Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop

e   Marlboro. Prosastücke, Postskriptum Hannover 1981   Die Verwirrung des Gemüts. Roman, List München 1983    Die blutige Trauer des Buchhalters Michael Dolfinger. Lamento/Roman, Herodot Göttingen 1986; Ausgabe Zweiter Hand: Dielmann 2000   Die Orgelpfeifen von Flandern, Novelle, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2001   Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Dielmann Frankfurtmain 1993, dtv München 2000   Eine Sizilische Reise, Fantastischer Bericht, Diemann Frankfurtmain 1995, dtv München 1997   Der Arndt-Komplex. Novellen, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1997   Thetis. Anderswelt. Fantastischer Roman, Rowohlt Reinbek b. Hamburg 1998 (Erster Band der Anderswelt-Trilogie)   In New York. Manhattan Roman, Schöffling Frankfurtmain 2000   Buenos Aires. Anderswelt. Kybernetischer Roman, Berlin Verlag Berlin 2001 (Zweiter Band der Anderswelt-Trilogie)   Inzest oder Die Entstehung der Welt. Der Anfang eines Romanes in Briefen, zus. mit Barbara Bongartz, Schreibheft Essen 2002   Meere. Roman, Marebuch Hamburg 2003 (Verbotene Fassung)   Die Illusion ist das Fleisch auf den Dingen. Poetische Features, Elfenbein Berlin 2004   Die Niedertracht der Musik. Dreizehn Erzählungen, tisch7 Köln 2005   Dem Nahsten Orient/Très Proche Orient. Liebesgedichte, deutsch und französisch, Dielmann Frankfurtmain 2007    Meere. Roman, Letzte Fassung. Gesamtabdruck bei Volltext, Wien 2007.

Meere. Roman, „Persische Fassung“, Dielmann Frankfurtmain 2007    Aeolia.Gesang. Gedichtzyklus, mit den Stromboli-Bildern von Harald R. Gratz. Limitierte Auflage ohne ISBN, Galerie Jesse Bielefeld 2008   Kybernetischer Realismus. Heidelberger Vorlesungen, Manutius Heidelberg 2008   Der Engel Ordnungen. Gedichte. Dielmann Frankfurtmain 2009   Selzers Singen. Phantastische Geschichten, Kulturmaschinen Berlin 2010   Azreds Buch. Geschichten und Fiktionen, Kulturmaschinen Berlin 2010   Das bleibende Thier. Bamberger Elegien, Elfenbein Verlag Berlin 2011   Die Fenster von Sainte Chapelle. Reiseerzählung, Kulturmaschinen Berlin 2011   Kleine Theorie des Literarischen Bloggens. ETKBooks Bern 2011   Schöne Literatur muß grausam sein. Aufsätze und Reden I, Kulturmaschinen Berlin 2012   Isabella Maria Vergana. Erzählung. Verlag Die Dschungel in der Kindle-Edition Berlin 2013   Der Gräfenberg-Club. Sonderausgabe. Literaturquickie Hamburg 2013   Argo.Anderswelt. Epischer Roman, Elfenbein Berlin 2013 (Dritter Band der Anderswelt-Trilogie)   James Joyce: Giacomo Joyce. Mit den Übertragungen von Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst, etkBooks Bern 2013    Alban Nikolai Herbst: Traumschiff. Roman. mare 2015.
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Die Rätsel des Banalen. Socken, gesingelt.

dieeinzelsocke
[Textile Alltags-Mysterien.]

Das Simple. homo consumus.

”könnte man das grundlegende der aussage auch mit anderen wörtern wiedergeben?”
“Nein, denn dann wäre die Aussage (der semantische H o f der Aussage) eine andere.”


In der Annahme, alles sei einfach, versteckt sich die Ökonomie: Alles ist (aus)tauschbar – so auch, soll unterstellt sein, der sprachlich reflektierte komplexe Zusammenhang durch irgendein knappes Reiz-Wirkungs-Muster.

Über FUTURE MATIC von William Gibson.

Bei >>>> herbst & deters fiktionäre.

Schnittstellen Türen.

