."

ANH:
dessen Magen mittlerweile hörbar knurrt
"Natürlich. Verzeihung. Fahren Sie fort."

Condor
"Ich verfolge die Kunst, so zu sprechen, dass niemand was damit anfangen kann. Das ist aber genau die Kunst. Genau so zu reden, dass niemand etwas damit anfangen kann. Das selbst noch ein Missverständnis ausgeschlossen ist."

Diadorim:
"Sie meinen, man muss nicht nur nichts zu sagen haben, sondern auch sehr unfähig sein, dieses auszudrücken?"

Condor
Keine Frage. Darum geht es nicht. Ebensowenig wie um alles Andere.
(zieht eine kleine Figur aus dem Rucksack und spuckt drauf, reibt dann
mit dem Taschentuch daran herum.)


ANH:
"Aber, das ist ja ein... Nobelpreis. Wann haben Sie den denn bekommen?"

Condor:
"Wissen Sie, Vergangenheit oder Zukunft, das spielt unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten eigentlich keine Rolle. Ich hab ihn schon, oder ich hab ihn nicht. Popper und Weizäcker haben sich immer aus der Affäre gezogen. Und Mandelstam hatte einfach Pech, dass er Jude war. Ich hingegen könnte Ihnen den Weg in die nächste Reflexionsmenge aufzeigen."

Diodorim:
"Igel retten wäre mir persönlich jetzt wichtiger."

ANH:
"Ich hab Hunger."

Parallalie:
quengelt
"Ich will mein Buch zurück."

Condor:
Stellt den Nobelpreis, ein kleines goldenes Kalb, in die Mitte, und
tanzt drum herum. Singt:

"Ach wie gut dass niemand weiß, dass ich ....."
Unterbricht und schaut fragend zu ANH, der mittlerweile an einem Grashalm
kaut.

„Ahm... Wie war nochmal mein Name?“


Ende des 1. Aktes

Bamberger Elegien (120). Aus der siebten Elegie, fünfte Fassung.

Hab mich vom Schreibtisch erhoben, ich steh in der Tür. Rauchend betracht ich's. Physik und die Physiologie; Wunder, Christìn, sind sie nicht? Zwar ist die Wissenschaft Notwehr und Abwehr, Erklärung als Werkzeug, mit einem Knochen begann es, und dennoch, erschauern und staunen, das können wir trotzdem. Es gäbe sonst keine Musik, gäb nicht die menschliche Hoffart, die durchsetzt, was Alltag und Anbau nicht wollen; sich Fügen vernichtet's. Das Kindchenschema, wir wissen, es täuscht zu den Brauen der Abstand, und klein ist das Kinnchen und zärtlich; Statistiken haben wir drüber, und dennoch, wir sprechen zu recht von der Schönheit der Frauen, interpretieren sie, schaffen sie, ganz, und wir fühln sie. Daß ich nicht wegdenken kann! Von Strenge zu Wähnen, methodisch vagem, diffusem Gefühl, daß ein methodisch Gerechtes nicht sei, nur ein gutes Als-ob, willentlich imaginär, das uns heraushebt und singt, wie die Tiere nicht können. Weil's sich begreift. Städten verging das. Doch Bamberg hält daran fest. Zwar kennt es Zeit, nicht aber Zeiten, moderne, die Rom schon zu Stein für Eventzüge fror, lärmende, weißem aus Marmor, den Historismen, verklärende, cleanen. Bamberg hingegen ist still; Touristengedränge herrscht nur auf dem Brückchen am Wehr neben dem farbigen Rathausbaröckchen, wo's Eis leckt, entspannt zwischen der Bürger- und Bergstadt (wie Rom, heißt es, sie habe sieben Hügel). Sie gehen dann, aufsteigend, ein, aufgeleckt, eingeleckt in ihr, in sie, Stille des kleineren Roms, eingeatmet von mürben Mauern, den stehenden Orgien der Rosen, in Hecken, verwunschnen Gärtchen an leuchtenden Satteldächern. Hier meditiern konzentriert Katecheten in weiten Gebäuden machtloser Schönheit, in milden Gebäuden, bergan; Missionen, die nichts mehr wollen als schlafen, doch selbst in den Träumen noch streng sind. Deswegen ist hier kein Kitsch.