Was eine Publikation über Aspekte meines “Netz-Denkens” anbelangt, so möchte ich ja sehr viel weiter gehen und habe Euch das seinerzeit auch schon vorgeschlagen; jedenfalls weiß Bettina davon. Ich möchte gerne alle anderthalb bis zwei Jahre einen eng durchkomponierten Auswahlband aus DIE DSCHUNGEL. ANDERSWELT publizieren, voller Gedankenstücke, Geschichtsanfänge, Tagebuchnotate, Briefauszüge, aber auch Fotogafien, Grafiken usw, die allesamt - anders als das Weblog selbst - undatiert sein sollen, so daß sich eine Art Text- und Bild-Teppich ergibt, dem am nächsten sicherlich Benjamins Passagenwerk kommt. In der Intention wäre das Projekt so etwas wie die valéryschen CAHIERs, allerdings mit meiner eigenen Handschrift versehen… der erste Band, den ich im nächsten Jahr herausbringen möchte, um die 400 Seiten stark und unter Beigabe einer CD-ROM, auf der das g e s a m t e Weblog zu finden wäre, so weit es bis dahin existiert, und zwar mit sämtlichen Links. Die CD-Rom selbst ist ja billig zu produzieren, und man würde auf diese Weise eine Schnittstelle aus Netz und Real-Buch schaffen. Ich bin ja, wie Du weißt, an jederlei Form von Grenze und Grenz-Übergang höchst interessiert.

Michaela Oder Die neue Obsession. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (42).

Ist - wie in dem persönlichen T a g e b u c h - der Vor-Schein (oder auch die kybernetische Realität) einer tiefen Vertrautheit mit dem Leben des Autors hergestellt, so kann und sollte er beginnen, seine erste Begegnung mit Michaela zu schildern, einer achtundzwanzigjährigen Doktorandin der Romanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Wir trafen uns anläßlich der morgen abend im Theater NN, Kollwitzstraße, stattfindenden Lesung Gregor Eisenhauers und konnten den Blick von allem Anfang an nicht voneinander lassen. “Du bist mir zu alt”, sagte sie, nachdem wir uns im Anschluß an die kleine Diskussion abgesetzt und im TORPEDOKÄFER noch ein Bier getrunken hatten. Als wir uns verschiedeten (nein, ich fragte sie n i c ht, ob sie noch mit hochkommen wolle), küßte sie mich, lange, tief, ausgesprochen naß. Küßte mich und sagte dann diesen Satz, auf den ich mit ”Du hast recht” antwortete. Und da nun wiederum s i e: “Wann sehen wir uns wieder?”- Dieses alles zu erzählen ist jetzt, nach so viel autobiografischer Vorarbeit, glaubhaft möglich geworden, der Boden für den “Realismus” umgegraben. Schon insofern ist das Literarische Weblog ein genuiner Poetischer Raum.

>>>> 43
41 <<<<

[In der ANDERSWELT-Logik würde ich Michaela, deren Eltern übrigens aus Kroatien stammen, morgen tatsächlich treffen, und zwar, weil ich das heute so erfunden habe, daß jeder es mir glaubte – hätte ich nicht die Erfindung eingestanden. Daß ich das eben tat wiederum, führte dann zu der r e a l e n Begegnung.]

Ein Mann. Eine Frau.

Irgendwann heute, wenn Sie nicht daran denken, werde ich plötzlich hinter Ihnen stehen. Sie werden mich spüren, werden auch spüren, daß und wie ich Sie berühre. Und ich werde ganz unversehens i n Ihnen sein, mitten im Trubel, ohne jede Rücksichtnahme, Sie werden momentweise erstarren und werden für ein paar Minuten den Raum verlassen müssen, teils, um mir Vorhaltungen zu machen, teils, um mich zu genießen. Etwas verstört werden Sie zu den Freunden zurückkommen. "Du bist ganz blaß", werden diese sagen. "Sag mal, Du zitterst ja..." Und Sie werden ausweichen, lächeln, Ihren Kreislauf vorschieben und ja auch recht damit haben... und schon werde ich wieder fort sein.
Verführungen (2).

Nein, nicht blaß werde ich sein. eine fleckige röte wird sich auf meinem hals und dekollete breit machen... das ist immer so, wenn ich aufgeregt bin, und ich hasse sie, die flecken, weil sie mich verraten.
ich freue mich auf diesen tag mit ihnen.

Abschiede.

D o r t .

Einer der schönsten Sätze, die Die Dschungel über ihre Arbeit jemals gelesen haben.