>>>> BE 121
BE 119 <<<<

Obama und Osama.

Ises-Osiris-Mozart-

Letztlich ist Obama nichts als ein politischer Pop-Star und als solcher replikant. Er muß gar keine Inhalte „bringen“, es reicht völlig, für die Hoffnung-als-Inhalt zu s c h e i n e n. Dafür hat ihn das Markinteresse designt. Er ist seine eigene Boy's Group; genau so sieht er auch aus: der „reine“ Vater als demokratischer Bubmann. Imgrunde aber bleibt es beim Alten: Menschen wollen Führer. Obama ist das Sed libera nos a malo der Gegenwart, das die fundamentalen Islami ganz genauso säkularisiert von Bin Laden erbeten. Bin Laden, der maskuline Patriarch, auf der einen Seite, Osama, der feminisierte Hybrid, auf der anderen.
Obama & Osama, so sprechen wir alle das Amen.

(DXII).

Literaturnobelpreis 2009. Moralische Anmerkung.

Seltsam, wie klein der Preis plötzlich wird, den man seit Kindheit für riesig gehalten, für fern. Nun ist er plötzlich ganz nah. Dadurch werden die Dinge aber, anders, als geht man an etwas Wirkliches nahe heran, nicht größer, sie verschwimmen auch nicht, sondern werden – übersichtlicher, schrumpfen sich gleichsam in etwas so Begreifbares wie Voraussehbares zurecht; man sieht die Menschen der Jury und empfindet ihre Willen, Hoffnungen mit, auch ihre vermeintlichen Identitäten, die Selbstbilder. Es geht zu wie überall sonst, und die „Macht“ zeigt sich als etwas, das rein aus dem Ruf kommt. - Auch dies ist eine Form der Profanierung. Der Lebenslauf[(t) - in Mehrzahl „-läufte“ - bringt sie mit sich.
Andererseits ist da auch Schönheit: Welch Glück jetzt über eine Verwundete kam! Wie sehr's ihr zu gönnen ist. Diesen Aspekt hätte eine ästhetisch begründete Preisvergabe n i c h t gehabt; der Literaturpreis an, z.B., Thomas Pynchon, wäre auch nicht von ungefähr so menschlich gewesen, auch der an Philip Roth nicht. Die Humanität der Entscheidung macht glücklich, nicht die Entscheidung.

Rezensionen als Rechtsmittel.

Eine juristisch besondere Novelle scheint dem SPIEGEL vor Augen zu stehen. Auf Seite 110 der Ausgabe 43/2009 beschäftigt sich der Redakteur mit dem Rechtsfall Romy/Magda-Schneider bei >>>> Blumenbar. Des Verlegers Wolfgang Farkas Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils, demzufolge einige Passagen des Buches geschwärzt werden mußten, hatte bekanntlich Erfolg. Das sei, so Farkas, von grundsätzlicher Bedeutung, zumal, so der Spiegel, gegen das Urteil keine Rezension zugelassen worden sei. Ob es de jure um Berufung her oder Revision hin gegangen ist, ist bei des SPIEGELs Wortwahl an sich ohne Interesse. Nur wissen wir nicht, ob hinter ihr ein wirklicher Novellierungswille steht, der nun auch die Strafprozeßordnung aufs Korn nimmt, oder ein redaktionelles SemantikKalkül oder ob, sagen wir, „Freud“ und sein Machtwunsch, der schon das deutsche Wunder der Frolleins bewirkt hat.

Bloch, Gluck und Singermann...

Vater zweier Söhne war ich. Beide Söhne Krieger, in einer braun-grauen Welt, es gab keine Farben in ihr. Der älteste Sohn hatte ein Waffenarsenal, mit dem er viel Unheil anrichtete. Es gab Handkanonen, die Rede war von einer 19er Handkanone, die ich verkaufte, weil ich nicht wollte, daß noch mehr Unheil geschah. Als mein Sohn das erfuhr, kam er zur Tür herein... die erste Kugel traf meine Halsschlagader, aber ich spürte keinen Schmerz, dann zerfetzte ein Trommelfeuer meinen Hals. Ich spürte den Einschlag einer jeden Kugel, mein Kopf fiel zur Seite, dann fiel ich um. Mein Sohn stellte sich über mich, nahm einen Revolver, schoß mir noch eine Kugel in den Kopf, zu dem Zeitpunkt war ich schon tot, spürte aber trotzdem den Einschlag der Kugel in meine Stirn. Während ich im Nichts versank, stellte mir jemand eine Frage: "Was haben Bloch, Gluck und Singermann gemeinsam?"

Seligsprechung & Buchverbot. Wiebke Porombkas Katholizismus bei ANH in der ZEIT.

Wegen des Romans Ende einer Nacht von Olaf Kraemer stand dem jüngst von München nach Berlin umgezogenen Verlag nämlich etwas ins Haus, was sich langsam zur Mode auswächst – man denke nur an Alban Maria Herbst und Maxim Biller (...)
>>> DIE ZEIT online.

Die Beat-Bibliothek.

Haben Sie auch schon mal ein BED-IN gemacht? Das sollten Sie unbedingt tun, und dabei dem tollen Debüt der Fleet Foxes lauschen, über den Weltfrieden nachdenken, in unserer BEAT BIBLIOTHEK schmökern und sich fragen, was eigentlich aus Woodstock-Heroen wie Melanie geworden ist. Wenn Sie dann noch wissen wollen, was Deep Purple mit einem österreichischen Zisterzienserkloster zu tun hat, kann Ihnen Josef Haslinger auf die Sprünge helfen.
Viel Vergnügen mit der dritten Ausgabe von >>>> Beatstories.de – d e m Online-Magazin für Literatur & Rockmusik!
Herzliche Grüße, >>>> Thomas Kraft

Pauls "Monolog" in 2 Varianten gesprochen von Bruno Lampe. 22.10.2009.

<a href="">



Aus dem TB. Zyklus: Selbstgespräche. Wahn.

.

Wahn

So jetzt liest Pawel, Tag für Tag.
Schreibt.Wirft hin, was durch den Sinn ihm
geht. Lässt seinen Träumen freien
Lauf. Lässt sie heraus aus seinem
Kopfe kriechen, fliegen, die Dä-
monen, die Gespenster, kappen-
süchtig, hornbestrumpft, hirschge-
sichtig. Und Diana immer
unter ihnen. Beschreibt sie mit
wilder Inbrunst, hält sie fest, es
ist ihm Qual und Lust, sie so zu
orten, ist ein guter Wahn, fast
komisch, nicht so tierisch schmerzhaft
wie der Wahn, der Paul die Brust und
ihm den Kopf zerdrückt, wenn er nur
sitzt und denkt und wird nicht fertig
mit dem Denken. Nein, solang er
wörtert, darf er närrisch sein. Ist
ein Hellsehdichtwahn und Paul freut sich
seiner, er genießt ihn. Und wird
schreiben.

Im Tb >>>>H I E R

Bamberger Elegien (121). Aus der Achten Elegie, Fünfte Fassung. Frettchen, sie jagen am Dachstuhl.