So daß sie sich von Herzen die Eitelkeit erlauben, ihn zu zitieren:

In seinem neuen Buch DIE NIEDERTRACHT DER MUSIK legt ANH dreizehn Erzählungen vor, die beängstigend, leidenschaftlich und so schön sind, wie nur Frauen es sein können.
Aus dem Programm-Leporello des >>>> Hessischen Literaturforums im Mousonturm Frankfurt am Main.

WIR WURDEN NICHT MIT OHREN GEBOREN, UM SIE MIT SÜLZE ZU FÜTTERN.

Plakatinschrift des Gebäudes der Jungen Deutschen Philharmonie und des Ensembles Modern in der Schwedlerstraße 2, Frankfurt am Main.

Vernichtender Satz über den liebenden Künstler.

Aber er ist immer mehr Künstler als Liebender.(Gregor Eisenhauer)

Von wieviel Unrecht dieser Satz spricht. Von wieviel Unrecht gegen die Geliebte. Von wieviel Grund zur Traurigkeit.

Wovor wir uns fürchten: Vor dem Hochartifiziellen. Am Beispiel Kiepenheuer & Witsch.

ARGO. ANDERSWELT. (111). Oder: Wie erlüge ich mir einen einfachen Realismus. Von Olaf Petersenn. Am 4. Mai 2004.

Betreff: FW: Anderswelt
Lieber Alban Nikolai Herbst,
was Du aufgrund der zeitlichen Verzögerung und meiner verhaltenen Reaktion in Leipzig wahrscheinlich schon vermutetest, muß ich Dir nun bestätigen:
Leider werden wir nicht zusammen kommen, denn das Anderswelt-Projekt steht merkwürdig quer zu unserem Programm. Wir haben keine Möglichkeit gesehen, es auf stimmige Weise zu integrieren. Dazu kommt, daß ich eine merkwürdige Distanz zu der Anderswelt-Trilogie habe, die mich zwar fasziniert, aber in mir keine Begeisterung entfacht. Das liegt wohl an der hochartifiziellen Anlage, die ich zwar würdigen kann, aber die nicht dem entspricht, was ich erzählerisch bei Kiepenheuer & Witsch vertreten will. Es hat länger gebraucht, mir darüber klar zu werden und es anschließen noch intern zu diskutieren. Insofern ist das alles kein fundamentaler Einwand gegen Deine Art des Schreibens, sondern eine Programmentscheidung.
Ich kann Dir jetzt nur wünschen, daß Du schnell einen anderen Verlag findest und den Roman bald veröffentlichen kannst.
Herzlich,
Olaf



ARGO 110 <<<<

In Fulda.

Gibt es ein Lokal, das RICHTHALLE heißt. Angeschlossen Park & Ride the Alder’s King.

[Blick aus dem ICE, spätabends im Mai.]

Keith Jarrett 1991 in Wien. Poetologie.

Das Wiener Konzert, sagt Do, s e i nicht so gut; sie habe es nun mehrfach und sehr genau gehört. Nach nun meinerseitigem mehrfachem Hören begreife ich, was sie meint: Das Thema, das Jarrett schließlich findet, ist überaus banal. Dafür hat es die Hin- und Herleitung musikalisch in sich. Deretwegen läßt sich, meine ich, die schließliche “Idee”, also der allzu simple melodische Einfall, verschmerzen. Andererseits klingt er wegen des vorherigen improvisierenden Aufwands ganz besonders simpel. Es wäre also besser gewesen, hätte Jarrett damals in Wien auf den Einfall verzichtet, hätte er einfach an ihm vorbeigespielt, ihn allenfalls kurz anklingen lassen, dann aber gleich wieder zugunsten seiner Suche verlassen. Was er h i e r ja selber einsah.

[Besser es dabei belassen, daß n i c h t s gefunden wird, als sich nach einem minderen Fundstück bücken.]

Weshalb sollen wir Große Literatur verlegen, wenn uns doch die kleine so viel traulicher ist? ARGO. ANDERSWELT. (111).

Dazu kommt, daß ich eine merkwürdige Distanz zu der Anderswelt-Trilogie habe, die mich zwar fasziniert, aber in mir keine Begeisterung entfacht. Das liegt wohl an der hochartifiziellen Anlage, die ich zwar würdigen kann, aber die nicht dem entspricht, was ich erzählerisch bei *** vertreten will.

[Der Geist, der sich aus Deutschland gleicht. Für US-Amerikaner begreift er sich anders. Die Generation Pop reagiert insofern genau so, wie sie konditioniert worden ist.]

>>>> ARGO 112
ARGO 110 <<<<

Mein Skeptizismus.

Wie geschichtliche Wahrheit entsteht...

(Diejenigen, die zur Zeit der Todesfälle von Stammheim der Überzeugung waren, es habe sich um politisch angeordneten Mord gehandelt, sind nach etwas mehr als zwanzig Jahren dieser Meinung n i c h t mehr. Und zwar, obwohl sich seit damals an den Gegebenheiten der Fälle und ihren Herleitungen gar nichts geändert hat. Es reichte das Fortbestehen einer Meinung, die sich den neuen Generationen vererbte und der man sich schließlich selbst, durch Einschliff, anschließen ließ.)

… so entsteht auch das Bewußtsein über die Künste.

(CCCI).

Und eben s o etwas.


Wichtiger Hinweis: Bitte begleichen Sie noch heute Ihre fälligen Rechnungen, da Ihr T-Mobile-Anschluss sonst gesperrt wird. Vielen Dank. T-Mobile.
[SMS, 12.44 5/6/05]


(Produktionsbedingungen. Zu beachten die US-amerikanische Schreibweise des Datums.)

Das Artifizielle (1).

Insofern ist es höchst fraglich, ob nicht die Neue Poetik, wie sie mir seit ein paar Jahren vorschwebt und mit der ich neben der direkten poetischen Tätigkeit seither beschäftigt bin, nicht in höchstem Maß luxuriös ist. Die deutschsprachige Gegenwartsliteratur will ja weniger ästhetisch erkennen, als sich einfühlbar und weitestmöglich verständlich machen; sie meint und vertritt das oft auch so, es seien komplexe Sachverhalte auch “einfach” darstellbar, - was impliziert, daß die Komplexion ein Schein sei, der sich auf eine Handvoll von Grunderfahrungen reduzieren lasse. Letztlich sei also die sagen wir Kosmologie eine Funktion der Grundrechnenarten, und es genüge völlig, wenn ein Leser nur diese verstehe. Wir müssen uns an dieser Stelle nicht darüber unterhalten, daß das zwar nicht stimmt, der Leser-Menge aber gut gefällt. Und für Autoren wie zum Beispiel Dietrich Schwanitz zum Garant dafür wird, daß ihm sein Kontoführer nicht die Liebe entzieht.

[Aus den Vortragsskizzen für Braunschweig.]

Nirgendwo findet die Seele der Neuen Musik so zu sich.

Wie dort, wo sie der Musiker s u c h t: in den Proben. Denn die musikalische Probe ist immer auch Schöpfung. Dort e n t s t e h t, was das Konzert dann bloß noch vorführt. In “klassischer”, d.h. auf tonale Übereinkünfte bezogener Musik, täuscht das Melos den Hörer darüber hinweg; denn er hört, was zu hören er erwartet… und deshalb nie oder selten, was t a t s ä c h l i c h vorgeführt wird. Die erfüllte Erwartung aber entspricht der Identifikation des Lesers mit dem Helden eines Buches, mit dem, was ‘der Leser’ sucht und erwartet. Das eben wird von Neuer Musik enttäuscht; hier will nur s i e gehört werden. Da aber alle emphatische Erkenntnis auch anagnorisis, ein Wieder-Erkennen, ist, stellt in der Neuen Musik erst die Probenwirklichkeit dem Hörer die Möglichkeit einer musikalischen Erkenntnis an das Ohr. Es sei denn, er ist mit Neuer Musik längst so vertraut, daß er auf den ihr eigenen Idiomen ganz unbewußt schon s u r f e n kann.

[Poetologie, musikalisch.]

Ausnahmslos.

Für den Himmel wird mit der Hölle bezahlt. Umgekehrt nicht.

(CCC).

Das Artifizielle (2).

Dem literarischen Neo-Realismus entspricht die Tonalität in den Pop-Künsten. Beide w o l l e n den Schein. Der Pop vermittels der Melodie, die Literatur vermittels ihres erzählten Inhalts. Melodie und Plot werden, derart geschmiert, zu Interessenvertretern der Ökonomie.

[Aus den Vortragsskizzen für Braunschweig (ff).]

“Sie sind doch nicht etwa amerikafeindlich?”