Chemie ist sakral und die Physis, der Bios (fließ, Regnitz, fließe): organisches Regen, Orgasmen, Regresse. Heiliges Progesteron, das die Uterusschleimhaut aufschüttelt wie für den Kopf eines Liebsten, der herziehen möchte für die Empfängnis. Da­mit sie's bequem hat. Sagt: Niste dich ein, Ei, wo du auch her­kommst. So wächst es, und irgend ein Teil von Sizilien ist drin, das in spätren Jahrzehnten in Enna heraussteigt, dem fremden Touris­ten. Wie auch am Glienicker Park dieser See aus Erinn’rung ge­macht ist, die nicht die deine sein kann. Auch hier warst du nie, nicht in der Villa, nicht in dem Park. Doch ein Treppenhaus ahnt sich, Stiege, der Gummibaum, dort. Da die Tür, eine selig vertraute. Der Duft eines nahen Bohnerwachses ganz sicher nicht deiner Ge­schichte, aus Vorzeit und Vorhängen, gelb leuchtenden, bauschen­den in einem Wind, der dem Kind weht im Bettchen und der es nicht einschlafen läßt. Frettchen, sie jagen am Dachstuhl und jagen die Entchen, mit denen die Decke putzig bestickt ist. Bis eine Stim­me kommt, tröstend, bevor sie Gesicht wird, und hebt dich zu sich heraus. Wie auch das Röhricht ganz sicher nicht dir sirrt, fonte di Ciane, vergessen. Das Jungfernsilber des Sees blickt nicht für dich so. Es schaut aber in dich hinein, suchend, wie wenn du hättest schon deiner Befruchtung des andren Plazenta mitgebracht, die sich im hebenden Alter erst öffnet. Vorsichtig späht da was raus, rau­nend, so spricht es. Verfemtes Wort. Wiedergeburt aber geht so? Ist's embryoblaster Reflexrest neuronalen Bewußtseines, was in uns nachzuckt wie toter Aal in der Pfanne? Wir spüren‘s sich winden und halten den Deckel besser darauf. Schauernd vor Ahnung, be­schwörn wir Vernunft. Licht! rufen wir, und Demokratie. Wie wenn's das abschafft, was nicht in uns Ich ist. Als schwänd es, so­lang wir's verschweigen.

>>>> BE 122
BE 120 <<<<

„...die in der deutschen Gegenwartsliteratur ihresgleichen kaum finden.“ Neuerlich MEERE.

Bernd Blaschke >>>> in Literaturkritik.de.

Viele sein, die sich ausschließen ODER Unter Künstlern.

Noch etwas anderes geht mir im Kopf herum: wie man so vieles gleichzeitig und immer mit selbem Recht ist: ich als Familienvater, überhaupt Vater, ich als Liebender, ich als Benutzer von Frauen, also dieses Dominante, das „Erziehungsspiel“ etwa, das die moralischen und genderkorrekt-modernen Regulative nicht nur überschreitet, sondern - für den Zeitraum des „Spiels“ - durchstreicht, ja sie im Wortsinn mit Füßen tritt, aber genau dadurch Traumata aufhebt, nämlich zur Lust bringt; dann wieder ich als der Schriftsteller, als der Träumer, der politische Humanist und und und... all diese einander eigentlich ausschließenden Rollen, die dennoch jede für sich voll erfüllt werden. Was all das für unser anthropologisches Verständnis bedeutet (die Aufhebung des Geheimhaltens, des Privaten usw), darüber will auch einmal einen Aufsatz schreiben. (Daß sich das so auf mich selbst konzentriert, liegt einfach daran, daß ich meine eigene - um es mal s o zu sagen - Versuchsperson bin; ich habe aber durchaus den Eindruck, nicht einzig zu sein, sondern nur etwas offen auszutragen, das andere lieber verbergen.)

[Poetologie.
Zum Perversen.
Öffentlichkeit und Privatheit.]

„Immer mit selbem Recht“ schreiben Sie. Genau das ist es, was dieses Selbst-Konzept für alle anderen so schwierig macht: Wenn man liebt, will man imstande sein, beim Geliebten eine Art override-Modus aufzurufen, der alle eingespielten Verhaltensweisen außer Kraft setzt. Indem Sie Ihre Beziehungsprozesse öffentlich zugänglich machen, verhindern Sie das. Sie entmachten jene, die davon betroffen sind, sie können nur noch re-agieren. Im künstlerischen Bereich ist das ein spannendes Angebot, bei dem niemand, der darauf einsteigt, das Gesicht verliert - auf intime Zusammenhänge ausgeweitet "funktioniert" es nur für Sie. Weil Sie derjenige mit der Produktion sind. Eine mögliche Schlussfolgerung wäre, auf privater Ebene nur Menschen öffentlich zu machen, die ebenfalls eine Produktion haben, um die Augenhöhe zu gewährleisten.

 



twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this page (summary)

xml version of this page (with comments)

powered by Antville powered by Helma

kostenloser Counter

blogoscoop Who links to my website? Backlinks to my website?

>>>> CCleaner