“Aber nein! Ich liebe Mexiko!”

(CCCII).

Zur Haltung Der Dschungel.

Ich möchte nicht lügen. Weil es meine Ästhetik verfälschen würde, nicht weil ich ein so moralischer Mensch wäre. Das Weblog zeichnet den künstlerischen Prozeß auf. Dazu gehören in meinem Fall Frauen ganz unbedingt. Kein guter Text, der sich nicht letztlich einer Frau verdankte.

Und ich schreibe auch, daß (also: wenn) ich liebe.

Odyssa. Netzfrauen. § 15.

”Netzfrau hingegen wäre ich gern. Netzfrau klingt interessant. Netzfrau hinterfragt man.
Das Wort meine ich.”
“Lacht auf. Das nenne ich eine R e p l i k! Hochachtung.”

[Anche la finya.]


§ 14 <<<<

Ich stand vor einer Boutique von AUBADE.

Eine Frau drängte sich hinter dem Schaufenster in Spitze und Organzaband auf Zehenspitzen an ihren Banderas. Ich brachte in dem spiegelnden Schaufenster mein Gesicht mit dem seinen fast genau in Deckung. Dann schloß ich einen Moment lang die Augen und entschied mich. Hob die Lider wieder, suchte. Nach zweidrei um mich geworfenen Blicken sah ich schließlich sie. Kein fotografiertes Model, sondern eine reale Person. In Kostüm, leichtem Überwurfmantel und hellem Schal.
Aber das war es nicht.
Auch nicht, daß ich sie ansprach und sie lächelnd darum bat, ihr ein Dessous kaufen zu dürfen. Auch nicht, daß sie gar nicht geniert war, nicht einmal irritiert. Statt dessen lachte sie auf. “Das meinen Sie nicht ernst?”
Ich lachte meinerseits. “Aber ja doch, ja doch!” Und fügte als Erklärung hinzu: “Sehen Sie, ich bin zur Zeit solo. Doch ist mir danach, einer schönen Frau einen Body zu kaufen… oder Halbschalen, Hüftslip… was immer Sie mögen…”
“Sie kennen sich aus”, sagte sie deutlich amüsiert.
Darauf antwortete ich nicht, sondern rief “Nein, sagen Sie ihn nicht!” Mußte ich doch fürchten, sie stelle sich gleich vor und verdürbe damit unser Spiel. “Ich möchte Ihren Namen nicht wissen!”
“Nein?”
“Nein.”
Es war eine schmale, nicht sehr hochgewachsene Frau von ungefähr fünfunddreißig, der anzusehen war, daß sie luxuriöse Lingerie zu tragen gewohnt war und sich das in jeder, also auch anatomischer Hinsicht leisten konnte… ja ihr Körper, spürte ich, verlangte danach. Sie wiederum verspürte die Gegenwart dieses meines Instinkts und daß es also nicht nötig war, sich vor mir zu verbergen. Meine Hand lag bereits imaginär auf ihrer unbekleideten Hüfte. Ohne etwas zu fordern, selbstverständlich. Das spürte sie auch.
“Gut”, sagte sie dann. “Aber ich werde nicht mit Ihnen schlafen.”
Damit ließ sie sich in die Boutique leiten und übernahm so vollkommen wie spielerisch die Rolle einer Vertrauten, die sich von dem Mann ihres Begehrens ausstatten läßt. Aber alles das, wie gesagt, w a r es nicht. Auch nicht, daß sich der ausgezeichnete Geschmack meiner Begleiterin geradezu sofort bewies, weder, daß wir uns beide, unabhängig voneinander, für eine klassische Kombination aus der Bahia-Serie entschieden, noch daß sie mich tatsächlich an die Umkleidekabine heran- und hineinzuschauen bat, wobei sie meine Erregung selbstverständlich bemerkte, aber ebenso selbstverständlich unkommentiert ließ - nicht einmal eine Berührung erlaubte sie sich, dabei war ihre eigene Erregung nicht geringer… ein süßer Duft von Geschlecht stieg in dem Kabinchen aus ihrer Haut… sondern: die V e r k ä u f e r i n war es. Ihr Sandstein-Blick. Der diamantenstaubige Puder ihres Make-ups.
Er beschäftigte mich noch, nachdem sie die Dessous mit Seidenpapier umlegt und in die glänzende Schachtel gebettet, nachdem ich ihr meine Kreditkarte über den Tresen gereicht und die Rechnung unterschrieben hatte und nachdem wir, meine Begleiterin und ich, längst schon wieder aus der Boutique herausgetreten waren. Wir verabschiedeten uns höflich, sie lächelte ganz wundervoll, nahm dann ihr Päckchen aus meinen Händen, drehte sich um und schritt, ohne sich noch einmal umzudrehen, davon.

[Aus dem für den SWR geschriebenen Text aus Zeitgründen herausgestrichen. Und so nun einsames dschungel-erotisches Fragment, das allerdings auf den High Heels der Ironie zu schreiten versteht.]

Phänomenologie des Netzes.

Auch eine solche zu begründen, sind Die Dschungel unterwegs. Daß manchem, der unterm Blattwerk sich verstecken will, dergleichen nicht gefällt, muß den Hegel nicht wundern.

Begonnen aber h a b e n wir, und andre werden folgen. Mit geeichteren Instrumenten. Bis sie entwickelt sind, halten wir - und spüren es - bloß ästhetische Macheten.

Netzfrauen. § 14. Der Dschungel Arroganz.

”Merkwürdig, daß du sie so verleugnet hast. - deine inszenierungen kommentiere ich nicht weiter, der >> artikel ist zuviel geplapper. ich bin kein co-author von dir.” - “Nein, Co-Autorin sind Sie nicht. Dazu fehlt es wahrscheinlich auch an Talent. Aber Sie sind halt ein wenig... nun ja, ich enthalte mich lieber eines Urteils und sage "stur", was man ja auch Ihrer unangemessenen und uneinsichtigen Duzerei ablesen kann. Allerdings sind Sie noch so sehr jung und konnten deshalb nicht ahnen, dass man vorlaut sehr schnell in etwas fasst, das auch eine junge schnippische Dame nicht gern an den Fingern hat. Ich war bei unserer ersten "Begegnung" so höflich, wie ich es i m m e r bin; meine Arroganz auf der anderen Seite hat sich dann allerdings als völlig berechtigt erwiesen. Leider.”
(Abermals finya.de).


§ 13 <<<<

DschungelBuch. (ff).

- “Über das web-Projekt müssen wir mal in Ruhe reden. Mein Hauptproblem ist die Begrenzung unseres Programms. Wichtig im Moment scheint mir, den Entwurf für 'ensuite' zu schreiben - Mitte Juni kommt H* M* - denn das wird ja sehr langfristig geplant und ist für dich ein ideales Forum. "
- “Es ist eines meiner ästhetisch sicher wichtigsten und wahrscheinlich später einmal bekanntesten Projekte. Ich w i l l daraus innerhalb einer literarischen Publikation nichts herausbrechen, sondern genau diesen (geformten) Lianenteppich haben. Eine kleine gezielte Publikation bei ‘ensuite’ wäre mir zu konventionell. Das sollen andere bedienen.”

Wo er recht hat. Also sprach Helmut Krausser.

”Und der Vorwurf des Größenwahns stört Sie nicht?”
“Erst kommt der Größenwahn, dann kommt die Größe.”

Im Bahnhofsbuchhandel in der >>>> GALORE gelesen [Vol 8/2005]. Und aus der Erinnerung zitiert.


(So viele Kollegen gibt es ja nicht, die man ernst nimmt.)

Die Bestien der Kindheit werden, wenn sie sich zeigen, zu Kätzchen, die man streicheln kann.

[Poetik, psychoanalytisch.]

Willst drum die Bestie du bleiben,
dann, Kätzchen, verbirg dein Gesicht.

[Distichon 5.]

In andere Sozialitäten sich fügen.

Anderswo dazugehören. Wie eine Häutung…nein, der Möglichkeitssinn, kollektiv. Denn ‘Häutung’ bedeutete ja, es sei etwas darunter. In Wirklichkeit kommt etwas hinzu, eine Option; zwanzig Optionen; einhundertzehn Optionen; ad inf.: Man hätte auch jemand anderes werden können. Man k a n n es werden. Sein.

Und das nach zwei Tagen wieder ins n ä c h s t e Eigene verlassen.

Darüber nachdenken: Das Nächste Eigene.

[Auch dies als Grundlage einer Dschungel-Poetik?]

Poetischer Grundsatz.

Das Einfache ist das Falsche.
 



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